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Der kleine Lord

Titel: Der kleine Lord
Autoren: Frances Hodgson Burnett
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hinaus, sein Kind an der Hand, ohne sich nur ein
einziges Mal nach der Frau umzusehen. Diese schäumte jetzt
buchstäblich vor Wut, wobei der Graf sie mit großer
Ruhe fixierte.
    »Kommen Sie, kommen Sie,« sagte Mr.
Havisham. »So geht das nicht. Wenn Sie nicht in die
Zwangsjacke wollen, so müssen Sie sich
zusammennehmen.«
    Der geschäftsmäßige, kühle
Ton dieser Bemerkung schien ihr klar zu machen, das ihre
Zornausbrüche hier ganz wirkungslos waren, und mit einem
fürchterlichen Blicke auf den Anwalt rauschte sie ins andre
Zimmer, die Thüre dröhnend hinter sich zuschlagend.
    »Die macht uns weiter keine Not mehr,«
bemerkte Mr. Havisham gelassen, und er hatte recht. Noch in derselben
Nacht verließ sie die »Dorincourt Arms« und
fuhr nach London, wo ihre Spur verloren ging.
    Nach diesem Abschluß der widerlichen Szene bestieg
der Graf sofort seinen Wagen.
    »Nach Court Lodge,« lautete sein Befehl.
    »Nach Court Logde!« rief Thomas im
Aufsteigen dem Kutscher zu, »können sich darauf
verlassen, da passiert wieder 'mal was Besondres,« setzte er
hinzu.
    Als der Wagen vor Court Lodge anfuhr, war Cedrik eben bei
seiner Mutter im Wohnzimmer.
    Ohne sich melden zu lassen, trat der Graf ein, er sah um einen
halben Schuh größer aus als sonst und um viele, viele
Jahre jünger; seine Augen leuchteten.
    »Wo ist Lord Fauntleroy?« rief er.
    Vor Erregung errötend, trat Mrs. Errol ein paar
Schritte vor.
    »Ist er Lord Fauntleroy?« fragte sie bebend.
»Ist er's wirklich?«
    Der Graf ergriff ihre Hand.
    »Ja,« erwiderte er, »ja, er
ist's!«
    Dann legte er die andre Hand auf Cedriks Schulter.
    »Fauntleroy,« sagte er in seinem
gebieterischen Tone, »frage deine Mutter, wann sie zu uns aufs
Schloß kommen will!«
    Fauntleroy schlang jauchzend die Arme um des
Mütterchens Hals.
    »Ganz bei uns bleiben sollst du! Hörst du,
bei uns wohnen!«
    Der Graf sah Mrs. Errol an und sie ihn. Es war sein voller
Ernst; er hatte es für angemessen erkannt, mit der Mutter
seines Erben Frieden zu schließen, und einmal zum
Entschluß gelangt, wollte er die Angelegenheit mit gewohnter
Bestimmtheit und Raschheit erledigt haben.
    »Sind Sie ganz gewiß, daß Sie mich
brauchen können?« fragte Mrs. Errol mit ihrem
reizenden, sanften Lächeln.
    »Ganz gewiß,« versetzte er kurz,
»wir hätten Sie von Anfang an haben sollen
– wir haben's nur nicht gewußt. Ich hoffe,
daß Sie kommen!«

Vierzehntes Kapitel
Der achte Geburtstag
    Ben kehrte mit samt seinem Jungen zu seiner Farm in
Kalifornien zurück und zwar unter den denkbar
günstigsten Verhältnissen. Kurz vor seiner Abreise
von England hatte ihm Mr. Havisham die Mitteilung gemacht, daß
Mylord für den Knaben, der unter Umständen Lord
Fauntleroy hätte werden können, etwas thun wolle, und
daß er es für das Beste halte, seinerseits eine
größere Summe in Grundbesitz in Kalifornien
anzulegen, dessen Bewirtschaftung, beziehungsweise die auf demselben zu
betreibende Viehzucht Ben unter Bedingungen übernehmen solle,
die ihn in den Stand setzen würden, für die Zukunft
seines Sohnes ausreichend zu sorgen. Ben verließ also Europa
als zukünftiger Herr einer kalifornischen Farm, die so gut wie
sein Eigen war, und die er in wenig Jahren als sein alleiniges
Besitztum zu sehen hoffen konnte, was auch in der That geschah, und Tom
wuchs heran, kräftig und tüchtig und mit ganzem
Herzen an seinem Vater hängend. Die beiden hatten
überall und in allem Glück und Erfolg, und Ben
pflegte zu sagen, daß sein Sohn ihn reichlich für
alles frühere Mißgeschick entschädige.
    Dick und Mr. Hobbs dagegen – letzterer war
mitgekommen, um »allerorten nach dem Rechten zu
sehen« – segelten nicht so bald in die Neue Welt
zurück. Der Graf hatte von Anfang an im Sinne gehabt,
für Dick zu sorgen, und es ward beschlossen, ihm vor allen
Dingen eine richtige Erziehung zu teil werden zu lassen, Mr. Hobbs aber
hatte bei sich erwogen, daß in Anbetracht des
tüchtigen Vertreters, den er für sein
Geschäft in Blankstreet gefunden hatte, er sich wohl den Luxus
erlauben könne, den Festlichkeiten noch beizuwohnen, die
für Lord Fauntleroys achten Geburtstag vorbereitet wurden.
Sämtliche Pächter und sogar Tagelöhner waren
mit Kind und Kegel dazu geladen, und im Park sollte ein Festschmaus,
Spiele und Tanz abgehalten werden und für den Abend waren
Freudenfeuer und allerlei Feuerwerk geplant.
    »Ganz wie der 4. Juli!« sagte Lord
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