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Der krumme Hund

Der krumme Hund

Titel: Der krumme Hund
Autoren: Roald Dahl
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die Pedale plötzlich rückwärts dreht, wodurch sich die Schnur in der Radnabe verhaspelt. Er kann es auch so machen, daß er den ‹Hasen› vorübergehend langsamer laufen läßt, was den an der Spitze liegenden Hund veranlaßt, unwillkürlich etwas zurückzuhalten, so daß die andern ihn einholen. Er spielt eine wichtige Rolle, der Aufwickler.

    Ich konnte ihn auf der Plattform stehen sehen, einen stämmigen Mann in einem blauen Sweater, der sich an das Fahrrad lehnte und durch den Rauch seiner Zigarette auf die Menge herunterschaute.
    Es besteht in England ein merkwürdiges Gesetz, wonach Rennveranstaltungen dieser Art nur siebenmal jährlich auf demselben Grundstück gestattet sind. Deshalb war Feaseys Ausrüstung transportabel, und nach der siebenten Veranstaltung verlegte er seine Tätigkeit einfach auf die nächste Wiese. Das Gesetz störte ihn gar nicht.
    Es hatte sich bereits eine beträchtliche Menge angesammelt, und drüben auf der rechten Seite waren die Buchmacher dabei, ihre Stände zu errichten. Claud hatte unterdessen Jackie herausgeholt und führte ihn zu einer Gruppe von Leuten hinüber, die sich um einen kleinen, untersetzten Mann scharten, der Reithosen trug - Feasey selber. Von den Leuten um ihn herum hatte jeder einen Hund an der Leine, und Feasey schrieb Namen in ein Notizbuch, das er aufgeklappt in der linken Hand hielt. Ich schlenderte hinüber, um zuzuschauen.
    «Welchen haben Sie da?» fragte Feasey mit gezücktem Bleistift.
    «Mitternacht», sagte ein Mann, der einen schwarzen Hund vorführte.
    Feasey trat einen Schritt zurück und musterte den Hund genau. «Mitternacht. Gut. Ist eingetragen.»
    «Jane», sagte der nächste.
    «Augenblick mal. Jane... Jane... jawohl, ist in Ordnung.»
    «Haudegen.» Dieser Hund wurde von einem schlaksigen Mann mit länglichen Zähnen vorgeführt, der einen doppelreihigen, etwas speckigen blauen Anzug trug, und als er ‹Haudegen› sagte, begann er sich mit der freien Hand bedächtig am Hosenboden zu kratzen.
    Feasey bückte sich, um den Hund zu untersuchen. Der andere schaute in die Luft.
    «Weg damit», sagte Feasey.
    Rasch schaute der Mann her und hörte auf, sich zu kratzen.
    «Los, bringen Sie ihn weg.»
    «Hören Sie mal, Feasey», sagte der Mann, der beim Sprechen etwas mit der Zunge anstieß. «Reden Sie doch bitte keinen Stuß.»
    «Los, Larry, verschwinden Sie. Halten Sie mich nicht auf. Sie wissen genausogut wie ich, daß der Haudegen zwei weiße Zehen am linken Vorderlauf hat.»
    «Aber ich bitte Sie, Feasey», sagte der Mann, «Sie haben Haudegen ja mindestens seit einem halben Jahr nicht mehr gesehen.»
    «Schon recht, Larry, verschwinden Sie jetzt. Ich habe keine Zeit, mich mit Ihnen herumzustreiten.» Feasey schien nicht im mindesten ungehalten. «Der nächste», sagte er.
    Ich sah Claud mit Jackie hinzutreten. Mit eiserner Miene schaute er Feasey über den Kopf hinweg, und die Leine hielt er so fest, daß seine Knöchel wie eine Reihe weißer Zwiebelchen wirkten. Ich wußte genau, wie ihm zumute war. Mir war in diesem Augenblick auch nicht anders zumute, und es kam noch schlimmer, als Feasey plötzlich auflachte.
    «Nanu», rief er. «Da ist ja der Schwarze Panther. Da ist ja unser Weltmeister.»
    «Jawohl», sagte Claud.
    «Also, wissen Sie», sagte Feasey mit einem Schmunzeln, «den können Sie gleich wieder mit nach Hause nehmen. Ich kann ihn nicht brauchen.»
    «Was denn...»
    «Schon sechs- oder achtmal hat er jetzt seine Chance gehabt, das dürfte genügen. Warum geben Sie's nicht auf? Tun Sie ihn doch lieber ab.»
    «Ach bitte, Herr Feasey, nur noch dieses eine Mal, dann will ich Sie nicht mehr belästigen.»
    «Kein einziges Mal mehr. Ich habe heute mehr Hunde hier, als ich unterbringen kann. Für solche Nölpeter ist kein Platz.»
    Claud schien den Tränen nahe.
    «Glauben Sie mir», sagte er, «jeden Morgen bin ich um sechs auf gestanden die letzten vierzehn Tage und bin mit ihm gelaufen, habe ihn massiert und ihm Beefsteaks gekauft. Glauben Sie mir, das ist jetzt ein ganz anderer Hund als das letzte Mal, wie er hier lief.»
    Die Worte ‹ein ganz anderer Hund› ließen Feasey auffahren, wie von einer Tarantel gestochen. «Was!» rief er. «Ein ganz anderer Hund!»
    Claud, das mußte man ihm lassen, verlor den Kopf nicht. «Aber ich bitte Sie», sagte er. «Bitte mir dergleichen nicht zu unterschieben. Sie wissen genau, das habe ich nicht gemeint.»
    «Schon gut, schon gut. Aber gleichviel, Sie können ihn wieder mitnehmen.
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