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Der Keller

Der Keller

Titel: Der Keller
Autoren: Daniel Dersch
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wach im Bett und versuchte sich zu erinnern wann er zum letzten Mal in seinem Leben so glücklich gewesen war. Gegen Mitternacht schlief er schließlich mit der Gewissheit ein, dass er noch nie so glücklich gewesen war.
    Denn obwohl er während Lindas erster Schwangerschaft war, außer sich vor Freude gewesen war, so musste er sich eingestehen, dass sein Sohn ein Betriebsunfall gewesen war. Er war das Resultat eines Fischsandwichs mit viel Mayonnaise. Die Mayonnaise war schlecht gewesen und Linda musste sich drei Tage lang ständig übergeben. Die Antibabypille, mit der sie damals verhüteten, verlor dabei jegliche Wirkung et voila: So wurde Roger Bonfield mit 25 Jahren zum ersten Mal Vater.
    Beim zweiten Baby hingegen verhielt es sich ganz anders. Linda und er hatten sich darauf geeinigt, dass sie noch ein zweites Kind wollten. Sie hatte aufgehört die Pille zu nehmen weil sie es wollte und nicht weil sie während eines Wochenendausfluges unbedingt darauf bestanden hatte an einer Tankstelle ein Fischsandwich zu kaufen.
    Nein, Roger Bonfield war noch nie so glücklich gewesen wie an diesem lauen Abend im September. Und das Schicksal wollte es so, dass er auch nie wieder so glücklich werden würde. Er hatte den Zenit seines Lebens überschritten, ohne es zu bemerken. Die ganze Familie hatte es und in dieser Nacht war das Glück das letzte Mal zu Gast im Hause der Bonfields.

4.

    Der Herbst zog durchs Land und verzauberte die Bonfields mit seinem prächtigen Farbenspiel. So wie sich die Jahreszeit wechselte und in eine andere überging, so traten auch einige Veränderungen in das Leben der kleinen Familie.
    Sam kam in die Vorschule und machte sich prächtig. Er fand schnell Freunde und stand den anderen Kindern um nichts nach. Es erleichterte ihm den Einstieg sehr, dass seine Mutter an der gleichen Schule die zweite Klasse unterrichtete und dass sie immer zur Stelle war, wenn er sie brauchte. Die kleine Familie hatte spielerisch eine große Hürde genommen.
    Doch auch Roger hatte sich inzwischen an das Leben Rockwell gewöhnt. In Bangor war er Rechtsanwalt für Strafsachen gewesen und hatte sich mit allerlei zwielichtigen Charakteren vor Gericht herumgeschlagen. In Rockwell hingegen bestand seine Aufgabe meist darin Verträge aufzusetzen. Hin und wieder wurde dieser Trott durch einen Nachbarschaftsstreit aufgehellt, der in Kleinstädten an der Tagesordnung ist.
    Dennoch machte ihm seine Arbeit Spaß und auch dieses juristische Kleinvieh machte Mist. Reichlich sogar. Roger verdiente genauso viel vie in Bangor, ohne sich jedoch für sein Geld die Nächte um die Ohren zu schlagen. Der beste Beweis dafür war das Kind in Lindas Bauch, das Ende Mai des nächsten Jahres zur Welt kommen sollte. Roger fieberte dem Geburtstermin entgegen wie ein gut vorbereiteter Athlet der Olympiade. Im Handschuhfach seiner Gedanken wünschte er sich ein kleines Mädchen, dessen Kinderzimmer er rosa streichen und mit dem er hin und wieder Tee-Partys veranstalten konnte. Aber er wäre auch mit einem Jungen mehr als zufrieden gewesen.
    Hauptsache gesund!
    Das Leben der Bonfields war ruhig, ohne dass diese Ruhe trügerisch gewirkt hätte. Gerade deswegen war Roger geradezu erleichtert als er eines Morgens in die Küche kam und feststell te, dass er knöcheltief im Wasser stand. Ein bisschen Sand im Getriebe konnte nicht schaden, dachte er mit einem Grinsen auf den Lippen.
    Es war der 30. September als Roger den Klempner Steve Wilcox anrief, dessen Nummer er im Telefonbuch nachgeschlagen hatte.

5.

    Steve Wilcox wirkte auf Roger nicht gerade wie ein typischer Klempner. Er hatte weder einen dicken Bauch noch trug er blaue Latzhosen. Auch das Alter des Mannes stimmte nicht mit Rogers Vorstellung überein. Während Roger einen Mann mit ergrautem Haar oder sogar Glatze erwartet hatte, so musste er feststellen, dass der Mann mit den durchdringenden blauen Augen kaum älter war als er selbst. Nur hatte Wilcox ein bisschen mehr Haare und weniger Bauch als Roger. Trotzdem war er erleichtert als sich der Mann als Meister seines Faches erwies.
    „ Mr. Bonfield“, sagte Wilcox. während er sich unter Küchenspüle zu schaffen machte, „gehen Sie bitte in den Keller und drehen sie den Hauptwasserhahn zu. Es müsste sich dabei um einen Schalter mit Propellergriff handeln.“
    Eine Sekunde später verschwand Roger im Keller und drehte den Haupthahn zu. Danach ging er wieder zurück in die Küche.
    „ Hat es geholfen?“, fragte er Wilcox, der immer noch
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