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Der Kofferträger (German Edition)

Der Kofferträger (German Edition)

Titel: Der Kofferträger (German Edition)
Autoren: Gunter Tschauder
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hier siebzehn Mal 117, genau 20 Meter.“
    Das Fenster hatte keine Gitter. Bei dieser Höhe verständlich. Er kletterte auf die Fensterbank.
    „Halte mich am Gürtel der Hose fest“, forderte er sie auf. „Zieh mich ganz fest zu dir heran, nicht loslassen.“
    Er hielt sich mit seinen Händen an der oberen Fensterkante fest und schaute über das Dach. Dann kehrte er in das Innere des Raumes zurück. Außer zwei Bänken an den Wänden war das Zimmer absolut leer. „Wie ein Verlies“. Er behielt diesen Gedanken aber für sich. Ebenso die Vorstellung, aus dem Fenster zu springen. Das hätte den absoluten Tod bedeutet.
    „Was machst du da?“, sie war unruhig und beinahe ärgerlich. „Kannst du mir verraten, was das alles soll?“
    „Ich orientiere mich.“
    „Das habe ich längst getan. Zumindest weiß ich so ungefähr, wo wir sind“, Corinna schaute über die Landschaft. „Ich habe die zwei markantesten Punkte für meine Schätzung. Siehst du dort hinten den See?“
    Allmählich warf die Sonne ihr erstes weiches Licht über die Landschaft. Sie erlaubte, gewisse Markierungen zu erkennen.
    „Das ist der Lago di Pietra de Pertusillo. Ich erkenne ihn. Er ist schmal und hat nach Süden zwei Zacken, wie ein Schnabel. Und genau darüber, etwa noch einmal so weit. Siehst du da die Erhebung? Das ist der höchste Berg hier in dieser Gegend, der Monte Sirino mit 2000 Metern. Das einzige, was ich nicht gewusst habe, ist, dass sich hier eine Burg befindet.“
    „Du bist ein Prachtstück“, meinte er.
    Die Wand unterhalb des Fensters war aus rauem Bruchstein gemauert. Keine Dachrinne, kein Efeu, an dem sie sich hätten festhalten können.
    „Wir müssen unsere Kleidung zerreißen, und die Streifen zusammenknoten“, meinte Corinna.
    „Vielleicht hält ja dein BH den Zug aus, der ist schwere Gewichte gewohnt“, flüsterte er mit einem Lächeln. „Ansonsten müssen die Streifen so schmal sein, bis wir die Länge erreichen, dass sie unser Gewicht nicht tragen werden.“ Er kehrte in den Raum zurück und starrte die Zimmerdecke an.
    „Über uns ist ein kleiner Glockenturm.“
    „Was meinst du damit?“
    „Durch diese Decke hindurch, dann weiter nach oben. Da steht auf vier Holzbeinen ein kleines Dach. Unter dem Dach hängt am Glockenstuhl eine Glocke. Entweder sie wird noch benutzt, oder sie hängt nur zur Zierde da. Ich meinte zumindest bei der verdeckten Sicht in dieser Dunkelheit, die ich draußen hatte, einen Strick zu sehen, mit dem die Glocke geläutet wird.“
    Er war schon dabei, die beiden Holzbänke in der Mitte des Zimmers zusammenzuschieben. Als er darauf stand, konnte er die Decke bei ausgestrecktem Arm mit den Fingern berühren. Sie war alles andere als weich oder morsch. Wahrscheinlich sogar eine feste Betondecke. Da kämen sie nie hindurch.
    Ihre Erkenntnisse waren niederschmetternd. Wie sollten sie das jemals schaffen, der Mafia zu entkommen?

50 Trickserei vor Gericht
     
     
     
    Das Unterfangen schien aussichtslos.
    Es ging Dr. Horst darum, den Prozess aus taktischen Gründen in die Länge zu ziehen. Er wartete auf die Hauptzeugen.
    „Bislang, hohes Gericht, haben wir in unseren Vorträgen stets nur von einer nicht genauer definierten ‚Intercom AG‘ gesprochen“, fuhr Horst mit der Gesamtdarstellung der Verbrechen fort.
    „Auf diese ‚Intercom AG‘ wurde schon während der letzten Finanzaffäre große Summen aus dem unrechtmäßigen Topf der damaligen Spender gezahlt. Später fand Herr Schütz eine Notiz vor, 1,2 Millionen auf diese geheimnisumwitterte Firma überweisen zu müssen. Was hat es mit dieser Firma auf sich? Welche seltsamen Machenschaften wurden mit der Zigarettenmarke ‚ Happy Hour ‘ betrieben“?
    Der Oberstaatsanwalt sehnte sich händeringend nach Jürgen Schütz mit seinen Beweisen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als seine Vorstellung der Geschehnisse als Fakten darzustellen, in der Hoffnung, die notwendigen Dokumente würden rechtzeitig eintreffen.
    Dr. Horst ging zum Richtertisch, nahm eine Packung der Zigarettenmarke aus seiner Tasche, zeigte sie lange dem Publikum und legte sie vor Richter Dr. Hufschmied. Betrübt lächelnd meinte er: „Ich muss Sie leider warnen, auch nur eine Zigarette davon zu rauchen. Aber lassen Sie mich fortfahren. Wer ernährt sich von dem so hoch gelobten Medikament ‚Nicoclean‘? Mit diesen drei Fragen beschäftigte sich der Generalbevollmächtigte in den letzten Wochen und Monaten. Also die Frage, wer ist die Intercom, wem gehört die
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