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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht
Autoren: Helena Brink
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eigentlich nicht …« Sie dachte einen Augenblick nach.
    »Ich würde ihm vielleicht nicht gerade meine Topfpflanzen anvertrauen, aber einen Gebrauchtwagen würde ich ihm glatt abkaufen. Es ist schwer zu erklären, doch immer wenn ich ihn sehe, habe ich das Gefühl, dass er sich verkleidet hat. Dass er nur vorgibt, ein Bauer zu sein. Manche Menschen machen den Eindruck, als spielten sie eine Rolle. Findest du nicht?«
    »Doch, ich weiß, was du meinst. Aber ich habe nie gefunden, dass Bauern alle vom gleichen Schlag sind. Lässt man die letzten Jahre Revue passieren, dann haben wir auf dem Hof doch die unterschiedlichsten Typen erlebt. Und da passt Nygren eigentlich ganz gut rein.«
    »So meine ich das auch nicht. Rein äußerlich mag er ja als waschechter Schweinezüchter durchgehen. Er hat nie etwas gesagt oder getan, was unser Misstrauen hätte erregen können.
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    Aber immer wenn ich ihn in dem schmutzigen Overall und mit seiner Schirmmütze sehe, habe ich so merkwürdige Assoziationen.«
    »Wirklich?«
    »Ja, ich finde, ein Smoking oder ein Nadelstreifenanzug würde ihm viel besser stehen. Er sieht so verloren aus zwischen den Schweineställen und Traktoren, und der Jauchegeruch passt einfach nicht zu ihm. Findest du nicht, dass er in einem anderen Milieu viel überzeugender wäre, zum Beispiel in einem Nachtclub oder in einem Wirtschaftsunternehmen?«
    PM lachte. »Ein verzauberter Schweinezüchter.«
    Auch Katharina schmunzelte. »Ja, warum nicht.«
    »Ich frage mich, ob du den Kerl mit so viel Skepsis betrachtest, weil er nicht verheiratet ist.«
    »Unsinn, die Welt ist voller Junggesellen, die kein bisschen rätselhaft sind. Es ist etwas anderes … Außerdem hat man eine Leiche in seiner Jauchegrube gefunden. Gib zu, dass ihn das ein wenig interessant macht.«
    »Einverstanden, aber wenn du findest, dass ihn das verdächtig macht, darf ich dich daran erinnern, dass er selbst es war, der die Leiche gefunden und die Polizei verständigt hat.«
    »Ja, und wenn er den Mann eigenhändig in die Grube geworfen hat, konnte er sich ausrechnen, dass es mindestens ein halbes Jahr dauern würde, bis die Leiche an die Oberfläche käme. Für eine Identifizierung des Toten ist es jetzt bestimmt zu spät, also wird sich auch nichts mehr beweisen lassen. Eine Jauchegrube ist doch der perfekte Ort, um jemanden verschwinden zu lassen. Kein Leichengeruch der Welt kommt gegen diesen Gestank an.«
    PM blickte seine Frau herausfordernd an. »Ihr Scharfsinn ist verblüffend, Miss Marple.«
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    Katharina schlug einen sanfteren Ton an. »Solche Spekulationen am Frühstückstisch regen das Gehirn an.«
    »Und die Zähne?«, fragte er.
    »Welche Zähne?«
    »Man kann eine Leiche anhand der Zähne identifizieren. Das scheint dein diabolischer Schweinezüchter nicht bedacht zu haben.«
    Katharina schüttelte sachte den Kopf. »Tut mir Leid, aber eine Identifikation anhand der Zähne ist nur möglich, wenn man den Zahnarzt des Toten findet. Und wie sollte das möglich sein, da man nicht einmal weiß, ob der Mann aus Schweden kam.«
    PM schien eine Weile seinen Gedanken nachzuhängen.
    Katharina stand auf und deckte den Tisch ab. Er sah ihr dabei zu, und nach einer Weile sagte er: »Weißt du eigentlich, was aus Sandbergs geworden ist?«
    »Wer ist das?«
    »Die Vorbesitzer.«
    »Die hießen Sandström. Nein, ich habe keine Ahnung, wo sie hingezogen sind. Ich hatte ja nur sporadischen Kontakt mit ihnen. Du meinst, bei der Leiche könnte es sich um Sandström handeln?«
    »Das ist ebenso gut möglich wie vieles andere. Es ist doch erst ein gutes halbes Jahr her, seit sie weggezogen sind.«
    »Märta Sandström hätte doch sicher Alarm geschlagen, wenn ihr Mann verschwunden wäre.«
    »Nicht, wenn sie ihn selbst aus dem Weg geräumt hätte.«
    »Ich frage mich, wer von uns hier ein Opfer seiner blühenden Fantasie ist.«
    »Du hast schließlich das Recht auf verwegene Theorien nicht für dich allein gepachtet.«
    24

    Katharina setzte sich wieder hin, stützte das Kinn auf die Hände und sah ihren Mann zustimmend an.
    »Die Idee ist gar nicht mal so schlecht. Wäre ich an Märta Sandströms Stelle, könnte ich der Versuchung kaum widerstehen. Die Frage ist, ob sie ihn erwürgte, bevor sie ihn in die Grube stieß. In diesem Fall wünsche ich ihr, dass sie mit dem Geld, das sie für den Hof bekommen hat, nach Australien durchgebrannt ist, um sich eine Schaffarm und einen attraktiven jungen Liebhaber zuzulegen.«
    PM tat schockiert. »So
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