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Der Kuss der Russalka

Der Kuss der Russalka

Titel: Der Kuss der Russalka
Autoren: Nina Blazon
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Herrscher: Zar Peter I. auch Peter der Große genannt. Eine Festungsstadt sollte Sankt Petersburg werden, mit einer gewaltigen Werft und einem Hafen, der einen direkten Zugang zur Ostsee bot. Peters Bestrebungen gingen dahin, das Russische Reich zu einer großen Seemacht zu machen. Bisher hatte das Land nur über einen einzigen Meerhafen verfügt – Archangelsk an der Weißmeerküste. Nach Peters Vorstellungen nahm die am Reißbrett entworfene Stadt Formen an. Häuser und Paläste aus Stein statt – wie in Moskau – aus Holz sollten es sein, Kanäle wie in Amsterdam und Venedig, prächtige Gärten und steinerne Prachtstraßen. Um diese Vision zu verwirklichen warb Peter unzählige Architekten, Wasserwerker, Kanalbauer und Zimmerleute aus Deutschland, Holland, Frankreich, Italien und anderen Ländern an. Manche kamen aus dem Ausland, viele aber auch aus Moskau, aus der »Nemezkaja Sloboda« (»Deutsche Vorstadt«), wo Einwanderer aus den verschiedensten Ländern lebten, von der einheimischen Bevölkerung mit Argwohn betrachtet und nicht selten als »Ketzer« beschimpft.
    Wenige Jahre später war die Stadt aus dem Sumpf Wirklichkeit geworden und wurde sogar zur neuen Hauptstadt des russischen Zarenreiches bestimmt – eine Idee, die Zar Peter vermutlich erst während der Bauphase gekommen war. Heute wird Sankt Petersburg auch als »Peters Tor zum Westen« oder »Tor zu Europa« bezeichnet. Die Stadt zu besiedeln stellte das geringste Problem dar – Peter befahl den Adligen, Bürgern, Arbeitern sich dort anzusiedeln und ihr Baumaterial gleich mitzubringen.
    Manche Historiker sind der Ansicht, die Bezeichnung »groß« würde nur für Zar Peters Körpergröße zutreffen (Peter maß mehr als zwei Meter) und der Beiname »Der Schreckliche« würde viel besser zu ihm passen. Mit eiserner Hand ordnete er sein Reich neu, schaffte eine Verwaltung nach westeuropäischem Muster, baute eine straff organisierte Armee auf, kümmerte sich um Industrie und Medizin. Er sprach Deutsch und Holländisch und liebte es, sich in der »Ausländervorstadt« in Moskau aufzuhalten. Seinen Charakter umschrieb ein Historiker mit dem Begriff »barbarische Brutalität«. Zweifellos war Peter eine schillernde und ambivalente Persönlichkeit, manchmal sanft und großzügig, oft unberechenbar, aufbrausend und grausam.
    Kein Wunder, dass sich viele Geschichten um ihn und seine neue Stadt ranken. Sankt Petersburg sei, so lautet ein oft zitierter Satz, auf den Knochen unzähliger Fronarbeiter erbaut. In manchen Quellen wird von Zehntausenden oder gar Hunderttausenden von Toten gesprochen. Wie bei vielen Legenden hält sich die tatsächliche Zahl der Todesopfer vermutlich in einem gemäßigteren Bereich der Skala auf. So sagt zumindest der Sankt-Petersburg-Kenner Nikolai von Michalewsky, den viele besser als den Science-Fiction-Autor Mark Brandis kennen. An seine Zahlen und Fakten habe ich mich hier gehalten.
    Sehr spannend war es, in einem alten »Tagebuch einer Reise nach Russland« zu lesen, das der Gesandte Johann Georg Korb Ende des 17. Jahrhunderts verfasst hat. Die Schilderungen der Bräuche, der Lebensart in der Deutschen Vorstadt in Moskau und auch die Beschreibung des Zaren gründet auf Korbs Schilderungen – ebenso die Wiedergabe des »Blutgerichts«, das Zar Peter über die Strelizen hielt. Im Buch »Ärzte im Russland des 18. Jahrhunderts« fand ich das Vorbild für den Medicus Dr. Thomas Rosentrost, der im Roman eine wichtige Rolle spielt. Im wirklichen Leben hieß dieser Arzt Laurentius Blumentrost d. J. und verwaltete unter anderem Zar Peters »Kunstkammer«.
    Apropos Zeit: Die Geschichte spielt zwar im Jahr 1706, ich habe aber hier und da gemogelt und bestimmte Ereignisse bei Bedarf ein bisschen vorverlegt, damit sie besser zur Romanhandlung passen. Einige Beispiele: Das Newator an der Peter-Paul-Festung wurde erst in späteren Jahren gebaut, Zar Peters »Monster-Erlasse« stammen ebenfalls aus späterer Zeit. Bei der Stadtplanung habe ich mich an einen Plan von 1712 gehalten, der vorsah, die Wassilijewskij-Insel zum Zentrum der neuen Stadt zu machen. Ein Vorhaben, das sich aus logistischen Gründen nicht verwirklichen ließ. Für eine wirklich realistische Darstellung der Arbeiten im sumpfigen Gelände hätte zudem eine Beschreibung der unglaublichen Stechmückenplage nicht fehlen dürfen. Buschwerk und Bäume entlang des Ufers finden sich zwar auf einigen alten Kupferstichen, als Sichtschutz habe ich sie jedoch etwas größer
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