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Der Kronrat (German Edition)

Der Kronrat (German Edition)

Titel: Der Kronrat (German Edition)
Autoren: Richard Schwartz
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Gedränge, ein Ochsenkarren bahnte sich seinen Weg uns entgegen. Ich erkannte den Mann auf dem Kutschbock, es war der gleiche Händler, der mich schon einmal so wütend angesehen hatte. Jemand prallte gegen mich, und ich wich zur Seite aus. Etwas stach mich in den Hals, es war jedoch nicht der Stachel einer Wespe, sondern eine dünne Spitze aus Stahl. Ich erstarrte. Das Leder auf dem Karren wurde hochgeschlagen, und noch bevor ich fallen konnte, griffen mich harte Hände, schoben mich in die Lücke zwischen zwei Kisten, dann wurde das Leder wieder vorgeworfen, ohne dass der Karren hielt oder die Ochsen ihren Schritt verlangsamten.
    »Havald?«, hörte ich Serafines Stimme … und dann nichts mehr.
     
    Als ich wieder zu mir kam, lag ich nackt auf kaltem Stein. Die Fackel in der Hand des Mannes über mir beleuchtete alte Mauern, es roch nach Moder, Zerfall und Hafenwasser.
    Zwei Männer waren es, die mich begutachteten. Der eine wühlte in meinem Beutel und pfiff leise durch die Zähne.
    »Das hat sich gelohnt.« Er grinste mit schlechten Zähnen und hob eine Handvoll goldener Münzen hoch. »Wenn wir das Schwert behalten, haben wir ausgesorgt, es ist ein Vermögen wert!«
    »Wenn du gierig sein willst, Harras, dann nicht hier«, sagte der Mann mit der Fackel. Es stimmte wohl, seine Nase glich einem Schnabel, und mit seinem wirren schwarzen Haar erinnerte er an einen Raben. »Er hat uns mit Schlimmerem als dem Tod gedroht, wenn wir uns nicht an seine Weisung halten.«
    Noch immer konnte ich mich nicht bewegen, doch der Mann wusste offenbar, dass ich wieder erwacht war, denn er lächelte und beugte sich über mich. Er stank nach altem Schweiß, Fäulnis und Urin.
    »Seit Tagen bin ich hinter dir her«, teilte er mir mit, während seine Fackel auf mich tropfte. »Zweimal bist du mir vor meiner Nase entwischt! Ich hatte es fast schon aufgegeben. Vier Karren habe ich in der Stadt laufen, nur wegen dir! Nun gut, jetzt bist du hier. Er sagte, dass das Gift dich nicht töten würde«, erklärte er und hielt einen schwarzen Dolch hoch, an dessen Klinge fahle Runen schimmerten. »Deshalb gab er mir diesen Dolch. Und genügend Gold, dass es auch für einen General reicht. Ich wusste ja nicht, dass wir es tatsächlich mit einem zu tun haben!«
    Er stieß mir den schwarzen Dolch in die Brust, und eine Eiseskälte durchfuhr mich. Er zog ihn heraus und zog ihn durch meine Kehle, doch mehr als Kälte fühlte ich auch dort nicht.
    »So. Das wäre getan. Zweimal tot, ganz wie gewünscht«, meinte er und steckte den Dolch wieder ein. »Jetzt kommt das Wasser dran. Ich habe gehört, du kannst nicht schwimmen … Dann die Fische. Dreimal tot, das sollte reichen. Harras, achte darauf, dass er dem Schwert nicht nahe kommt. Er darf es nicht berühren!«
    Während mein Blut aus der Wunde quoll, packten sie mich bei den mit schweren Ketten gefesselten Füßen und zogen mich durch die schiefe Tür heraus, über Steinplatten, dann über eine Kante und ins Wasser.
    Während ich tiefer sank und mein Blut das Wasser färbte, sah ich durch das Wellendach die Sterne schimmern und spürte, wie Ruhe mich überkam. Das Gift lähmte mich noch immer, es machte das Sterben leichter, es sparte mir das Aufbegehren. Ein letzter absurder Gedanke kam mir noch: dass es jetzt die Lebenden waren, die mir fehlen würden …
     
    Der Mann, der den Toten aus dem Wasser in den alten Nachen zerrte, war schlank und drahtig, mit blonden Haaren und wachen Augen. »Verdammt«, fluchte er, als er sah, dass sein neues Wams von der Bank heruntergefallen war und nun im feuchten Boot lag. »Schon wieder ruiniert!«
    »Stiehl dir ein Neues«, sagte die große schwarze Frau.
    »Leicht gesagt, das hier habe ich gekauft!«, beschwerte sich der Mann. »Ist er das?«, fragte er die Frau und drehte den Toten mühsam auf den Rücken. Der Kerl war schwerer als drei andere zusammen. Dann sah er die klaffende Wunde am Hals und pfiff leise durch die Zähne. »Mann, da fehlte nicht viel, und der Hals wäre auch noch durch gewesen. Auch ins Herz haben sie ihm gestochen. Der ist toter als mein Kater von letzter Woche. Was willst du mit ihm, Maerbellinae?«
    »Schau ihm in die Augen, Wiesel, was siehst du dort?«
    Der Dieb, den jeder nur Wiesel nannte, hob die Augenlider des Toten an und fuhr erschrocken zurück.
    »Götter!«, rief er und schlug über seiner Brust Soltars Zeichen. »Wer ist er?«
    »Das wird Wiesel noch erfahren. Aber auch wenn er nicht der wäre, der er ist, schuldet Mama
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