Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Abend der Saison

Der letzte Abend der Saison

Titel: Der letzte Abend der Saison
Autoren: Ake Edwardson
Vom Netzwerk:
und sie legten los, oben in der Scheune, aber mitten im Geschehen zieht sie sich zurück. Da sagt der Knecht, dass das nichts macht, denn es wäre einfach schön, ein bisschen an die frische Luft zu kommen.«
     
    Später, gegen Mitternacht, fing es an zu regnen, aber die fuhren weiter die Bahn für das Motorcrossrennen ein. Jemand hatte die Lampe über dem Häckselplatz ausgemacht. Mir ging es gut und ich hoffte, dass ich dasselbe Gefühl haben würde, wenn ich morgen aufwachte. Ingo schlief schon, den Kopf auf den Tisch gelegt. Ein Spuckefaden hing ihm vom Mund.
    Dann war es vorbei.
    Der Alte vom Sägewerk startete den Traktor und fuhr die letzte Ladung ein. Am Morgen danach war er tot. Er war an einem Schlaganfall gestorben, als er sich die Stiefel anzog, um raus in den Schuppen zu gehen und zum Sägeplatz zu fahren. Wir hörten es am selben Vormittag. Jemand sagte, er müsse schon am Abend gewusst haben, was passieren würde, und es wäre wie ein vorgezogener Leichenschmaus gewesen. Aber keiner von uns sagte etwas dazu, weil keiner mehr wusste als der andere.
     
    Die Unterhose lag neben dem Weg, halb unter einem Gestrüpp von wilden Himbeeren versteckt. Es waren Flecken darauf, aber man konnte nicht erkennen, was es war. Vielleicht Blut oder Schmutz oder Erde. Der Wind und der Regen des späten August hatten ganze Arbeit geleistet.
    Ich suchte nach einem Kondom, konnte aber keines finden. Ich mochte das Moos nicht hochheben, um genauer nachzusehen. Ich wusste es sowieso. Ingo hatte nichts gesagt, irgendjemand anders war es gewesen. Es müsste ein Kondom da sein, denn damals benutzten alle Kondome.
    Sie waren den Weg oberhalb des Campingplatzes gegangen. Ich hatte schon vor einiger Zeit abgesperrt, Wochen vorher. Der Job fehlte mir, nicht nur wegen des Geldes.
    Auf dem Weg hatte es einen Kampf gegeben. Vielleicht hatte er sie geschlagen, ehe er bekommen hatte, was er wollte. Ich konnte die Spuren des Kampfes sehen. Aber ich ging trotzdem weiter. Vielleicht meinte ich irgendwie schuldig zu sein.
    Ich sah sie auf dem Marktplatz, ich ging zu ihr, sagte aber kein Wort. Sie sah mich an, doch in ihrem Gesicht war keine Botschaft. Vielleicht war sie es nicht gewesen. Man sollte auf das Gerede der Leute nicht hören. Es wurde so viel blödes Zeug geredet, das war schon immer so gewesen. Schiefe Blicke folgten den Worten, schlossen sie ein. Und wie so oft überkam mich der Wunsch, dass ich nur ein Besucher wäre, auf dem Weg zu etwas Besserem.
    Bald würde ich verreisen und nie mehr zurückkommen. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Der Himmel über uns war dünn wie Papier. Tag für Tag die gleiche leise und traurige Musik. Blödes Gerede und leise traurige Musik in den Bäumen.
    Ich konnte den Anblick der befleckten Unterhose nicht vergessen, sie war wie verunglimpft. Nicht nur, weil sie ihr gehört haben könnte. Die Erinnerung war wie ein Loch im Kopf. Ein Loch, das nicht zuwuchs.
    Einen Monat später sah ich ihn, als er gerade über den Marktplatz ging. Ich fuhr mit dem Moped direkt auf ihn zu.
     
    Nach einer Weile ging es ihm besser. Er verließ die Toilette und nickte einigen zu, die direkt davor standen. Er fand, dass sie ihn verwundert anschauten. Er wusste natürlich, wer sie waren, aber er glaubte nicht, dass sie eine Ahnung hatten, wer er war.
    Es war sein Fest, aber es würde ihn wohl niemand vermissen, wenn er jetzt ging. Woher kamen alle diese Menschen? Sie standen in zwei Gruppen und er wusste, dass die vom Job gehen würden, sowie sie die Gelegenheit dazu bekämen. Sie waren gerade erst gekommen, aber sie würden gehen und sich irgendwo niederlassen und darüber reden, wie gut es war, da zu sitzen und nicht bei ihm sein zu müssen.
    Vielleicht sollte er mitgehen, wenn sie sich aufmachten. Hauptsächlich, um die Reaktion im Flur zu beobachten. Jetzt gehen wir, könnte er sagen. Dann würden sie sich vielleicht entschließen zu bleiben. Die Verwunderung in ihren Blicken.
    Nicht einmal da drin konnte er hören, was die Leute sagten.
    Er ging in die Küche. Ein Mann redete mit ihm, aber er hörte nicht hin. Er sagte etwas Kurzes. Ein Paar, das in der Nähe stand, unterhielt sich, und er versuchte zu hören, was sie sagten. Sie standen an eine der Arbeitsflächen gelehnt. Sie schienen sich nach einer Trennung wieder getroffen zu haben. Aber jetzt sagte sie, dass er nicht verstehe. Er fragte, was es sei, was er nicht verstehe. Sie sagte, er würde nie verstehen. Er antwortete, dass er nicht wisse, was er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher