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Der Krieg der Ketzer - 2

Der Krieg der Ketzer - 2

Titel: Der Krieg der Ketzer - 2
Autoren: David Weber
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wäre.
    »Wenngleich ich der Ansicht bin, die Befürchtungen des Erzbischofs – angenommen natürlich, es seien tatsächlich seine Befürchtungen, und nicht die des Rates der Vikare – seien unangemessen«, fuhr Wylsynn fort, »bin ich doch durch meinen Amtseid und durch meine Pflichten als einer der Priester Gottes gezwungen, seine Anweisungen nach bestem Wissen und Gewissen zu befolgen. Nach reiflicher Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, die wahre Natur der Dinge, die hier zur Besorgnis Anlass geben, habe doch weniger mit den eigentlichen Vorgehensweisen und Gerätschaften zu tun, die ich bereits im Namen von Mutter Kirche gebilligt habe, als vielmehr mit der Zukunft, zu der sie dereinst führen könnten.«
    Was, dachte Merlin mehr als nur ein wenig besorgt, nur um so mehr ›apolitisches‹ Verständnis dieses Oberpriesters zeigt. Und mit einem einzigen Satz hat er den Nagel genau auf den Kopf getroffen.
    »Die Heilige Schrift warnt uns, dass Veränderungen stets Veränderungen gebären, und dass Shan-weis Versuchungen immer einen Weg finden, sich Schritt um Schritt in unsere Herzen zu stehlen«, erklärte Wylsynn ernst. »Angesichts dessen erscheinen mir die Befürchtungen seiner Eminenz durchaus berechtigt. Und, um ganz ehrlich zu sein: Ich muss feststellen, dass ich ihm in mancherlei Hinsicht sogar ein wenig zustimmen muss. Euer Volk hier in Charis ist … ungestüm, Euer Majestät. Ich habe es lieben und bewundern lernen können, aber es mag im Schoße von Mutter Kirche jene geben, die Vorbehalte gegen ein Volk haben könnten, das stets Verbesserungen an allem vornimmt, was immer es auch tut − und jene eben mögen darin tatsächlich einen Grund für ihre Befürchtungen sehen.
    Genau deswegen, und auch, um das zu tun, wovon ich glaube, es sei das, was der Erzbischof tatsächlich beabsichtigt hat, habe ich nach langen Gebeten und langer Meditation einen Weg gefunden, wie wir meines Erachtens verfahren sollten. Ich schlage vor, unmittelbar die Dinge anzugehen, die der eigentliche Grund für die Befürchtungen des Erzbischofs sind.«
    »Wie das, Pater?«, fragte Haarahld ein wenig skeptisch.
    »Folgendermaßen, Euer Majestät«, entgegnete Wylsynn und berührte das Szepter Langhornes an seiner Brust. Es war größer als bei den meisten anderen und reichhaltig mit Edelsteinen besetzt – genau die Art Szepter, die man bei jemandem, der aus einer so reichen und berühmten Familie wie der Wylsynns stammte, erwarten würde. Doch niemand im Thronsaal rechnete mit dem, was geschah, als Wylsynn dieses Szepter nun in die Hand nahm und Ober- und Unterteil gegeneinander verdrehte.
    Das Oberteil mit der Krone löste sich, und nun war zu erkennen, dass der Stab selbst sich in einer mit Gold ausgeschlagenen Öffnung im Inneren dieses Oberteils fortsetzte.
    Wylsynn ließ das Oberteil sinken – nun hing es an der goldenen Kette um seinen Hals – und tippte mit dem rechten Zeigefinger gegen die obere Spitze. Und als er den Stab berührte, begann dieser zu leuchten.
    Wie verzaubert starrten Haarahld, Bischof Maikel, Cayleb und sämtliche Leibgardisten des Königs das immer kräftiger werdende blaue Leuchten an. Merlin tat es ihnen gleich, tat es aber aus völlig anderen Gründen.
    »Dies hier«, sagte Wylsynn mit ruhiger Stimme, »ist ein Schatz von Mutter Kirche, der meiner Familie bereits vor Jahrhunderten anvertraut wurde. Gemäß den Überlieferungen, die von Generation zu Generation weitergereicht wurden, gehörte es einst dem Erzengel Schueler persönlich.«
    Er führte die Fingerspitzen zuerst an sein Herz, dann an die Lippen, und alle anderen Anwesenden, Merlin eingeschlossen, folgten seinem Beispiel.
    »Es gehört zum Wesen des Steins von Schueler«, fuhr Wylsynn dann fort, »dass, so denn jemand, der ihn berührt und eine Lüge ausspricht, der Stein sich blutrot verfärbt. Wenn Ihr gestattet, Euer Majestät, schlage ich vor, dass ich jedem der hier Anwesenden einige einfache Fragen stelle. Der Stein wird mich lehren, ob die Antworten, die ich erhalte, die Wahrheit sind oder nicht, und zusammen mit den Begutachtungen, die ich bereits vorgenommen habe, wird mir das ermöglichen, auf die Befürchtungen des Erzbischofs in gutem Glauben zu reagieren.«
    Immer noch hatte der Oberpriester den Blick fest auf Haarahld gerichtet, Miene und Körperhaltung zeigten unverkennbar, wie ernst ihm das alles hier war, und nun legte er beide Hände auf den leuchtenden, blauen Kristall.
    »Niemand, von wenigen Mitgliedern
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