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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger
Autoren: L. S. Rydell
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Ihn überfiel wieder dieses eigenartige Gefühl, das er auch verspürt hatte, als er Claire mit dem Messer die Kehle aufgeschlitzt hatte. Es war ein überwältigendes, aber schwer zu beschreibendes Gefühl.
    Die nächsten Donnerschläge übertönten Henrys seltener werdende Rufe. Und als sich das Wasser an der Stelle nicht mehr bewegte, an der er ihn vermutete, wandte sich Jean vom Fluss ab und ging zurück zu seinem Wagen. Er hätte nur zu gerne gewusst, wer den besoffenen Schwachkopf dazu angeheuert hatte, nach seiner lieben Frau zu suchen. Aber im Grunde konnte er es sich sowieso denken. Sein Sohn hatte nie ganz verstehen wollen, warum seine Mum plötzlich nicht mehr da gewesen war.
    Er setzte sich hinters Steuer und starrte zur Windschutzscheibe hinaus. Das Regenwasser lief ihm noch immer von den nassen Haaren in den Kragen seines Hemdes. Er sah den Regentropfen zu, wie sie die Scheiben hinunter rannen und spielte für den Teil einer Sekunde mit dem Gedanken, den Notruf zu wählen. Aber wirklich nur für einen kleinen Bruchteil einer sehr kurzen Sekunde. Dann startete er den Wagen und fuhr nach Hause. Wenige Tage später schickte er eine Beileidsbekundung an die mit einem Mal zur Witwe gewordenen Catherine Williams. Sie reagierte nicht darauf. Dieses Verhältnis war schon immer ziemlich angespannt gewesen.
    ***
    Eine Weile ist es mucksmäuschenstill. Jack hat sich zusammengekrümmt und seine Hände vors Gesicht geschlagen. Evelyn hat Tränen in den Augen. Als sie sich lautlos einen Weg über ihre hohlen Wangen suchen, wischt sie sie nicht weg. Sie merkt es nicht mal. Tom ist ebenfalls betroffen. Er kannte Henry zwar nicht, aber er stellt es sich schlimm vor, zu ertrinken und dabei vergeblich auf Hilfe zu hoffen.
    „Tja“, meint Jean schließlich und reibt sich die Hände. Dann sieht er seine Schwiegertochter an und sagt: „Weißt du, es hat mich zutiefst erschüttert, als du in Paris nicht für mich gelaufen bist. Und auch deine abweisende Art hat mir zu denken gegeben.“
    Evelyn wischt ihre Tränen mit dem Handrücken der nicht am Stuhl fixierten Hand ab. „Und da dachtest du, ich würde etwas über …
darüber
wissen.“
    „So sieht es aus.“
    „Dann hast du zuerst bei uns einbrechen lassen, um an etwaiges Material zu kommen.“
    Er nickt.
    „Das hat nicht geklappt, also hast du mich und Tom in Berlin auch noch überfallen lassen. Um sicherzugehen.“
    „Du bist ein kluges Mädchen, Evelyn. Aber das war mir von vorneherein klar.“ Er lächelt sie an. „Nun, spätestens da ist mir aufgegangen, dass du keine Ahnung davon hast, was Henry entdeckt hat. Der alte Idiot wollte mir einfach nicht sagen, wo er die Beweise versteckt hat.“
    Dann war es doch ganz schlau von ihm, dass er Rajesh den Schlüssel anvertraut hat, kommt es Evelyn in den Sinn.
    „Was ist eigentlich mit O’Connell?“, wirft Tom abrupt ein.
    „Jeder hier weiß, dass O’Connell ein korruptes Dreckschwein ist. Du musst ihm nur mit genug Kohle das Maus stopfen und schon macht er was du willst.“ Dupont schnaubt verächtlich.
    „Und das haben Sie auch getan?“, fragt Tom.
    „Ja. Ich habe ihn gebeten, Sie im Auge zu behalten.“
    „Und Greyson war derjenige, der mich überwachen sollte“, folgert Tom. „War er das mit dem illegalen Waffenbesitz?“
    Jean zuckt mit den Schultern. „Das könnte durchaus möglich sein.“
    Tom fährt sich mit der Hand über die Stirn. Er ist enttäuscht.
    Jetzt weiß ich wenigstens, wieso ich ihm misstraut habe.
    Jack blickt mit einem Mal vom Fußboden auf und sieht Jean an. „Wieso wolltest du mich umbringen, Dad?“ Er klingt nicht so, als würde er Jean noch für seinen Vater halten.
    „Nun, ich wusste ja, dass du es warst, der Henry den Auftrag gegeben hat, nach deiner Mutter zu suchen. Solange du weg warst, dachte ich, wäre alles in Ordnung. Als ich dich aber plötzlich auf meiner Geburtstagsparty gesehen habe, hatte ich befürchtet, dass du wegen deiner Mutter hier bist. Und dass Henry dir alles erzählt hat.“
    „Das hat er aber nicht, weil er nicht mehr dazu gekommen ist“, sagt Jack giftig. „Er hat mich an dem Tag, an dem er ertrunken ist, angerufen und mit mir ein Treffen vereinbart. Er wollte letzte Woche nach Paris kommen.“
    „Das ist irgendwie blöd gelaufen“, meint Jean nachdenklich. „Hätte er dich mit seinen Infos nicht so lange warten lassen, wäre es vielleicht nicht so weit gekommen.“
    „Das ist aber kein Grund, mich umzubringen“, sagt Jack.
    Jean lächelt
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