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Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition)

Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition)

Titel: Der kleine Flügel: Eine phantastische Geschichte mit Musik (German Edition)
Autoren: Kester Schlenz , Joja Wendt
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verstehen. Und hat mitgefiebert – mit ihm und seinen Freunden. Besonders Tri, diese tapfere kleine Triangel, hat es ihr angetan. Und natürlich auch Strato, Fendi, Moog und diese komischen Sampler. Sie sieht sie alle vor sich, die Gestalten aus der magischen Welt der Musik: die guten und die bösen Instrumente. Was für eine Geschichte!

    Irgendwann fallen Nelly dann die Augen zu. Und sie träumt. Von sprechenden Geigen. Vom Turm der Instrumente. Von der fiesen Orgel Theodora, die auf einmal die Stimme von Frau Billerbeck hat. Und sie selbst ist der Flügel, und sie spielt und improvisiert mitten in der großen Halle des Turmes. Und dauernd schreit Theodora Billerbeck, sie soll endlich mit dem Unsinn aufhören, sonst …
    Nelly wacht auf und schreckt hoch. Draußen wird es langsam hell. Was war das eben? Sonst? Sonst geschieht was? Ja, was eigentlich? Was würde passieren, wenn sie endlich den Mut aufbringen würde, sich gegen die Billerbeck zu wehren?
    «Das werden wir ja sehen», sagt Nelly laut zu sich selbst. «Wat mutt, dat mutt, sagt Großvater immer. Und jetzt muss es eben sein.»
    Nelly weiß jetzt: Die nächste Klavierstunde wird anders werden als sonst. Ganz anders.

    Drei Tage später.

    Nelly klingelt bei Frau Billerbeck. Die Tür geht auf.
    «Ah, Kind», sagt die Lehrerin. Aber es klingt nicht freundlich. «Setz dich, heute werden wir wiederholen, was wir letztes Mal …»
    «Nein», sagt Nelly.
    «Wie? Nein? Kind, was redest du?»
    «Erstens», erwidert Nelly, «ist mein Name Nelly und nicht Kind.»
    Frau Billerbeck öffnet ihren Mund.
    «Und zweitens», fährt Nelly fort, «wünsche ich mir, dass die Stunden in Zukunft anders ablaufen.»
    «Anders?» Frau Billerbeck ist ehrlich verblüfft. «Wie anders? Ich …»
    «Ich weiß ja, dass ich üben muss», erklärt Nelly. «Und das will ich auch tun. Aber das kann doch nicht alles sein. Ich will auch Spaß haben. Improvisieren. Meine Lieblingssongs nachspielen.»
    «Spaaaß?» Frau Billerbeck dehnt das Wort angeekelt. «Kind, das ist Unsinn. Du bist nicht zum Spaß hier.»
    Nelly drückt ihr Kreuz durch.
    «Dann», sagt sie, «dann war das hier heute meine letzte Klavierstunde. Ich habe den Spaß an der Musik verloren. Und den, liebe Frau Billerbeck, will ich wiederfinden.»
    Mit diesen Worten dreht Nelly sich um und geht hinaus, rennt – kaum dass die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen ist – mit klopfendem Herzen die Treppe hinunter, bleibt draußen stehen und atmet tief durch. Sie merkt, dass sie zittert, aber sie ist stolz auf sich.

    Sie erzählt ihren Eltern nichts, und Großvater ist schon wieder unterwegs. Mal sehen, was passiert.
    Zwei Tage später kommt ihre Mutter in ihr Zimmer, das Telefon in der Hand.
    «Du», sagt sie verwundert. «Frau Billerbeck ist dran und will dich sprechen. Ist irgendwas?»
    Nelly antwortet nicht, nimmt das Telefon, schiebt ihre Mutter aus dem Zimmer und sagt: «Ja, Nelly hier.»
    «Kind», sagt Frau Billerbeck. «Ich meine Nelly.» Sie schweigt. Dann redet sie weiter: «Bitte komm Ende der Woche zu unserer Stunde. Lass uns über das reden, was du dir wünschst. Vielleicht finden wir … nun ja …»
    «Einen Kompromiss?», fragt Nelly.
    «So etwas in der Art», antwortet Frau Billerbeck. «Aber muss es denn wirklich Popmusik sein?»
    «Ja», sagt Nelly. «Aber ich denke, wir finden etwas, das uns beiden gefällt.»
    «Das bezweifele ich», antwortet Frau Billerbeck. «Aber ich kann mir ja Stöpsel in die Ohren stecken und so tun.»
    «Frau Billerbeck», sagt Nelly entgeistert. «Ich glaube, Sie haben gerade so etwas wie einen Witz gemacht! Sensationell. Ich werde da sein in der nächsten Stunde, und dann reden wir und sehen weiter.»
    «Das freut mich, Ki… Nelly», sagt Frau Billerbeck und legt auf.

    Nelly sitzt einfach nur da und wundert sich. «Danke, Opa», sagt sie laut.

    Am nächsten Tag in der Schule geht sie zur Pinnwand unten in der Eingangshalle. Da hing einige Zeit ein Zettel, der ihr aufgefallen war. Ja, da ist er ja noch: «Keyboarder für Band gesucht. Melde dich bei Laurin. Tel. 47110815».
    Nelly rennt nach Hause, geht in ihr Zimmer, nimmt ihr Handy und ruft die Nummer an. Das wollte sie eigentlich schon lange tun, aber sie hat sich nicht getraut.
    «Laurin hier», sagt eine freundliche Stimme.
    «Ich rufe wegen des Zettels an der Pinnwand an. Ich spiele Klavier», sagt Nelly.
    «Ah, äh.» Laurin weiß nicht recht, wie er antworten soll.
    «Du dachtest, dass ein Junge anruft, oder?»,
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