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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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uns an. Erst Alexa, dann mich. Sie hatte einen so unbeweglichen Gesichtsausdruck, wie ich ihn noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte.
    »Er ist -was?« Moni sprach so leise, daß sie kaum zu verstehen war. Im Hintergrund war weiter Alfons Reckerts Stimme zu hören, »..aufgrund des tragischen Todes unseres Schützenbruders Wilfried König möchten wir innehalten, um für ein paar Augenblicke seiner zu gedenken–«
    »Der Wilfried ist- ist tot? Aber warum denn?«
    »Er ist gestürzt und ganz unglücklich mit dem Kopf auf einen Stein geschlagen«, erklärte ich vorsichtig.
    »Auf einen Stein? Auf was für einen Stein?«
    »Moni?« Max und Kommissar Steinschulte standen plötzlich vor dem Tisch. Moni König starrte sie mit einem leeren Blick an. Es war totenstill. Auch aus der Schützenhalle drang kein einziger Laut. Hunderte von Menschen standen unter Schock.
    »Stimmt das?« fragte Moni fast tonlos. »Ist der Wilfried wirklich tot?«
    Fast unmerklich nickte Max mit dem Kopf.
    Es machte platsch , als Moni König mit dem Gesicht in ihr Jägerschnitzel fiel.

5
    Das Rinderbuch hatte Alexa nicht mehr gebraucht. Ein Entspannungsbad mit Citronellöl, von dem sie pro Monat ungefähr eine ganze Flasche benötigte, hatte ausgereicht, um sie nach ungefähr fünf Sekunden im Bett zum Einschlafen zu bringen. Ich selbst tat mich da schwerer. Außergewöhnliche Ereignisse machten mich derart aufgekratzt, daß an Einschlafen gar nicht zu denken war. Max ging es genauso, und so saßen wir in meinem Wohnzimmer bei einem Glas Wein und versuchten, etwas Abstand zu gewinnen.
    »Moni war völlig fertig«, murmelte Max.
    »Mhm!«
    »Die beiden waren vier Jahre verheiratet.« Max war für seine Verhältnisse richtig redselig. »Sie haben sich bestimmt Kinder gewünscht.«
    »Mag sein!« antwortete ich trocken. »Aber sicher nicht voneinander.«
    Max fuhr aus seiner Melancholie heraus. »Wie meinst du das denn?« Seine Stimme war reine Empörung.
    »So, wie ich es sage«, erklärte ich. »Die beiden standen unmittelbar vor der Trennung.«
    »Du spinnst!« fauchte Max. »Ich bin in Stichlingsen geboren. Meinst du, ich wüßte nichts davon, wenn–«
    »Du bist in Stichlingsen geboren. Nur leider wohnst du inzwischen nicht mehr da. Im Gegensatz zu Doris Ratzbach, zu der ich, wie du weißt, ausgezeichnete Kontakte unterhalte.«
    »Jetzt sag schon! Hast du von ihr etwas gehört?«
    Oh ja, das hatte ich. Auf dem Weg vom Eßraum nach draußen war ich ihr ein zweites Mal über den Weg gelaufen.
    »Ist das wirklich wahr?« hatte sie mich aufgeregt gefragt. »Ist der König wirklich tot?«
    »Ganz sicher!« hatte ich geantwortet. »Der König ist tot.«
    Und dann hatte Doris losgelegt. Über den König und seine letzte Kegeltour. Und diese Perle, die der König sich da aufgerissen hatte. Die der Moni von unten nicht das Wasser hatte reichen können. Aber daß er wie weg gewesen war von dieser Frau. Zumindest die ersten drei Monate. Erst als Moni ihn vor die Tür hatte setzen wollen, da war er zur Besinnung gekommen. Da hatte er geschnallt, daß die Perle aus Kuhschiß-Hagen, diesem kleinen Kaff bei Sundern, wohl doch nicht so der Renner gewesen war. Daß er lieber doch bei seiner Moni und im neugebauten Haus bleiben wollte. Er hatte gemerkt, daß er plötzlich außen vor war, im Kegelclub, im Schützenverein, überall, wo er hinkam ohne die Moni. Er brauchte das Dorf, hier war seine Heimat, sein Rückhalt, sein festgefügtes Leben. Allerdings war es da zu spät gewesen. Die Moni hatte nämlich auch ihren Stolz. Die ließ sich ja nicht monatelang von einer Kuhschiß-Hagener Kegelmieze auf der Nase herumtanzen, um dann, ganz die liebe Ehefrau, wieder für ihren Gatten die Hemden zu bügeln. Zum nächsten Ersten sollte der Wilfried draußen sein, aus dem Haus. Bis dahin durfte er im Kinderzimmer schlafen, oder da, wo einmal das Kinderzimmer sein sollte. So war das mit dem König und der Moni. Allerdings hatte der König sich jetzt wohl in den Kopf gesetzt, seine Frau zurückzuerobern. Glaubte Doris jedenfalls. Aber da würde er an der Moni zu knacken haben. Denn die war stur. Für die war der König gestorben. In dem Moment hatte Doris gestutzt. »Oh Gott!« hatte sie gestammelt. »Oh Gott! Und jetzt ist der König wirklich tot.«
    Max war ehrlich platt. »Das gibt’s doch gar nicht. Da lacht der König sich auf der Kegeltour eine Freundin an? Eine, mit der er auch nachher noch zusammenbleiben will? Der spinnt doch, der König. Der hat doch
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