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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot
Autoren: Kathrin Heinrichs
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konnte. Sein rundes Gesicht und seine schützenfestrosigen Wangen verliehen ihm das Aussehen eines großen Bauernjungen.
    »Sagt mal, diskutiert ihr allen Ernstes hier rum, ob morgen das Vogelschießen stattfinden soll?« Osterfeld blickte sich empört um. Die Schützen in ihren Uniformen standen da wie Schuljungen, die bei einem Lausbubenstreich ertappt worden waren. Keiner sagte ein Wort. »Wilfried König ist vor einigen Stunden zu Tode gekommen. Wilfried, der für eure Bruderschaft auf den Knien rumgerutscht ist. Wilfried, dessen Onkel hier in eurem Kreis steht und dem ihr keine Stunde der Trauer laßt.« Die Blicke richteten sich auf einen Mann, der seinen Federbüschelhut in der Hand hielt. Er war ziemlich bleich und hatte glasige Augen. Die Todesnachricht hatte ihm schwer zugesetzt.
    »Gerhard Streiter!« zischte Max mir ins Ohr. »Wilfrieds Onkel und Oberst hier im Verein!«
    Johannes Osterfeld fuhr in seiner Rede fort. »Und ihr wagt ernsthaft morgen an ein Vogelschießen zu denken?« Weiterhin betretene Stille. Dann ergriff Alfons Reckert das Wort:
    »Herr Osterfeld, wo denken Sie hin? Im Grunde sind wir uns gerade einig geworden: Wir werden den morgigen Festtag ausfallen lassen. Am besten werde ich jetzt gleich die Schützenbruderschaft informieren.« Reckert hatte es eilig, nach draußen zu kommen. Er hastete an uns vorbei und verschwand sogleich in der Menge. Max stürzte plötzlich hinterher. »Ist der denn bescheuert?« zischte er. »Die Moni weiß noch gar nicht Bescheid, und er will hier durchs Mikrofon Wilfrieds Tod bekannt geben?« Max lief auf Steinschulte zu, der sich jetzt mit dem Rest der Polizeibeamten besprach. Er redete hastig auf ihn ein, dann liefen die beiden los, in die Menge hinein. Ich selbst machte mich auf die Suche nach Alexa. Nach zwei Metern begegnete ich zunächst meiner Hofstaatdame. Sie stand Arm in Arm mit ihrem Kleiderschrank zusammen. Als sie mich sah, machte sie ein verlegenes Gesicht. Ich knipste ihr ein Auge und lief vorbei. Einem Instinkt folgend trieb es mich in den Eßraum. Tatsächlich saß Alexa allein an einem Tisch, vor sich einen leeren Teller. Wenigstens hatte es ihr nicht den Appetit verschlagen.
    »Schnitzel?« fragte ich und setzte mich ihr gegenüber.
    »Nee! Currywurst mit Pommes! Oder sagen wir besser zwei.«
    »Zwei Pommes?« fragte ich, um sie zu ärgern.
    »Nein, zweihunderttausend Kalorien!« sagte sie patzig.
    Ich streckte den Arm nach ihr aus.
    »Ich bin total kaputt!« sagte Alexa müde. Sie griff nach meiner Hand. »Können wir endlich nach Hause?«
    »Ich glaub‹ schon! Zu den Ermittlungen können wir eh nichts mehr beitragen.«
    »Und was machen wir zu Hause?« Alexa gab sich die Antwort selbst. »Zuerst nehme ich ein Bad. Dann trinke ich ein Glas Wein. Und dann versuche ich mich abzulenken.«
    »Hast du schon eine Idee, womit?« fragte ich in meinem charmantesten Tonfall.
    »Aber natürlich!« Alexa war ein einziger Augenaufschlag. »Ich werd mir den Rollemeyer antun. Der Klassiker unter den Nachschlagwerken, wenn es um Rinderpraxis geht. Dabei schlafe ich jedesmal sofort ein.« Mein Lächeln gefror mir zwischen den Zähnen.
    »Moni! Moni!« Es war eine Frauenstimme, die da rief. Am Nachbartisch drehte sich eine junge Frau um. Sie war auf eine ganz einfache Art hübsch. Kurze braune Haare, eine zierliche Figur, ein angenehmes Gesicht.
    »J a?«
    »Dein Jägerschnitzel ist fertig!« Die Bedienung aus der Küche schwenkte einen Teller.
    »Komme schon!«
    Als Moni sich mit ihrem Essen am Nachbartisch niederließ, starrten wir sie an. Genau in dem Moment, als ich den Stuhl zurückgeschoben hatte, um Max und Steinschulte zu suchen, wurde die Musik leiser.
    »Sind Sie Moni König?« fragte ich unvermittelt.
    Moni blickte überrascht auf. »Allerdings. Kennen wir uns?«
    »Nein, nein, es ist nur–« Ich hörte eine Stimme, die durchgab, daß der Zweite Vorsitzende der Schützenbruderschaft jetzt eine wichtige Durchsage machen wolle.
    »Es gibt jemanden, der sie unbedingt sprechen muß!« brachte ich hektisch heraus.
    Alexa blickte mich verzweifelt an. »Es ist etwas Furchtbares passiert!« wandte sie sich dann an Moni.
    »Was denn?« Moni blickte ängstlich.
    »Eigentlich dürfen wir gar nicht–« warf ich ein, doch Alexa saß schon bei Moni am Tisch.
    Alfons Reckerts Stimme war zu hören. Die Leute an den Nachbartischen waren ganz still geworden, um besser zuhören zu können.
    »Ihr Mann Wilfried«, sagte Alexa leise. »Er ist tot.« Moni starrte
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