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Der Kindersammler

Titel: Der Kindersammler
Autoren: Sabine Thiesler
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hatten rasierte Sch ä del und trugen Bomberjacken. Der Kleinere hatte einen Blitz auf den glatten Kopf t ä towiert. Auf Grund ihrer Glatzen war ihr Alter schwer zu sch ä tzen. Sie mochten sechzehn, siebzehn, vielleicht auch ä lter sein. Erst als ihn jemand am Anorak packte und hochriss, merkte Benjamin, was los war. Er starrte in die zwei Gesichter, die ihm wie widerliche Fratzen vorkamen, und schrie. Die Enten stoben davon. Pl ö tzlich gab es ein kurzes, scharfes Ger ä usch, ein Springmesser klappte aus der Scheide, und der Gr öß ere der beiden setzte es ihm an die Kehle.
    » Halt die Schnauze « , zischte er.
    Benjamin verstummte.
    Der mit dem Blitz zog Benjamin den Anorak aus, der Gro ß e hielt ihn fest. » Wo hast du deine Knete? « , fragte er.
    » Ich hab keine « , jammerte Benjamin, » ehrlich nich. Ich geh immer ohne Geld in die Schule. Damit's mir nich geklaut wird. «
    » Schei ß e. «
    Der Kleinere nahm Benjamins Schultasche, kippte sie aus und durchw ü hlte den Inhalt. Ein Portemonnaie war nicht dabei. » Schei ß e. «
    Daraufhin boxte der Gro ß e ihn in den Magen. » Zeig deine Hosentaschen « , br ü llte er. » Du feige Sau wirst doch wohl irgendwo deine Schei ß knete haben! «
    Benjamin kr ü mmte sich. Ihm blieb die Luft weg, und f ü r einige Sekunden glaubte er zu ersticken. Wie ein Fisch an Land schnappte er nach Luft, aber als er wieder einigerma ß en atmen konnte, kehrte er seine Hosentaschen nach au ß en. Sie waren bis auf siebzig Pfennig und einen Schlumpf aus einem Ü berraschungsei leer.
    » Mehr hab ich wirklich nich « , fl ü sterte Benjamin.
    Vor Wut verpasste der Gro ß e Benjamin einen Kinnhaken, sodass Benjamin zwei Meter durch die Gegend flog, im Matsch landete und seine Hand fest auf den Unterkiefer dr ü ckte, der h ö llisch wehtat. Der mit dem Blitz hatte sich inzwischen das Springmesser des Gro ß en geschnappt, hockte auf Benjamin und hielt ihm das Messer an die Kehle.
    » Es is verdammt gef ä hrlich, ohne Knete aus dem Haus zu gehen « , t ö nte der Gro ß e. » So was k ö nnen wir ü berhaupt nich leiden! «
    » Es ist auch verdammt gef ä hrlich, kleine Kinder zu ü berfallen « , br ü llte v ö llig unvermittelt eine tiefe, w ü tende M ä nnerstimme und lie ß beide Skins vor Schreck zusammenzucken. » So was kann ich n ä mlich ü berhaupt nicht leiden! «
    Der Kleine sprang sofort auf und versteckte das Messer hinter seinem R ü cken.
    Vor ihnen stand Alfred und hatte eine Pistole in der Hand, die er auf die beiden Skins richtete.
    » Komm her zu mir « , sagte Alfred zu Benjamin. » Und ihr beiden Schei ß kerle r ü hrt euch nicht vom Fleck, sonst puste ich euch eure Schwachk ö pfe weg! «
    Benjamin sah sich unsicher um, dann huschte er zu Alfred und stellte sich in dessen N ä he.
    » Und jetzt verpisst euch, aber schnell! Und lasst euch hier nie wieder blicken! Ich z ä hle bis drei, und dann seid ihr verschwunden! Eins — zwei — drei. «
    Er schoss ihnen im selben Moment, als er » drei « sagte, mit der Gaspistole direkt in die Gesichter. Der mit dem Blitz heulte laut auf und rannte los, als w ä re der Teufel hinter ihm her. Der Gr öß ere schnappte nach Luft, versuchte die brennenden Augen aufzubekommen und ballte die F ä uste.
    » Halt dir die Augen zu « , sagte Alfred zu Benjamin und schoss erneut.
    Der Gro ß e schrie und st ü rzte zu Boden. Er rieb sich die brennenden Augen und rollte sich br ü llend im Gras, um den Schmerz zu bet ä uben.
    » Komm « , sagte Alfred. Er steckte die Pistole ein, zog Benjamin, der gerade noch seinen Anorak greifen konnte, mit sich und fing an zu rennen. Benjamin rannte neben ihm her. Nach etwa hundert Metern, hinter einer Kurve, blieb Alfred stehen.
    » Zieh deinen Anorak an, du holst dir ja den Tod. «
    Benjamin schnatterte vor K ä lte. So schnell er konnte zog er seinen Anorak ü ber. » Meine Schultasche ... « , stammelte er.
    » Die holen wir nachher, wenn diese widerlichen Typen weg sind. Jetzt musst du erst mal in die W ä rme, damit du dich nicht erk ä ltest. Und dann brauchst du eine hei ß e Schokolade mit viel Sahne. Magst du so was? «
    Benjamin konnte sich in diesem Moment nichts Besseres vorstellen.
    Alfred trabte weiter, Benjamin lief neben ihm her und hielt locker Schritt.
    Alfreds Gedanken ü berschlugen sich, sein Herz klopfte bis zum Hals. Dass er lief, merkte er gar nicht. Er sah nur diesen kleinen Jungen neben sich, sp ü rte seine Anwesenheit direkt k ö rperlich und wusste
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