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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger
Autoren: L. S. Rydell
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Hand. Tom hat keine Möglichkeit, Jeans Messerstoß auszuweichen. Das Messer durchbohrt seine Haut, die Muskeln und Sehnen und bleibt in Toms Oberschenkel stecken. Augenblicklich quillt Blut heraus.
    „Sie. Elendes. Dreckschwein.“ Tom weicht zurück und zieht das Messer mit einem Ruck aus seinem Oberschenkel und wirft es in die Ecke. Die rote Flüssigkeit läuft sein Bein hinab, jedoch nicht übermäßig stark. Dupont hat zumindest nicht die Schlagader erwischt. Tom krümmt sich zusammen und presst eine Hand auf die Wunde. Dann greift er nach einem T-Shirt, das achtlos am Boden liegt und wickelt es fest um den tiefen Einstich, um die Blutung zu stillen.
    „Du bist doch krank!“ Evelyn springt erzürnt von ihrem Stuhl auf.
    „Krank?“ Dupont dreht sich zu ihr um und sieht sie an. „Kommt ganz drauf an, wie man ‚krank’ definiert.“
    „Ich definiere es als ‚geisteskrank’“, faucht sie ihn an.
    Jean Dupont lacht. „Denkst du, du kannst das beurteilen, Evelyn? Du hast doch nicht mal fertig studiert.“ Er dreht ihr den Rücken zu. „Was habt ihr alle denn schon erreicht in eurem Leben? Jack? Nichts hast du erreicht. Überhaupt nichts. Und Sie, Tom.“ Er lacht. „Sie sind das perfekte Stereotyp eines Versagers. Sie haben es zu rein gar nichts gebracht. Oh, doch, ich vergaß.“ Er fasst sich theatralisch ans Hirn. „Zum Verbrecher. Zum Verbrecher haben Sie es geschafft. Das ist aber auch das einzige.“
    „Halt doch endlich deine dreckige Fresse!“, brüllt Evelyn plötzlich den überrumpelten Dupont an. Dann packt sie mit einem Mal den Stuhl an der Lehne, an den sie noch immer gekettet ist, holt mit Schwung aus und zieht ihm den Stuhl mit aller Kraft, die sie aufbringen kann, krachend über den Schädel. Dann noch ein zweites und drittes Mal, bis er in sich zusammensackt und reglos am Boden liegen bleibt. Während Evelyn ihn bearbeitet hat, hat er keinen Mucks von sich gegeben. Er war von ihrer Attacke viel zu überrascht, um sich zu wehren.
    Sie holt zum vierten Mal aus, um dem Bewusstlosen eins überzubraten. Aber Tom hält sie zurück. „Hör auf, Evelyn“, sagt er mit Nachdruck und hält sie an den Schultern fest.
    „Ich mach diesen Sack fertig!“, schreit sie und greift wieder nach dem Stuhl.
    „Evelyn!“ Jetzt brüllt er sie auch an. Er hält ihren Arm mit eisernem Griff fest. „Dann bist du nicht besser als er!“
    Jack starrt sie mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen an, so als könnte er nicht glauben, dass sie, Evelyn Williams, Jean Dupont, den Geschäftsführer eines der größten Modeunternehmen der Welt mit einem einfachen Stuhl zum Schweigen gebracht hat.
    Evelyn starrt Tom einen Moment äußerst aggressiv an. Dann lässt sie die Schultern sinken. „Ich konnte sein verdammtes Gequatsche nicht mehr hören“, sagt sie mit vor Wut zitternder Stimme und stellt den Stuhl wieder ab. Dann lässt sie sich erschöpft darauf plumpsen und reibt ihr schmerzendes Handgelenk, in das sich der Kabelbinder tief vergraben hat.
    „Hoffentlich ist er nicht tot“, bringt Tom schließlich hervor und die Panik schnürt ihm die Kehle zu, da er es nicht aushalten würde, wenn Evelyn einen Mord begangen hätte. Mit Mühe und Schmerzen im Bein kniet er sich neben Jean und fasst nur widerwillig an dessen Hals, um nach seinem Puls zu fühlen. Einen Augenblick lang herrscht gebanntes Schweigen, bis er schließlich meint: „Nein. Er ist nicht tot.“
    „Scheiße“, entfährt es Jack und er errötet leicht, aber er weiß, dass die anderen im Raum im Grunde dasselbe denken. Er kauert auf dem Bett und starrt seinen Vater eine Weile an. „Wie lange wird er noch bewusstlos sein?“, wendet er sich schließlich an Evelyn.
    „Keine Ahnung.“ Sie zuckt mit den Schultern. „Ich schätze, nicht mehr allzu lange.“
    Jack deutet auf den Stuhl, auf dem seine Frau sitzt. „Soll ich ihm das Ding noch einmal über den Schädel ziehen?“
    „Nein, ich denke das reicht“, befindet Tom. Er spürt, wie ihm das Blut langsam am Bein hinunterläuft und sich in seinem Schuh sammelt. Wenn er nicht bald zu einem Arzt kommt, wird er Jack den kompletten Teppichboden versauen. Dann schneidet er den Kabelbinder an Evelyns Handgelenk durch. Er holt einen weiteren aus seiner Jackentasche, zerrt Jean mit Evelyns Hilfe zum Heizkörper unter dem Fenster und fixiert dessen Handgelenk an den Rohren.
    Dann starren sie zu dritt auf den vorübergehend unschädlich gemachten Jean, der sich noch immer im Reich der Träume
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