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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot
Autoren: T.H. White
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Sensen blitzten und brausten im
harten Sonnenschein. Die Frauen harkten das Heu mit hölzernen Rechen in langen
Streifen zusammen, und die beiden Jungen folgten beiderseits mit Gabeln, um das
Heu nach innen zu werfen, so daß es leicht aufgeladen werden konnte. Dann kamen
die großen Karren; ihre hölzernen Speichenräder knarrten; sie wurden von
Pferden gezogen oder von gemächlichen weißen Ochsen. Ein Mann stand oben auf
dem Wagen, um das Heu entgegenzunehmen und das Aufladen zu dirigieren, was von
zwei Männern besorgt wurde, die rechts und links neben dem Wagen mitgingen und
ihm mit Gabeln hinaufreichten, was die Jungen angehäuft hatten. Der Karren
wurde zwischen zwei Reihen Heu hinuntergeführt und schön gleichmäßig von vorn
bis hinten beladen, wobei der Mann, der banste, genau angab, wie er jede
Gabelvoll gereicht zu haben wünschte. Die Banser schimpften auf die Jungen, daß
sie das Heu nicht ordentlich zurechtgelegt hätten, und drohten ihnen Prügel an
für den Fall, daß sie zurückblieben.
    Wenn der Wagen beladen war, wurde er zu Sir Ectors
Schober gefahren. Dort gabelte man das Heu hinauf, was ganz einfach ging, da es
systematisch geladen war – nicht wie modernes Heu –, und Sir Ector trampelte
oben drauf herum und kam seinen Gehilfen in die Quere, die die eigentliche
Arbeit taten, und stampfte und schwitzte und fuchtelte herum und achtete
ängstlich darauf, daß genau lotrecht gebanst wurde, damit der Heuschober nicht
umfiel, wenn die Westwinde kamen.
    Wart liebte das Heumachen und war ein guter
Arbeiter. Kay, der zwei Jahre älter war, stand gewöhnlich zu weit von dem
Heuhaufen entfernt, den er hinaufreichen wollte, mit dem Ergebnis, daß er
doppelt so schwer schuftete wie Wart und nur die Hälfte erreichte. Er haßte es
jedoch, bei irgendeiner Sache übertrumpft zu werden, und so schlug er sich mit
dem vermaledeiten Heu herum – das ihm entsetzlich zuwider war – , bis ihm
regelrecht übel wurde.
    Der Tag nach Sir Grummores Besuch war eine reine
Hetzjagd für die Leute, die zwischen dem ersten und dem zweiten Melken schuften
mußten und dann wieder bis zum Sonnenuntergang mit dem schwülen Element zu
kämpfen hatten. Denn das Heu war für sie ein Element, wie das Meer oder die
Luft, in dem sie badeten und untertauchten und das sie sogar einatmeten. Die
Pollen und Fasern verfingen sich in ihren Haaren, gerieten ihnen in den Mund,
in die Nase, und taten sich kitzelnd und kratzend in ihrer Kleidung kund. Sie
trugen nicht viel Kleider, und zwischen den schwellenden Muskeln spielten
blaue Schatten auf der nußbraunen Haut. Wer vor Gewitter Angst hatte, dem war
an diesem Tag nicht wohl.
    Am Nachmittag brach das Wetter los. Sir Ector hielt
sie bei der Stange, bis die Blitze genau über ihren Köpfen zuckten. Dann, als
der Himmel nachtdunkel war, prasselte der Regen auf sie nieder, so daß sie im
Nu völlig durchnäßt waren und keine hundert Schritt weit sehen könnten. Die
Jungen kauerten sich unter die Karren, hüllten sich in Heu, um ihre nassen
Leiber vor dem jetzt kalten Wind zu schützen, und alberten miteinander, während
der Wolkenbruch herniederstürzte. Kay zitterte, allerdings nicht vor Kälte;
aber er alberte wie die anderen, weil er nicht zeigen wollte, daß er Angst
hatte. Beim letzten und heftigsten Donnerschlag zuckte jeder unwillkürlich
zusammen, und jeder sah, wie der andere zusammenfuhr, bis sie dann mitsammen
über ihre Ängstlichkeit lachten.
    Dies jedoch war das Ende des Heumachens und der
Beginn des Spielens. Die Jungen wurden heimgeschickt, um sich trockene Sachen
anzuziehen. Die alte Frau, die einst ihr Kindermädchen gewesen war, holte
frische Hosen aus der Mangel und schalt, sie würden sich noch den Tod holen,
rügte auch Sir Ector, weil er so lange weitergemacht hatte. Dann schlüpften
sie in frischgewaschene Hemden und liefen auf den blitzblanken Hof hinaus.
    »Ich bin dafür, daß wir Cully rausholen und auf
Kaninchenjagd gehen«, rief Wart.
    »Bei dieser Nässe sind keine Kaninchen draußen«,
sagte Kay bissig und genoß es, ihm in Naturkunde über zu sein. »Ach, komm
schon. Ist ja bald trocken.«
    »Dann muß ich aber Cully tragen.« Kay bestand
darauf, den Hühnerhabicht zu tragen und fliegen zu lassen, wenn sie gemeinsam
auf die Beiz gingen. Dies war sein gutes Recht – nicht nur, weil er älter war
als Wart, sondern auch, weil er Sir Ectors richtiger Sohn war. Wart war kein
richtiger Sohn. Er verstand es zwar nicht, doch machte es ihn unglücklich, weil
Kay
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