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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition)
Autoren: Gunter Tschauder
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sich zu Fuß auf den weiteren Weg. Es begann zu dämmern. Wenn er ankäme, wäre es bereits sehr dunkel, dann könnte er sich an das Haus heranschleichen.
    Schon von Weitem erkannte er die Festbeleuchtung um ihr kleines Schmuckstück. Sie waren da. Sie erwarteten ihn, oder sie erwarteten ihn nicht. Sonst hätten sie in der Dunkelheit schweigend seine Ankunft erwartet und ihn gefangen genommen. So aber konnte er genau sehen, was wirklich los war. Zumindest die Vorderseite des Hauses war hell beleuchtet, mehrere Leute rannten da herum. Sie feierten in ihrem Haus. Jürgen ging in der Dunkelheit direkt bis an das Wasser hinunter und wollte sich jetzt von der Seite unbemerkt Corinnas Haus nähern.. Es gab keine Möglichkeit. Was sollte er tun?
    Er lief zum Auto und fuhr zurück in den nächsten größeren Ort. Das war wieder Barnalda. Er besorgte sich einen Glasschneider, einen Saugnapf, eine Taschenlampe, einen Schlagstock und einen Rucksack. Dazu kaufte er sich ein paar neue Turnschuhe.
    Wie lange er warten müsste, war nicht abzusehen. Morgen könnte es schlimmer sein. Deswegen musste er sich umgehend bemühen. Denn jetzt lief der Prozess, nicht irgendwann später. Bald schlich er sich wieder näher an das Haus heran. Nichts deutete darauf hin, dass er erwartet wurde. Nichts sah nach Wache aus oder nach einer Falle. Noch aber war zu viel Trubel um sein Feriendomizil herum. Jürgen stapfte durch den Sand, der in den Nachtstunden wieder feuchter wurde. Es steckte seine Nase gegen die frische Luft und atmete den gesunden Salz- und Jodgehalt ein.
    Er stand am Wasser und lauschte dem leisen Rauschen. Wie ein dunkler Teppich breitete sich das Meer vor ihm aus. Dann legte er in der Dunkelheit seinen Rucksack auf den Sand und setzte sich darauf.
    Was sie beide an dem heutigen Tag erlebt hatten, sprengte jede normale Vorstellungskraft. Und noch lange nicht schien dieser Tag ein Ende zu nehmen.
    Als er das nächste Mal erwachte, war alles anders. Er war nicht von dem Lärm aufgewacht, sondern von der Stille. Eine friedliche Ruhe hatte sich über die Küste gelegt.
    Jürgen näherte sich vorsichtig seinem eigenen Haus wie ein Einbrecher. Hier und da gab es noch ein wenig Licht. Dann verloschen auch diese Lampen. Die Ganoven, oder wer das auch immer war, hatten sich zur Ruhe gelegt.
    Er sicherte wie ein Wolf, ob nicht doch jemand draußen war. Sand und Grasgewächse wechselten sich ab. Seine Schritte gingen in dem Rauschen des Wassers unter. Alles blieb still. Durch die offenen Fenster hörte er das Schnarchen der Betrunkenen. Die Party war vielleicht sogar mein Glück, dachte er. Dann war er an der hinteren Tür angelangt. Über ihm waren zwei geöffnete Fenster. Dort schliefen einige von den Leuten, das konnte er an den Geräuschen hören. Er legte den Rucksack auf den Boden und entnahm ihm den Glasschneider und den Saugnapf. Den Rucksack legte er direkt unter das Fenster. Sollte eine Scherbe herunterfallen, würde sie von dem Stoff aufgefangen werden. Jetzt begann er, den Rhythmus der Schnarcher mitzuzählen. Bei den stärksten Geräuschen könnte er jeweils ein Stück schneiden. Zunächst setzte er den Saugnapf auf dem Glas an. Langsam schnitt er um den Saugnapf herum. Er selbst empfand das Geräusch als grässlich. Es hatte eine völlig andere Frequenz als das Schnarchen, war heller und schriller. Es drang durch die anderen hindurch. Dann zog er an dem Sauger und die runde Scheibe löste sich aus dem Verbund. Jürgen legte das Glas und den Saugnapf in den Rucksack, griff durch das offene Loch an die Wand. Er fühlte sofort den Nagel. Aber der Schlüssel war weg. „Unmöglich“, dachte er. „Wer war so idiotisch?“ Dann besann er sich. Leise drückte er die Klinke herunter. Die Tür war nicht verschlossen. Er nahm seinen Rucksack auf und ging in den Keller. Mit seiner Hand schirmte er das Licht seiner Taschenlampe ab und leuchtete auf die zweite Tür rechts. Sie war ebenso nicht verschlossen. In der einen Ecke standen zwei uralte Fahrräder, hinter denen und weiterem Gerümpel hatte er in einer Blechkiste seine Dokumente versteckt. Die Fahrräder waren weg. Auch das Gerümpel. Die Blechkiste war offen.
    Entsetzt stürzte er sich darauf und untersuchte die Kiste.
    Die Papiere waren noch da.
    Mein Gott seufzte er. Er durchblätterte den Stapel. So weit er bei der ersten Durchsicht erkennen konnte, fehlte nichts. Ein paar Ganoven hatten alles auf den Kopf gestellt; um Brauchbares zu finden. Irgendwelche Papiere zählten nicht
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