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Der letzte Drache

Der letzte Drache

Titel: Der letzte Drache
Autoren: Marcus Schneider
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doch langsam etwas kühl. Die Straße lehrte sich und es begann zu dämmern. Aber nach einer Viertelstunde warten sah er sie um die Ecke biegen. Er winkte ihr zu.
    “Sorry, ich hatte noch einen Anruf. Aber hier bin ich.”
    Sie lächelte ihn an und Baldur wurde wieder unsicher. Es wurde Zeit, dass er lernte mit solchen Situationen besser umzugehen.
    “Darf ich dich auf eine Wurst einladen?”
    Er hielt ihr die Tür auf und sie ging zielstrebig auf die erste freie Kunststoffsitzgruppe zu.
    “Lass nur, ich übernehme die erste Runde, schließlich hab ich ja all die Fragen.”
    Sie sah heute anders aus als bei ihrer ersten Begegnung, sportlicher. Sie war ganz in Khaki gekleidet, Treckinghose, Hemd. Allerdings saßen die Sachen knall eng und das stand ihr auch gut.
    Baldur bestellte eine Currywurst mit Pommes rot weiß und eine Cola, seine Begleiterin entschied sich für eine Portion Pommes ohne alles und ein Glas stilles Wasser. Salat gab es im Curry King nicht. Tolga hinter der Theke nahm Teil zwei der Bestellung etwas indigniert zur Kenntnis, aber im Grunde seines Herzens war er ein toleranter Mensch und verzichtete daher auf eine angemessene Reaktion.
    “Bitte lach mich nicht aus, Baldur, aber ich bin auf der Suche nach einem Drachen.”
    Das waren überraschende Neuigkeiten. Baldur beschäftigte sich seit langem mit diesem Thema und wusste daher aus eigener Erfahrung, dass praktisch alle Mitmenschen sein Faible für Drachen für einen Spleen hielten. Einen anderen Menschen aus Fleisch und Blut, der ernsthaft nach Drachen suchte, hatte er noch nicht getroffen.
    “Darf ich dich was fragen?”
    “Nur zu, sorry wenn ich dich so überfalle”.
    “Warum glaubst du an Drachen? Das ist sehr ungewöhnlich.”
    “Es ist so ein Kindheitstraum. Und wo andere erwachsen werden, habe ich mir meinen Traum bewahrt. Und habe auf eigene Faust geforscht und bin dabei auf eines deiner Paper gestoßen. Und da deutest du an, du glaubst, es könnte hinter all den Drachensagen einen wahren Kern geben. Kein anderer ernsthafter Wissenschaftler der Gegenwart hat das gewagt.”
    Baldur hatte das allerdings äußerst zart angedeutet und er hätte nicht gedacht, dass es ernst genommen würde.
    “Wie heißt du eigentlich? Wir sind ja letztes Mal recht unsanft unterbrochen worden.”
    “Stimmt, ich hab mich ja nicht mal vernünftig vorgestellt.”
    Sie legte ihren Kopf leicht schief und sah ihm in die Augen.
    “Ich heiße Lara.” Sie gab ihm die Hand, die Baldur unsicher ergriff und kaum zu drücken wagte.
    “Es ist wirklich heiß hier drin.” Sie öffnete ihren obersten Hemdknopf. Er konnte nicht wiedersprechen, drei Fritteusen zischten vor sich hin, der Grill arbeitete und Curry King glänzte weder durch eine besonders große Klimaanlage noch durch üppiges Raumangebot.
    Baldur wurde allerdings noch heißer als er sah, dass nun der Blick auf einen kleinen Streifen schwarze Spitze freigeworden war. Er nahm einen großen Schluck seiner eiskalten Cola. Das half.
    “Ja, die meisten Menschen halten Drachen für Gestalten der Phantasie. Es gibt ja auch keine Beweise für ihre Existenz. Nie hat man ein Skelett gefunden, geschweige denn ein lebendes Exemplar. Aber andererseits gibt es Millionen von Tierarten auf der Erde und noch immer werden neue Arten entdeckt. Es gibt unzählige Sagen und Geschichten über Drachen und es gibt wenige Dinge, die im Widerspruch zu den Naturgesetzen stehen. Wenn wir das Feuerspeien und Fliegen einmal weglassen, warum sollte es sie nicht geben oder zumindest gegeben haben? Verglichen mit einem Walfisch wäre ein Drache an sich vielleicht sogar ein unspektakuläres Tier.”
    “Ganz genau, endlich ein Mann, der mich versteht.” Ihr Blick ermunterte Baldur fortzufahren. Nun lösten sich die Worte wie von selbst aus seinem Mund.
    “Ich interessiere mich auch schon lange für Drachen. Auch ich bin von ihnen fasziniert und ich habe viele, viele Bücher über sie gelesen. Aber auch in der Originalliteratur des Mittelalters kommen sie hauptsächlich in Sagen und Märchen vor. Es gibt allerdings Ausnahmen.”
    Er sah sie bedeutungsschwer an. Laras Augen weiteten sich. Sie ergriff seine Hand und bat
    “Weiter, was hast du herausgefunden?”
    Ihre Hand war kühl, sie fühlte sich fast schlangenartig an.
    “Vor kurzem fiel mir das Libro Draconis in die Hand. In diesem Buch beschreibt ein Mönch, wie er auf einen echten Drachen getroffen ist. Er hatte Angst, er sei dem Teufel begegnet und lief davon, soweit ihn die
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