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Der Keim des Verderbens

Der Keim des Verderbens

Titel: Der Keim des Verderbens
Autoren: Patricia Cornwell
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Ende meines Schreibtischs legte, hielt ich es nicht mehr aus.
    »Bei mir hat alles seinen Platz«, sagte ich mit Nachdruck, während ich die Akten wieder dorthin zurücklegte, wo sie auf meinem unaufgeräumten Schreibtisch hingehörten.
    »He, immer mit der Ruhe, Doc«, sagte er, als spiele das überhaupt keine Rolle. »Woher sollen wir wissen, daß das hier kein übler Scherz ist?«
    Wieder schob er die Akten beiseite, und da wurde ich richtig wütend.
    »Marino, stehen Sie auf«, sagte ich. »Ich lasse niemanden an meinem Schreibtisch sitzen. Sie bringen mich zur Weißglut.«
    Er warf mir einen wütenden Blick zu und erhob sich.
    »He, tun Sie mir einen Gefallen. Rufen Sie nächstes Mal jemand anders an, wenn Sie ein Problem haben.«
    »Seien Sie doch mal ein bisschen sensibel ...«
    Aufgebracht schnitt er mir das Wort ab. »Nein. Seien Sie mal ein bisschen sensibel, und hören Sie verdammt noch mal auf, sich so zickig anzustellen. Kein Wunder, daß Wesley und Sie Probleme haben.«
    »Marino«, sagte ich warnend, »jetzt gehen Sie aber zu weit.«
    Er schwieg und schaute sich schwitzend um.
    »Zurück zum Thema.« Ich setzte mich auf meinen Stuhl und stellte ihn wieder richtig ein. »Erstens halte ich das hier nicht für einen Scherz, und zweitens glaube ich, daß es der Rumpf von der Müllhalde ist.«
    »Wieso?« Er hatte die Hände in den Taschen und sah mich nicht an.
    »Arme und Beine sind durch die Knochen hindurch abgetrennt worden, nicht an den Gelenken.« Ich tippte auf den Bildschirm. »Es gibt noch andere Übereinstimmungen. Sie ist es, es sei denn, es wurde noch eine andere Frau mit ähnlichem Körperbau auf die gleiche Weise getötet und zerstückelt, und wir haben sie noch nicht gefunden. Und außerdem wüßte ich nicht, wie jemand einen solchen Scherz verübt haben sollte, ohne zu wissen, auf welche Weise das Opfer zerstückelt wurde. Ganz zu schweigen davon, daß dieser Fall noch gar nicht in den Nachrichten war.«
    »Scheiße.« Sein Gesicht war tiefrot. »Und, gibt es so etwas wie einen Absender?«
    »Ja. Jemand mit einem AOL-Account und dem Namen D-E-A-D-O-C.«
    »Wie toter Doktor?« Vor lauter Eifer vergaß er seine Verstimmung.
    »Da kann man nur spekulieren. Die Nachricht bestand aus einem einzigen Wort: zehn.«
    »Das war's?«
    »In Kleinbuchstaben.«
    Gedankenverloren sah er mich an. »Wenn man die Fälle in Irland mitzählt, ist dies die Nummer zehn. Haben Sie hiervon eine Kopie?«
    »Ja. Über die Dubliner Fälle und den möglichen Zusammenhang mit den ersten vier hiesigen Morden wurde in den Nachrichten berichtet.« Ich reichte ihm einen Ausdruck. »Jeder könnte darüber Bescheid wissen.«
    »Egal. Wenn es derselbe Täter ist und er gerade wieder zugeschlagen hat, weiß er verdammt genau, wie viele er umgebracht hat«, sagte er. »Ich kapier' bloß nicht, woher er wusste, wohin er Ihnen diese Datei schicken sollte.«
    »Meine Adresse bei AOL ist nicht schwer zu erraten. Sie besteht aus meinem Namen.«
    »Mein Gott, ich fass' es nicht. Wie können Sie nur?« explodierte er. »Das ist ja, als würde man sein Geburtsdatum als Code für seine Alarmanlage benutzen.«
    »E-Mail dient mir fast ausschließlich zur Kommunikation mit Gerichtsmedizinern, Leuten beim Gesundheitsministerium und der Polizei. Die brauchen eine Adresse, die sie sich leicht merken können. Außerdem«, fügte ich hinzu, da er mich weiterhin vorwurfsvoll anstarrte, »war das nie ein Problem.«
    »Tja, dafür ist es jetzt ein um so größeres«, sagte er und sah sich den Ausdruck an. »Das Gute daran ist, daß wir hierauf möglicherweise etwas finden, das uns weiterhilft. Vielleicht hat er im Computer eine Spur hinterlassen.«
    »Im Internet«, sagte ich.
    »Ja, wo auch immer«, erwiderte er. »Vielleicht sollten Sie Lucy anrufen.«
    »Das muss Benton machen«, erinnerte ich ihn. »Ich kann sie nicht um Hilfe in einem Fall bitten, nur weil ich ihre Tante bin.«
    »Na, dann muss ich ihm das wohl auch sagen.« Vorsichtig stakste er durch meine Unordnung zur Tür. »Ich hoffe, Sie haben Bier in dieser Hütte.« Er blieb stehen und drehte sich zu mir um. »Wissen Sie, Doc, es geht mich ja nichts an, aber früher oder später müssen Sie doch mit ihm reden.«
    »Sie haben recht«, sagte ich, »das geht Sie nichts an.«

Kapitel 3
    Am nächsten Morgen wachte ich vom gedämpften Trommeln strömenden Regens und dem unerbittlichen Piepen meines Weckers auf. Dafür, daß ich eigentlich meinen freien Tag hatte, war es noch recht früh,
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