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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Autoren: Robert Merle
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hinzu: »Bitte, meine Herren, beeilt Euch nicht zu sehr, die vom König geforderten Goldmillionen zusammenzukratzen. Bald braucht er sie nicht mehr.«
    Ich wartete, bis diese Reden aufhörten und die Herren zur Tagesordnung zurückkehrten, um aus meinem simulierten Schlaf zu erwachen und von den Herren Urlaub zu nehmen. Als ich ins Freie trat, fragte Nicolas, der mich in Wut sah, ob etwa einer der feisten Schwätzer mir Ärger gemacht habe. In dem Fall, setzte er, auf seinen Degenknauf klopfend, hinzu, sollten wir hingehen und ihn Höflichkeit lehren.
    »Aufgesessen, Nicolas!« sagte ich. »Und spare dir deine kriegerischen Reden. Zum Louvre!«
    »Zum Louvre?« fragte Nicolas enttäuscht, der sich wohl auf einen traulichen Nachmittag mit seiner Henriette gefreut hatte.
    Im Louvre fand ich im Vorzimmer Bouthillier, und da er jederzeit Zutritt zu Richelieus Kabinett hatte, wurde ich augenblicklich vorgelassen und fand dort auch den König. Nach allen protokollarischen Grüßen berichtete ich, was ich im Gerichtshof gehört hatte.
    »Herzog«, sagte Richelieu, »Ihr bestätigt durch nützliche Einzelheiten, was ich bereits wußte. Die Herren vom Gerichtshof sind dem König gewissenlos untreu und verraten ihr Vaterland.«
    »Und was schlimmer ist«, sagte Ludwig, »sie wollen meine Vormünder spielen, wie die Königinmutter es wollte, und mir eine Politik zugunsten Spaniens aufschwatzen. Aber für die künstliche Verschiebung, zu der sie greifen, um die von mir geforderten Gelder nicht zu bewilligen, werde ich ihnen schon bald die Ohren langziehen, und nicht ohne Härte.«
    In dem Moment erschien Bouthillier im Kabinett und übergab dem König ein Schreiben.
    »Sire«, sagte er, »ich fürchte, es ist eine schlechte Nachricht.«
    Ludwig entfaltete den Bogen, erblaßte vor maßlosem Zorn, sprang auf und marschierte durch den Raum. Dabei knirschte er mit den Zähnen, und seine Augen funkelten.
    Niemand durfte den König ansprechen, wenn er in solchem Zorn war, nicht einmal Richelieu. Man mußte warten, bis Ludwig sich von selbst beruhigte und die Sprache wiederfand.
    »Hört, meine Herren!« sagte er endlich, mit noch vor Wut bebender Stimme, »Baron von Becq hat La Capelle nach sieben Tagen Belagerung an die Spanier übergeben! Sieben Tage, Ihr habt es gehört! Saint-Leger hat Catelet nach zwei Tagen Belagerung an Spanien ausgeliefert! Zwei Tage, hört Ihr! Wie eilig sie es haben, sich in ewige Unehre zu stürzen! Diese Schurken und Memmen, Majestätsverbrecher alle beide! Gebt bekannt, Eminenz, daß sie
in contumaciam
1 verurteilt sind, von vier Pferden zerrissen zu werden, sie gehen ihres Adels verlustig,auch ihre Nachkommenschaft, ihre Waffen und Wappen werden zerstört, ihre Häuser dem Erdboden gleichgemacht, ihre Besitztümer beschlagnahmt!«
    Gevierteilt werden, liebe Leserin, ist eine grausige Strafe. Sie erinnern sich, daß Ravaillac sie für die Ermordung Henri Quatres erlitt. Doch im gegenwärtigen Fall möchte ich nicht, daß Ihre schönen Augen weinen, denn weder der Baron du Becq noch Saint-Leger wurden gevierteilt. Sowie sie von ihrer Verurteilung
in contumaciam
hörten, machten sich die Feiglinge – wie es verständlich ist – aus dem Staub und wurden nie mehr gesehen.
***
     
    Nach meiner ersten Sitzung im Gerichtshof lud sich Fogacer bei uns zum Essen ein, und selbstredend wußte er schon wieder das meiste, was ich dort an Eindrücken gewonnen hatte. Nach beendeter Mahlzeit tranken wir wie stets einen letzten Becher in meinem Kabinett. Catherine kam und bat, an unserem Gespräch teilnehmen zu dürfen, denn erstens sei sie es leid, allein in ihrer Ecke zu sitzen wie eine Aussätzige, zweitens sei ihr Kopf nicht schwächer als unserer, im Gegenteil, drittens könne sie genau wie wir über Staatsgeheimnisse den Mund halten, und viertens sei sie dem König und dem Kardinal nicht weniger treu.
    Kaum hatte sie dies ausgesprochen, als mein Majordomus mir ein Schreiben überbrachte, das ein Musketier Richelieus für mich abgegeben hatte. Wie erfreute mich die Lektüre, denn der Kardinal unterrichtete mich von seiner Entscheidung, mich nicht ins Languedoc zu entsenden; ich sei dem König nützlicher, wenn ich weiterhin an den Sitzungen des Gerichtshofes teilnähme. Er schicke Monsieur de Guron ins Languedoc, der gleichfalls Okzitanisch spreche.
    Sogleich verkündete ich Catherine die gute Nachricht, und vor Freude, das sah ich, wäre sie mir am liebsten um den Hals gefallen, doch bremste sie mit Rücksicht auf
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