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Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele

Titel: Der lange dunkle Fünfuhrtee der Seele
Autoren: Douglas Adams
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stammeln begonnen.
    Er sagte, daß aus ihren Handlinien zweifelsfrei hervorgehe, daß die große Geldsumme, die auf sie zukomme, kein Trost sei für den Verlust ihres lieben, lieben Gatten, daß es ihr aber doch zumindest Mut machen könne, wenn sie wisse, daß er zu dem großen Irgendwas im Himmel aufgebrochen sei, daß er auf den allerflockigsten weißen Wolken schwebe und sehr hübsch mit seinen neuen Flügeln aussehe, und daß es ihm schrecklich leid tue, daß er solch grauenhaften Quatsch rede, aber sie habe ihn ziemlich überrumpelt. Ob sie vielleicht etwas Tee oder Wodka oder Suppe möge?
    Die Frau zögerte. Sie sagte, sie sei nur zufällig in das Zelt gekommen, sie habe nach den Toiletten gesucht, und was das für eine Geschichte mit dem Geld sei?
    »Völliger Quatsch«, hatte Dirk erklärt. Er hatte große Schwierigkeiten, weil er weiter im Falsett sprechen mußte. »Ich habe sie mir einfach nur so ausgedacht«, sagte er. »Bitte, gestatten Sie mir, Ihnen mein tiefstes Bedauern darüber auszusprechen, daß ich Sie so taktlos in Ihrem persönlichen Kummer belästigt habe. Ich begleite Sie jetzt zu, äh, oder vielmehr, ich führe Sie zu der, also, die ich nur unter diesen Umständen als Toilette bezeichnen kann, und sie befindet sich gleich vor dem Zelt auf der linken Seite.«
    Dirk hatte diese Begegnung sehr deprimiert, er stellte aber ein paar Tage darauf zu seinem großen Entsetzen fest, daß die unglückliche Frau am nächsten Morgen erfahren hatte, daß sie bei den Premium Bonds 250 000 Pfund gewonnen hatte. Er verbrachte an dem Abend mehrere Stunden auf dem Dach seines Hauses, schüttelte die Faust zu dem dunklen Himmel empor und schrie: »Aufhören!«, bis sich ein Nachbar bei der Polizei beschwerte, daß er nicht schlafen könne. Die Polizei war in einem Streifenwagen mit heulender Sirene vorbeigekommen und hatte auch noch den Rest der Nachbarn wach gemacht.
    Heute, an diesem Morgen, saß Dirk in seiner Küche und starrte niedergeschlagen auf seinen Kühlschrank. Die trotzige Überschwenglichkeit, auf die er sich normalerweise verließ, daß sie ihn durch den Tag beförderte, war durch die Geschichte mit dem Kühlschrank gleich in den allerersten Augenblicken aus ihm rausgeprügelt worden. Seine Willenskraft saß darin eingesperrt, eingeschlossen durch ein einziges Haar.
    Was er brauchte, dachte er, sei ein Mandant. Bitte, lieber Gott, dachte er, wenn es einen Gott gibt, irgendeinen Gott, bring mir einen Mandanten. Nur einen einfachen Mandanten, je einfacher, desto besser. Vertrauensselig und reich. Jemanden wie den Burschen von gestern. Er trommelte mit den Fingern auf den Tisch.
    Das Problem war, daß, je vertrauensseliger ein Mandant war, desto mehr geriet Dirk am Ende mit seinem eigenen besseren Ich in Konflikt, das sich beständig aufbäumte und ihn in den unpassendsten Augenblicken in Verlegenheit brachte. Dirk drohte öfter, sein besseres Ich zu Boden zu schleudern und sich ihm auf die Luftröhre zu knien, aber gewöhnlich gelang es seinem besseren Ich, die Oberhand über ihn zu gewinnen, indem es sich als schlechtes Gewissen und Selbstekel verkleidete, und in dieser Maske konnte es ihn ohne weiteres aus dem Ring werfen.
    Vertrauensselig und reich. Gerade so, daß er ein paar, vielleicht auch nur eine einzige von den dringenderen und aufsehenerregenderen Rechnungen bezahlen konnte. Er zündete sich eine Zigarette an. Der Rauch ringelte sich im Morgenlicht nach oben und heftete sich an die Decke.
    Wie dieser Bursche gestern.
    Er zögerte.
    Der Bursche gestern ...
    Die Welt hielt den Atem an.
    Sanft und leise dämmerte ihm, daß irgend etwas irgendwo entsetzlich war. Etwas war schrecklich falsch.
    Schweigend hing eine Katastrophe um ihn herum in der Luft und wartete, daß er sie bemerkte. Ihm zitterten die Knie.
    Was er brauchte, hatte er eben gedacht, sei ein Mandant. Er hatte das aus reiner Gewohnheit gedacht. Es war das, was er zu dieser Morgenstunde immer dachte. Was er vergessen hatte, war, daß er einen hatte.
    Er blickte gehetzt auf seine Uhr. Fast halb zwölf. Er schüttelte den Kopf, um das leise Klingeln zwischen seinen Ohren zum Schweigen zu bringen, dann machte er einen hysterischen Satz nach seinem Hut und seinem großen Ledermantel, die hinter der Tür hingen.
    Fünfzehn Sekunden später verließ er das Haus, mit fünf Stunden Verspätung, aber im Eilschritt.

KAPITEL 4
    Eine oder zwei Minuten später blieb Dirk einen Moment stehen, um sich die beste Strategie zurechtzulegen. Statt
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