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Der Kelim der Prinzessin

Der Kelim der Prinzessin

Titel: Der Kelim der Prinzessin
Autoren: Peter Berling
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Leitersprossen verspürte er erstmals wieder die unbändige Freude aufkeimender Hoffnung: Wenn Roc und Yeza lebten, dann würde er sie wieder sehen, >die Lieben<, egal, wie alt sie inzwischen! So um die zwanzig, überschlug er die vergangene Zeit. Für ihn blieben Rog und Yeza seine Kinder -
    in jedem Fall und in alle Ewigkeit!
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    DASS ROC UND YEZA - inzwischen beim gemeinsamen Nachtlager mit der Karawane - dem zugelaufenen
    Fremden kein weiteres Augenmerk schenkten, war höchst leichtsinnig. Naiman, der Agent des Sultans von Kairo, sann auf nichts anderes, als das Königliche Paar zu verderben, selbst, wenn er dafür die Beduinen aufwiegeln musste. Doch das offensichtlich gute Verhältnis zwischen diesen verdammten mongolischen Friedensfürsten und den braven Beduinen ließ mitnichten einen solchen Umschwung von Ehrfurcht zu wütendem Hass erwarten. Sollte er die stupiden Kameltreiber vielleicht glauben machen, Roc und Yeza beabsichtigten, ihnen den Teppich zu entwenden? Einzig und allein auf das kostbare Stück hätten die beiden es abgesehen!
    Naiman begann auf den Ältesten, den Anführer der Karawane, einzuwirken, er solle doch den Kelim jetzt und hier ausrollen, damit das Königliche Paar, dessen uneingestandenes Verlangen es sei, von dem einzigartigen Stück Besitz zu ergreifen, sich auf ihm niederlassen könnte. Denn die beiden wüssten genau, welche magischen Kräfte dem Teppich innewohnten: Tausend djinn hausten im Verborgenen zwischen den meisterlich gewebten Wollfäden und warteten nur auf den Befehl, sich gegen die treuen Hüter zu wenden.
    Doch statt, wie von Naiman erwartet, sich voller Empörung oder wenigstens heftigem Misstrauen gegen die Friedenskönige zu wenden, ging der Älteste erfreut, ja begeistert auf Naimans Vorschlag ein. Er beorderte alle seine Mannen zwischen die ruhenden Kamelgespanne, und auf sein Kommando schulterten sie die schwere Rolle, schleppten sie mit weichen Knien vor zu Roc und Yeza. Stolz breiteten sie den riesigen Kelim vor ihnen aus. Als Yeza
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    ihre hoffnungsgläubigen Gesichter sah, nahm sie den strengen Ton etwas zurück, etwa wie man mit kleinen Kindern spricht.
    »Hatte der Schamane euch nicht untersagt« - ermahnte sie die von der Anstrengung noch schwer atmenden Beduinen - »die Rolle zu öffnen, bis das Ziel erreicht?!«
    »Aber der Fremde -«, der Älteste empfand den Vorwurf als ungerecht, seine Augen suchten nach Naiman, um ihn als Unterstützung vorweisen zu können, »aber der Fremde hat doch gesagt, dass es Königen zukomme, auf diesem größten Meisterwerk, das Menschenhand je erschaffen -!?«
    »Hat er das!?«, schnitt ihm Rog das Wort ab. »Wo steckt der Kerl, der sich erlaubt -? «
    »Er ist der Versucher!«, flüsterte Yeza, doch Roc ging nicht darauf ein. Der Älteste hielt noch Ausschau nach Naiman, als vom anderen Ende der lagernden Karawane Stimmen laut wurden: In der einbrechenden Dunkelheit hatte sich der hinkende Agent aus dem Staub gemacht, auf einem gestohlenen Kamel war er in der Nacht verschwunden.
    Die energische Yeza sorgte dafür, dass der Teppich wieder eingerollt wurde, denn sie hatte das begehrliche Leuchten in den Augen ihres Gefährten sofort bemerkt. Gewiss wäre es auch ihr angenehmer gewesen, Rocs Liebeswerben, das sie - wie jede Nacht - erwartete, und das durchaus mit Freude an der Lust ihrer Körper, statt auf steinigem Boden auf der weichen Unterlage dieser engmaschig gewirkten Wolle nachzugeben. Aber seit dem Auftreten dieses schielenden, verschlagenen Hinkebeins, das sich sogleich wie eine eklige Zecke an der Karawane festsaugte, hatte der wunderschöne riesige Teppich für Yeza ein menschliches Antlitz bekommen, eben das von Naiman. Selbst jetzt noch - inzwischen hatten die Beduinen den Kelim enttäuscht wieder verstaut -
    starrte es sie an aus dem Laubwerk der kunstvollen Ornamentik mit ihren Paradiesvögeln und anderen Fabelwesen - wie die verführerische Schlange aus dem Paradies, hinter der sich allemal der Teufel verbarg.
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    Langsam und geschmeidig, seiner Kraft bewusst, schlich sich der schwarze Panther durch das feuchte Unterholz.
    Die heiße Nässe ließ sein Fell so glatt anliegen, dass er sich wie eine nackte Echse anfühlte, pulsierend unter der gestrafften Haut, bis hin zu seinem wohlgeformten, aufrecht erhobenen Haupt. Mit leicht angezogenen Knien auf der Seite ruhend, schob Yeza unmerklich dem lautlos Herandrängenden unter der rauen Kamelhaardecke ihr Hinterteil entgegen. Sie hörte Rocs Atem schon deshalb
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