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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht
Autoren: Helena Brink
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steht’s in meiner Geburtsurkunde. Allgemein bin ich als Patrik der Maler bekannt, meine Freunde nennen mich PM.«
    Wagnhärad ließ verstohlen den Blick über die Wände schweifen, an denen die Bilder dicht an dicht hingen.
    »Und von Beruf sind Sie Künstler?«
    »Ja, und das an der Wand sind alles meine Bilder. Gehen Sie ruhig näher heran, die beißen nicht.«
    »Und Ihre Frau heißt Katharina Ekman und arbeitet in der Stadtbibliothek?«
    »Stimmt. Haben die Svanbergs Ihnen das alles verraten?«
    »Äh, bestätigt, könnte man sagen.«
    »Ich wette, die konnten Ihnen viel mehr Informationen geben, als ich dazu in der Lage bin.«
    Wagnhärad ging auf diese Bemerkung nicht ein, stand auf und sagte: »So, ich denke, das war’s fürs Erste. Wenn uns noch was einfällt, melden wir uns bei Ihnen.«
    »Tun Sie das, und grüßen Sie Roffe von mir.«
    »Roffe?«
    »Hauptkommissar Rolf Stenberg. Wir sind alte Schulfreunde.
    Ab und zu spielen wir miteinander … äh … musizieren, wollte ich sagen. Wenn auch nicht besonders oft in den letzten Jahren.
    Er ist ja ein viel beschäftigter Mann.«
    Über Wagnhärads Gesicht huschte ein wohlwollendes Lächeln.
    »Ach so, Sie kommen aus Christiansholm? Also, das kann man wirklich nicht hören.«
    »Ich habe auch hart daran gearbeitet, meinen Dialekt loszuwerden, als ich nach der Schule nach Stockholm ging.
    Roffe hat zwar auch mehrere Jahre in Stockholm gewohnt, aber er war ein größerer Lokalpatriot als ich und hat sich sein Schonisch bewahrt.«
    16

    »Dabei hätte ich wetten können, dass Sie aus Stockholm sind«, sagte Wagnhärad verblüfft.
    Nachdem PM die Tür hinter den beiden Polizisten geschlossen hatte, suchte er seine Pfeife. Auf dem Kaminsims lag sie nicht, also versuchte er sein Glück in der Küche. Als er einen Blick aus dem Fenster warf, sah er das Auto davonrollen und fühlte sich erleichtert. Nun konnte er sich endlich seiner Arbeit widmen. Doch als der Wagen die Einfahrt an den Fichten erreicht hatte, hielt er auf einmal an und setzte zurück. Ein weißer Fiat kam ihm entgegen. Der Weg war zu schmal, als dass beide Autos hätten aneinander vorbeifahren können. PM schaute auf die Uhr. Es war erst halb drei. Katharina war heute früh dran.
    Unmittelbar an der Einfahrt passierte sie den wartenden Audi und hielt hinter dem Eingangstor. Die beiden Kriminalbeamten kamen ihr rasch entgegen, Wagnhärad hatte bereits lächelnd seinen Dienstausweis gezückt.
    PM runzelte die Brauen und fluchte leise vor sich hin. Jetzt würden sie wieder hereinkommen und alles noch einmal erzählen. Vermutlich würde es Abend werden, bis er endlich zum Arbeiten kam. Und tatsächlich sah er, wie Katharina die beiden Männer mit einer einladenden Geste ins Haus bat. Doch der höfliche Kommissar blickte auf die Uhr und schüttelte den Kopf. Eine eindeutige Ablehnung. Offenbar meinte er, dass sich die offenen Fragen am Gartentor klären ließen.
    Er trat näher ans Fenster und beobachtete gespannt das Gesicht seiner Frau. Wagnhärad erzählte ihr offenbar gerade vom Fund der Leiche. Auch gut, dann konnte er sich das sparen. Ihre Augen weiteten sich ein wenig, ihre Lippen erstarrten. Für einen Moment sah sie verwirrt aus, doch schon im nächsten hatte ihr Gesicht seine Lebendigkeit wiedergewonnen. Sie begann zu sprechen.
    17

    Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Seine selbstbewusste Ehefrau schien die beiden Polizisten einem Verhör zu unterziehen. Bereitwillig beantworteten sie jede ihrer Fragen, zumindest so lange, bis sie sich daran erinnerten, wer hier eigentlich die Fragen stellen sollte.
    Bergh zückte plötzlich seinen Notizblock, während Wagnhärad eine ernste Miene aufsetzte. PM hoffte schadenfroh, dass ihre Bemühungen vergeblich waren. Er war sicher, dass Katharina auch ihr eigenes Verhör dominieren würde.
    Er liebte diese hartnäckige Frau, die ständig eine so unverbesserlich Effizienz an den Tag legte. Manchmal war er nahe daran, sie für naiv zu halten, doch bewunderte er ihre souveräne Selbstsicherheit und ihre Fähigkeit, auch in den kompliziertesten Situationen die Ruhe zu bewahren. Sie ging immer vom guten Kern eines jeden Menschen aus, und auf merkwürdige Weise gelang es ihr in der Regel auch, diesen sichtbar zu machen. Sein eigenes Selbstbewusstsein war labilerer Natur und kam mitunter nicht ohne eine gewisse Überheblichkeit aus.
    Nun fielen sie einander ins Wort. Offenbar gab es vieles, das Katharina unbedingt loswerden wollte, und der bedächtige
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