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Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Der letzte Polizist: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Polizist: Roman (German Edition)
Autoren: Ben Winters
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schaffen die Ermittlungsdezernate ab. Kurz gesagt …«
    Ich schüttle Culversons Hand ab, lasse das Gesicht in meine Hände sinken, hebe den Blick wieder zu Chief Ordler und schüttle den Kopf.
    »… Kurz gesagt, man ist der Ansicht, dass eine Ermittlungstruppe angesichts der gegenwärtigen Situation mehr oder weniger überflüssig ist.«
    Er redet noch eine Weile weiter – danach bekomme ich nichts mehr mit, aber er redet weiter –, und dann hört er irgendwann auf zu reden und will wissen, ob es Fragen gibt. Wir sehen ihn nur an, und er murmelt noch etwas, dann dreht er sich um und geht.
    Mir fällt erst jetzt auf, dass man uns die Heizung abgestellt hat. Es ist kalt im Raum.
    »Sie wissen es«, sagt Culverson erneut, und wir beide drehen den Kopf und schauen ihn an, wie Marionetten.
    »Sie dürften es eigentlich erst in mehr als einer Woche wissen«, sage ich. »Am 9. April, dachte ich.«
    Er schüttelt den Kopf. »Irgendwer weiß es jetzt schon.«
    »Was denn?«, fragt McGully, und Culverson sagt: »Irgendwer weiß, wo das verdammte Ding runterkommt.«
    Ich öffne die vordere Tür auf der Beifahrerseite des Impala, und McConnell sagt: »Hey. Was ist los?«, und ich sage lange Zeit gar nichts. Ich stehe nur da, eine Hand auf dem Wagendach, schaue zu ihr hinein, recke den Hals, um den Gefangenen auf dem Rücksitz zu betrachten, der mit hängenden Schultern dahockt und nach oben schaut. Michelson sitzt auf der Kühlerhaube und raucht, wie meine Schwester an jenem Tag auf dem Parkplatz.
    »Henry? Was ist denn?«
    »Nichts«, sage ich. »Nichts. Bringen wir ihn rein.«
    McConnell, Michelson und ich holen den Verdächtigen vom Rücksitz und stellen ihn in der Garage aufrecht hin. Ein kleines Grüppchen beobachtet uns, Mecki-Mäuse und ein paar Veteranen, Halburton, der alte Mechaniker, der sich immer noch in der Garage herumtreibt. Wir ziehen Littlejohn in seiner schicken Lederjacke an den Handschellen vom Wagen weg. Von hier aus führt eine Betontreppe direkt nach unten in den Keller zur Aufnahmestelle, eine Treppe, die genau für Situationen wie diese gedacht ist: Der Täter wird in einem Streifenwagen hergebracht und den diensthabenden Officers übergeben, die ihn dann zur erkennungsdienstlichen Behandlung hinunterbringen.
    »Stretch?«, sagt Michelson. »Was ist?«
    Ich stehe einfach nur da, eine Hand am Arm des Verdächtigen. Jemand pfeift bei McConnells Anblick – sie trägt immer noch Rock und Bluse –, und sie sagt: »Leck mich.«
    Ich habe die Treppe für Taschendiebe benutzt, einmal für einen mutmaßlichen Brandstifter, für zahllose Betrunkene. Aber noch nie für einen Mörder.
    Einen Doppelmörder.
    Ich fühle jedoch nichts, ich bin wie betäubt. Meine Mutter wäre stolz auf mich gewesen, denke ich dumpf; Naomi wäre vielleicht stolz auf mich gewesen. Keine von beiden ist hier. In sechs Monaten wird nichts von alledem mehr hier sein, nur noch Asche und ein Loch.
    Ich setze mich wieder in Bewegung, und die kleine Gruppe folgt mir im Gleichschritt zur Treppe. Der Detective bringt seinen Mann herein. Ich habe Kopfschmerzen.
    Unter normalen Umständen geschähe nun Folgendes: Die Kollegen vom Erkennungsdienst nähmen den Verdächtigen in ihre Obhut und gingen mit ihm in den Keller hinunter, wo man ihm die Fingerabdrücke abnähme und ihm seine Rechte vorläse. Dann würde man ihn durchsuchen und fotografieren und den Inhalt seiner Taschen einsammeln und ablegen. Er würde über seine Optionen bezüglich eines Rechtsbeistands unterrichtet; jemand wie Erik Littlejohn, ein vermögender Mann, hätte vermutlich einen privaten Rechtsbeistand, den er engagieren könnte, und man gäbe ihm die Möglichkeit, die entsprechenden Arrangements zu treffen.
    Mit anderen Worten, diese oberste Stufe der Betontreppe ist also nur der nächste Schritt in einer langen und komplizierten Reise, die mit der Entdeckung einer Leiche auf dem schmutzigen Boden einer Toilette beginnt und letztendlich damit endet, dass der Gerechtigkeit Genüge getan wird. Jedenfalls unter normalen Umständen.
    Wir verharren ein paar Schritte vom Kopfende der Treppe entfernt, Michelson sagt es wieder: »Stretch?«, und McConnell sagt: »Palace?«
    Ich weiß nicht, was mit Littlejohn geschehen wird, sobald ich ihn den beiden Jungs von vielleicht siebzehn, achtzehn Jahren übergebe, die mit trüben Augen und ausgestreckten Händen warten, um meinen Verdächtigen die Treppe hinunterzubringen.
    Unter SSVE und den entsprechenden Landesgesetzen sind die
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