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Der Kandidat [microform] : Komödie in vier Aufzügen nach Flaubert

Der Kandidat [microform] : Komödie in vier Aufzügen nach Flaubert

Titel: Der Kandidat [microform] : Komödie in vier Aufzügen nach Flaubert
Autoren: 1878-1942 Carl Sternheim , 1821-1880. Candidat Gustave Flaubert
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mit fünfzehn Mann aus Überkirchen. Wir trejffen uns im Schwarzen Roß, um von dort aus zu-sammen zur Wahl zu gehen.
    RUSSEK: Und was . . .?
    SCHÄFER:
    Der Geomcter teilte mir heute morgen mit, die Eisen-bahn wird nun endgültig über Bachwitz gelegt. Ich hatte in Hohenwaldau Terrains gekauft, in der Annahme, man würde diese Linie wählen, und inzwischen Baum-schulen darauf angelegt. Damit sitze ich nun im Dreck; ich muß sie eingehen lassen. Aber wie soll ich plötz-lich achthundert Bergamotten, fünfhundert Picea pun-gens glauca, hundertsechzig Platanen, Nordmanniana, fünfzig Kaiser von China loswerden ?
    RUSSEK: Dafür kann ich doch nichts.
    SCHÄFER:
    Erlauben Sic. Hinter Ihrem Park haben Sie flinf Hektar vorzüglichen Boden, reinen Humus. Ich würde Ihnen zu einer Mark fünfzig das Stück, eins wie das andere, abgeben.

    RUSSEK: Also gut, wir wollen sehen.
    SCHÄFER: Der Kauf ist abgeschlossen. Morgen schicke ich Ihnen die ersten Fuhren. Und nun zur Wahl!
    Exh,
    RUSSEK:
    Diese Kerls verschieben alles auf die letzte Minute.
    Er ruft zum Fenster hinaus: Laufen Sie doch!
    GISTL tritt auf: Da gibt es keine Ausreden, Herr Russek, Sie müssen!
    RUSSEK: Aber ich habe sie schon. Seit drei Tagen stehen Ihre Füchse in meinem Stall.
    qiSTL:
    Das ist ihr Platz. Aber für Ihre Fuhren, die grobe Ar-beit, fehlt noch ein Handpferd. Ich habe da eine schwere Stute - wollte das nur, bevor ich wählen gehe ...
    RUSSEK: Wieviel?
    Zwölfhundert.
    Abgemacht. Und jetzt voran!
    GISTL:
    RUSSEK:
    GISTL: Exit.

    ^ °4 DER VIERTE AUFZUG
    NEUNTER AUFTRITT
    MISS EVELYN tritt auf.
    RUSSEK: Was wollen Sie? Ich habe keine Zeit; schnell!
    EVELYN:
    Verzeihen Sie, daß ich wage . . . Aber in Ihrem Inter-esse . . . Etwas Wichtiges, EntsetzHches!
    RUSSEK:
    Reden Sie! Geht es die Wahl an?! Was wissen Sie um Heilands willen?
    EVELYN: Ihre Frau - ist bei Herrn Bach.
    RUSSEK zu sich: Gott sei Dank!
    Laut: Ist das alles?
    EVELYN: Ich wußte es schon lange; folgte ihr, als sie heute ging. Vorgestern im Garten, fünf Uhr nachmittags, in der Nahe des Pavillons, Itgtt er den Arm um sie.
    RUSSEK zu sich: Konzessionen!
    Laut: Kümmern Sie sich nicht um Dinge, die Sie nichts an-gehen, Donnerwetter! Es hat seine Richtigkeit, seine ausgezeichnete Richtigkeit.
    Er drängt sie zur Tür hinaus.

    ZEHNTER AUFTRITT
    RUSSEK am Fenster,:
    Luise in Hut und Mantel? Wo will sie hin? -Wenige Minuten noch, und alle guten Geister steht mir bei! Entsetzlicher Moment, schlägt die Uhr sieben-mal, und ich stehe, von den letzten mächtigsten Wehen der Ungewißheit geschüttelt, am Fenster und muß auf jene Straßenkreuzung starren, von der her sie kommen werden.
    Welche Grundsätze entscheiden in dieser Spanne über mein Schicksal? Bin ich ganz in die Launen jener Män-ner gegeben, die zur Wahl gehen, oder lenkt einer das Geschäft über ihre Absichten hinaus zu meinen Gunsten oder Ungunsten? Das ist dies jämmerliche Erdenleben, das man ertragen muß. Die Weisen unterrichten einen, die Priester nicht, wie mans zu seinem Vorteil schiebt. Muß ich für mein Wohl die freie forsche oder die de-mütige Geste machen? Soll ich frech oder fromm sein, um bedeutend zu scheinen und an die Spitze zu gelangen? Ich war stets zu beidem bereit, doch in diesem Augen-blick will ich mich mit jedem geforderten Opfer zu dem System bekennen, das Erfolg verbürgt. Mit jedem Opfer! Hört mich einer? Menschen, Götter, hört mich an!
    Am Fenster: Da kommt ein Kerl, der wählen will. Eile dich! Die Weltuhr saust. Er steht, versäumt die Zeit, und schließ-lich ist es bei Stimmengleichheit der, der fiir mich ent-schieden hätte. Ich laufe zu ihm, rufe ihn an. '^e mirs zumute ist, soll er sehen, und ist er Christ, muß es ihn erweichen. Tabak zieht er, eine Pfeife heraus! Schlag ihm das Rauchzeug aus der Schnauze, Schicksal, dem Ungeheuer, das mit meinem Leben spielt! Noch zehn

    Minuten nur, und er bläst den Dampf behaglich durch die Nase.
    Ächzen: Das ertrage ich nicht mehr, ich trage es nicht länger! Stoß die Tür auf, Schicksal! Tritt ein in irgendwelcher Gestalt, pack mich beim Kragen und nenne das Gebot! Sei Gläubiger und mach dich bezahlt, mit was du willst, nur laß es nicht sieben und alles verloren sein! Daß es nicht zehn Minuten nach sieben wird, und ich immer noch hier bin und vergeblich warte. Niemand kommt. Nein, nein, nein! Tausendmal muß ich „nein« sagen, um alle Gegenpläne feindlicher Mächte zu zer-stören: Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein! Er
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