Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Leberwurst-Mörder

Der Leberwurst-Mörder

Titel: Der Leberwurst-Mörder
Autoren: Jo Jansen
Vom Netzwerk:
ist da noch etwas anderes. Ein Geschmack, so ganz ungewohnt, irgendwie
klein
?
    »Na also, es geht doch.«
    Erleichterung ist in Jules Stimme, als sie mir sanft mit der rechten Hand über den Kopf streicht, während sie links immer noch das Kätzchen hält.
     
    Später sitzen wir gemeinsam auf dem Sofa, Jule und ich. Schön! Das hat sich wenigstens nicht geändert. Ich finde es herrlich, mit auf dem Sofa sitzen zu dürfen und ab und zu gekrault zu werden. Das Katzenkind schläft in seinem Karton, Jule hat ihm noch ein kleines Kissen mit hineingelegt. Es war ein aufregender Nachmittag, für uns alle.
    Ich musste eine Weile allein zu Hause bleiben. Jule fuhr mit dem Kätzchen zum Tierarzt und kam mit einer Menge Dosen und Schachteln zurück, auf denen überall Bilder von Katzen drauf waren. Da ist das Futter für den Kleinen drin. Einerseits gut, so muss ich wenigstens nicht mein Futter mit ihm teilen. Andererseits, so viel Futter? Heißt das wirklich, das Katzenkind bleibt für ein paar Tage hier? Ich bin sehr misstrauisch.
     
    Bei all dem Durcheinander hat Jule völlig übersehen, dass die rote Lampe des Anrufbeantworters blinkt, seit wir von unserem Spaziergang zurückgekommen sind. Jetzt bemerkt sie es plötzlich, steht seufzend auf und geht mit leisen Schritten zu dem Gerät.
    Hat sie etwa Angst, die Katze zu wecken? Auf mich nimmt sie nie so viel Rücksicht, da wird selbst dann schrecklich laute Musik abgespielt, wenn ich schlafe. Ich schmolle ein wenig vor mich hin und bin dann doch ganz Ohr, als vom Anrufbeantworter eine mir unbekannte männliche Stimme ziemlich aufgeregt spricht: »Hallo Jule. Hier ist Philipp. Schade, dass du nicht da bist. Ich muss dringend weg und weiß nicht, wohin mit Willy. Du hast doch einen Hund und kannst so gut mit Tieren. Ich lass Willy bei dir, ok? Ihr werdet euch sicher prima verstehen. Danke und tschüss.«
    Ja, was ist das denn? Kommt da etwa noch jemand? Ein Hund? Das wäre fein, dann könnten wir gemeinsam der Katze Manieren beibringen. Freudig belle ich, aber nur kurz. Dann kommt die Enttäuschung. Jule sieht mich tadelnd an, legt einen Zeigefinger auf ihren Mund und sagt leise: »Pst ... Rika, aus! Willy schläft.«
    Ach, du lieber Schreck! Das Katzenkind heißt Willy! Das ist nicht unbedingt schlimm, sollen die Menschen ihre Katzenkinder doch nennen, wie sie wollen. Von mir aus auch Willy. Das ist mir völlig egal. Mein Problem ist, dass sich dieser Willy, so wie es aussieht, für längere Zeit hier einquartiert. Mir wird ganz mulmig um die Schnauze. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass die glückliche, katzenfreie Zeit in diesem Haus gerade ihr Ende nimmt.
     
    Als Jule ins Bett geht, nimmt sie tatsächlich Willy in seinem Karton mit ins Schlafzimmer! Ich darf dort nie hinein. Traurig liege ich in meinem Körbchen und versuche, alles zu verstehen, was heute passiert ist. Der Mensch mit der männlichen Stimme scheint Jule zu mögen. Das weiß ich, denn jeder, der meiner Jule bisher rote Rosen geschenkt hat, mochte sie und hätte sie am liebsten gleich von allen Seiten beschnüffelt, so wie wir Hunde das tun. Ich kann es riechen, wenn ein Mann das mit Jule tun möchte. Nur tun die Menschen ja meistens so vornehm und fallen nicht gleich mit der Tür ins Haus. Sie schenken erst rote Rosen, dann laden sie einander zum Essen ein und trinken dieses komische rote Wasser, das sie Wein nennen. Davon bekommen sie alberne Stimmen und erzählen seltsame Sachen. Ich finde das ziemlich anstrengend und umständlich, wie die Menschen das machen. Soll der Mann doch gleich sagen, was er will, denn Menschenfrauen können das ja nicht riechen, so wie ich. Und ich glaube, Jule findet das ganze Theater mit Rosen, Essen und alberner Stimme auch nicht gut. Sie verabschiedet sich am Ende so eines Abends meist höflich, bedankt sich für das Essen und geht beschwingt wieder nach Hause. Mit mir an der Leine! Denn ich darf immer mal wieder mit zu solchen Treffen oder
Dates
, wie Jule das nennt, wenn sie ihrer besten Freundin Mara kichernd davon berichtet.
     
    In meinem Hundebauch habe ich so ein komisches Gefühl. Wenn dieser Philipp vom Anrufbeantworter meiner Jule eine rote Rose geschenkt hat, warum kommt dann als nächster Schritt nicht die Nummer mit dem Essengehen, sondern eine Katze? Irgendetwas läuft hier falsch. Über all die Nachdenkerei falle ich in einen unruhigen Schlaf mit wirren Träumen. Darin bin ich wieder ein Welpe, liege auf piksenden Rosen und kann mich nicht bewegen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher