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Der Kugelfaenger

Der Kugelfaenger

Titel: Der Kugelfaenger
Autoren: L. S. Rydell
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Glocke im Inneren des Hauses hören, aber es tut sich nichts. Er tritt einen Schritt zurück. Es sieht ziemlich verlassen aus. Verlassen und trostlos. Der Mann schiebt seine Hände in die Hosentaschen und fragt sich zum wiederholten Mal, wie es nur so weit kommen konnte, dass er jetzt hier steht. Hier, auf dieser hässlichen Veranda, unter dem grauen Himmel eines öden Stadtteils der tristen, britischen Hauptstadt und meilenweit von seinem Zuhause entfernt.

3. Kapitel
    Montag, 12. Juli, zwei Tage zuvor
     
    Der Wecker schrillt durchdringend. Und das schon zum hundertsten Mal an diesem Morgen. Und zum hundertsten Mal bringt ihn eine kräftige Hand zum Schweigen. Der Alarm des Weckers ist ein hoher pfeifender Piepston, der einem durch Mark und Bein geht und den man nicht länger als unbedingt nötig erträgt. So wie das bei Tom Hunt der Fall ist, der in diesem Moment in seinem Bett liegt, irgendwo in New York City, mit einem noch immer Alkohol schweren Kopf vom Vorabend. Er kann das intensive Geläute des Weckers auf seinem Nachttisch nicht ertragen, bringt es doch seinen Schädel wieder zum Brummen, sodass er meint, er habe zweitausend Bienen, Hummeln und wer weis was sonst noch alles für summendes Zeug in seinem Kopf.
    Nachdem der Wecker den Kampf scheinbar aufgegeben hat, zieht Tom seinen Arm wieder zurück unter die warme Decke. Er hat bis jetzt seine müden Augen noch nicht geöffnet, hätte es diese doch viel zu viel Anstrengung gekostet. Der Schmerz in seinem Kopf breitet sich sowieso schon von den Schläfen bis zur Schädeldecke aus, wenn er nur den kleinen Zeh rührt. So hat er also auch keine Ahnung, wie spät es ist, denn wenn er das wüsste, dann würde er sich jetzt nicht mehr seelenruhig in seine Kissen kuscheln, sondern aus dem Bett springen und zur Wohnungstür hechten. Da ihn aber niemand vom Stand des Zeigers in Kenntnis setzt, streckt er sich genüsslich aus, wohl bedacht, seinen Kopf nicht allzu sehr zu bewegen, um eine erneute Attacke der kleinen, fiesen Schmerzmonster abzuhalten.
    Tom gähnt. Er ist hundemüde. Er hat einen bitteren, ekelhaften Geschmack im Mund. Einen Geschmack nach Bier, Schnaps, ungeputzten Zähnen und jede Menge anderem Undefinierbarem. Er streckt seinen Fuß aus und stößt mit dem Zeh an das Bettende. In diesem Moment beginnt der Wecker wieder zu piepsen. Und für Toms Empfinden so laut, als ob er um keinen Preis überhört werden will. Tom knurrt, sein Schädel dröhnt. Er tastet mit immer noch geschlossenen Augen nach dem kleinen Ding und fegt es prompt zu Boden. Damit ist es auch mit dem Geläute zu Ende. Tom knurrt noch einmal und tastet vorsichtig am Fußboden herum. Aber unter seinen Fingern kann er nichts spüren, außer dem Teppich und seinen Kleidern. Doch Tom gibt nicht auf. Mutig und unter allergrößter Anstrengung hebt er seine schweren Augenlider nur ein paar Millimeter an. Nur wenige Millimeter. Doch diese reichen schon aus. Gleißende Helligkeit durchbohrt seine Pupillen wie tausend Dolchstiche. Ein Schwerthieb trifft seinen Kopf und lähmt sein Gehirn für Sekunden, dann lässt er durch einen hastigen Reflex seine Lider wieder zufallen.
    Oh verdammte Scheiße.
    Sein Kopf schmerzt so sehr, als könnte er jeden Moment wie zehn Stangen Dynamit explodieren.
    Er stöhnt und presst sein Kopfkissen aufs Gesicht. Sein Schädel hämmert wie ein Uhrwerk. Er tastet mit einer Hand auf die andere Seite seines Bettes. Seine letzte Hoffnung ist Isabelle.
    Sie muss mir eine Schmerztablette holen.
    Doch er wird enttäuscht. Da liegt niemand neben ihm. Er macht die Augen auf und schirmt dabei mit dem Kissen sein Gesicht von der Helligkeit des schon fortgeschrittenen Morgens ab. Seine Augen erfassen nur ein zweites zerknautschtes Kopfkissen und zerwühlte Laken. Tom versucht sein Hirn anzustrengen, was gar nicht so einfach ist. Wahrscheinlich ist sie schon aufgestanden, denkt er. In dem Moment dringt auch schon ein Geräusch zu seinem umnebelten Gehirn vor, das seinen Gedanken unterstreicht. Geklapper. Geklapper von Geschirr, Tellern vermutlich. Er kann den Wasserhahn hören und gleich darauf auch schon die Kaffeemaschine. Super, denkt Tom. Isabelle macht Frühstück.
    Er lässt das Kissen wieder auf sein Gesicht sinken. Er schlummert schon fast wieder ein, als ihm die Bedeutung dieser Worte ins Bewusstsein sickert: Isabelle macht Frühstück. Sie macht Frühstück, hallt es in seinem Kopf. Frühstück, Frühstück, Frühstück … Irgendwas alarmiert ihn daran.
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