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Der krumme Hund

Der krumme Hund

Titel: Der krumme Hund
Autoren: Roald Dahl
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vergesse ich meiner Lebtag nicht. Ich stand da mit der Milchflasche, und das Gas sprudelte fein hindurch, und Gilbert kniete am Boden, um das Gas abzustellen, sobald ich es ihm sagte, und da kommt der Vater herein.»
    «Was hat er gesagt?»
    «Ach, herrje, das war schrecklich. Kein Wort hat er gesagt, er stand bloß da unter der Tür und langte nach seinem Gürtel, machte langsam die Schnalle auf und zog den Gürtel langsam heraus, wobei er mich die ganze Zeit anschaute. Ein großmächtiger Mensch war er - Hände wie Hämmer, schwarzer Schnurrbart, rote Äderchen übers ganze Gesicht. Dann kam er rasch heran, packte mich beim Wickel und besorgte es mir, mit aller Kraft, und zwar mit dem Ende, wo die Schnalle dran war. Wirklich, Gordon, ich dachte, er bringt mich um. Aber zuletzt ließ er von mir ab und schnallte den Gürtel wieder um, schob das Ende in die Schlaufe und rülpste von dem Bier, das er getrunken hatte. Und dann ging er wieder in die Wirtschaft zurück, immer noch ohne ein Wort. Die schlimmste Tracht Prügel, die ich je bekommen habe.»
    «Wie alt warst du damals?»
    «Ungefähr acht Jahre, glaube ich.»
    Als wir uns Oxford näherten, wurde Claud wieder schweigsam. Dauernd verrenkte er den Hals, um nach Jackie zu sehen und ihn am Kopf zu kraulen; einmal drehte er sich ganz um und kniete auf den Sitz, um noch mehr Stroh um den Hund zusammenzuraffen, wobei er etwas von Zugluft murmelte. Wir umfuhren Oxford und gerieten in ein Gewirr von schmalen Landstraßen, und nach einer Weile bogen wir in einen holperigen Feldweg ein, auf dem wir da und dort Männer und Frauen überholten, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad in derselben Richtung unterwegs waren. Einige der Männer führten Windhunde an der Leine. Vor uns war eine große Limousine, in welcher wir auf dem Rücksitz einen Hund zwischen zwei Männern sitzen sahen.
    «Die kommen von überall her», bemerkte Claud anzüglich. «Der da vorn ist wahrscheinlich eigens von London hergekommen. Stammt wahrscheinlich aus einem der großen Rennzwinger. Einer vom Windhund-Derby, wer weiß.»
    «Hoffentlich läuft er nicht gegen Jackie.»
    «Nur keine Angst», sagte Claud. «Alle neuen Hunde kommen zuerst mal in die oberste Klasse. Feasey nimmt es da sehr genau.»
    Wir gelangten an ein offenes Gatter, das in eine Wiese führte, und Feaseys Frau trat heran, der wir das Eintrittsgeld entrichteten, bevor wir hineinfuhren.
    «Sie müßte auch noch als Aufwickler dienen, wenn sie kräftig genug wäre», meinte Claud. «Der alte Feasey stellt nicht mehr Leute an als unbedingt nötig.»
    Ich fuhr über die Wiese und stellte den Wagen neben einer Reihe anderer Wagen ab, die oben einer Hecke entlang standen. Wir stiegen beide aus, und Claud begab sich rasch nach hinten, um Jackie zu holen, während ich neben dem Auto stehenblieb und wartete.
    Es war eine große Wiese, die am einen Ende ziemlich steil anstieg, und wir befanden uns oben am Hang, von wo man auf das Ganze hinuntersah. In der Ferne erkannte ich die sechs Startklappen und die hölzernen Pfosten, mit denen das Geläuf abgesteckt war; es verlief den Wiesengrund entlang, bog jeweils im rechten Winkel ab und kam den Hügel herauf auf die Menschenmenge zu, wo das Ziel war. Dreißig Meter hinter dem Ziel stand das auf den Kopf gestellte Fahrrad, mit dem der ‹Hase› angetrieben wird. Da es tragbar ist, wird es auf den offiziell nicht anerkannten Rennplätzen allgemein verwendet. Es steht auf einer etwa zweieinhalb Meter hohen, flüchtig errichteten Plattform, die auf vier Pfählen ruht, und zwar steht es mit dem Hinterrad, von dem der Reifen entfernt worden ist, gegen die Rennbahn. Das eine Ende der Schnur, die den ‹Hasen› nachzieht, ist an der vertieften Felge des Rades befestigt, und der Aufwickler (oder Hasentreiber), der rittlings über dem ändern Rad steht und die Pedale von Hand dreht, wickelt die Schnur auf das Rad. Auf diese Art zieht er den ‹Hasen› mit beliebiger Geschwindigkeit heran, bis zu sechzig Stundenkilometern. Nach jedem Rennen bringt jemand den ‹Hasen› samt Schnur wieder über die ganze Strecke zu den Startklappen zurück, wobei er die Schnur vom Rad abwickelt. Von seiner hohen Plattform aus kann der Aufwickler das Rennen verfolgen und die Geschwindigkeit des ‹Hasen› bemessen, daß er stets knapp vor dem an der Spitze liegenden Hund bleibt. Natürlich kann er den ‹Hasen› auch jederzeit anhalten und so das Rennen ungültig machen (falls der unrichtige Hund zu siegen scheint), indem er
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