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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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das Dunkle zu bestehen? Varosch, komm … wir … Varosch?«
    Ich hatte noch nie zuvor gesehen, wie Ebenholz erbleichte. Sie wurde grau wie Asche, als sie sich mit einem Stöhnen neben Varosch auf den Boden warf. Auch ich und andere eilten herbei und sahen auf einen Blick, dass es vergebens war.
    Denn dort in ihren Armen lag ein alter Mann in den Roben eines Adepten des Boron. Seine Augenlider flatterten, er schaute hoch zu ihr, seine faltigen Lippen formten ein Lächeln, dann rührte er sich nicht mehr. Ein ferner kalter Wind fuhr durch den Raum und ließ mich frösteln.
    Zokora hielt ihn und begann langsam vor und zurück zu wippen, während ihr ein leiser Laut entfuhr, ein leises Greinen. Ihre Schultern zuckten, und Tränen liefen ihr aus Augen, die blind auf Varoschs Körper starrten.
    »Geht«, sagte Desina leise. »Geht alle, und lasst sie mit ihren Freunden allein.«
    Unbemerkt von mir war das schwere Tor aufgegangen, und mit leisen Schritten und gebeugten Häuptern folgten sie dem ersten Befehl ihrer neuen Kaiserin. Asela stand noch zögernd einen Moment da, dann ging auch sie.
    Die Priester sahen sich gegenseitig an, zwei gingen, doch Bruder Jon trat vor und beugte sich über die dunkle Elfe und berührte sie leicht an der Schulter.
    »Schwester«, sagte er leise. »Er ist zu seinem Gott gegangen. Der Verfluchte wird ihn nicht bekommen.«
    »Zokora«, fragte Leandra leise. »Was können wir …«
    Zokora schluckte und hob den Kopf. »Nein. Lasst mich mit ihm allein. Auch du, Priester des Soltar. Ich habe meine Göttin als meinen Beistand und werde ihm die letzten Riten geben.« Ihre Augen glühten so rot wie nie zuvor.
    »Ich bin deinem Rat gefolgt, Havald, und habe Menschen lieben gelernt. Ich liebte ihn. Ich will dich dafür hassen und kann es nicht, denn es war der Dunkle, der ihn mir nahm, nicht du. Aber ich will euch jetzt nicht sehen. Nicht jetzt.«
    »Wir lieben auch dich, Zokora«, sagte Serafine leise. »Es ist auch unser Verlust, denn Varosch hat in unser aller Herzen einen Platz gefunden.«
    »Das mag sein«, sagte Zokora mit einem tiefen Grollen in der Kehle. »Dennoch müsst ihr gehen. Meine Wut, mein Zorn und mein Leid wollen aus mir heraus. Ihr sollt es nicht sehen.«
    Ich hörte etwas in ihrer Stimme, das mir die Nackenhaare aufrichtete.
    »Wir gehen«, bestimmte ich und zog eine widerstrebende Serafine zum Tor. »Alle. Jetzt!«
    »Aber …«
    »Zokora weiß, was sie tut!«, rief ich. »Prima … Hoheit … auch Ihr … Ihr müsst gehen!«
    Sie sahen mich fragend an, folgten mir aber. Ohne die Magie war das Tor schwer zu schließen, doch ich stemmte mich dagegen … Das Letzte, was ich durch den Spalt sah, war Zokora, die mit rot glühenden Augen zu mir zurückblickte.
    Mit einem dumpfen Schlag schloss sich die Tür, und nur einen Moment später hörte ich durch das schwere Metall den Schrei einer wilden Katze, voller Leid und Hass und Zorn.
    »Götter«, entfuhr es Desina, Prima der Eulen und Kaiserin von Askir. »Was war das?«
    »Ein Versprechen«, sagte Leandra leise und hielt sich selbst umschlungen, als ob sie frieren würde, dann fuhr sie mit ihren Fingern fast zärtlich über den Griff von Steinherz. »Eines, das wir alle halten werden.«

54. Der letzte Gang
     
    Später wanderte ich mit Serafine durch die Straßen Askirs. Es war bereits eine Glocke her, seitdem ich das Tor des Thronsaals geschlossen hatte, und Zokora war noch immer nicht herausgekommen. Ich wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Ich spürte jetzt schon, wie sehr ich Varosch vermisste. Er hatte mir so oft geduldig zugehört, mir einen weisen Rat erteilt oder uns Kraft mit der Überzeugung seines Glaubens gegeben. Götter, was würde er mir fehlen. Nataliya, Varosch, wer würde noch fallen?
    »Die Götter lieben ihn, Havald. Es muss so sein«, sagte Serafine leise.
    »Ja«, bestätigte ich, aber es war ein schwacher Trost. Wir gingen eine Weile schweigend weiter, um uns herum das Gedränge einer geschäftigen Stadt, die noch nicht wusste, wie sehr sich alles verändert hatte.
    »Hast du gewusst, dass es Desina ist?«, fragte sie dann.
    »Nein«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Es war meine Hoffnung, dass der Kaiser selbst sich zeigen würde. Ich verstehe nicht, warum er es nicht getan hat.«
    »Vielleicht lebt er doch nicht mehr.«
    Ich sah hoch zur nächsten Flagge, die den Drachen zeigte. »Er lebt. Ich weiß es. Warum hat er sich nicht gezeigt?«
    Hier in dieser Straße herrschte fürchterliches
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