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Der Kandidat [microform] : Komödie in vier Aufzügen nach Flaubert

Der Kandidat [microform] : Komödie in vier Aufzügen nach Flaubert

Titel: Der Kandidat [microform] : Komödie in vier Aufzügen nach Flaubert
Autoren: 1878-1942 Carl Sternheim , 1821-1880. Candidat Gustave Flaubert
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AUFTRITT
    RUSSEK hin- und herlaufend: In zvei Stunden ist die Wahl vorüber.
    1 FRAU RUSSEK:
    Nimm dich zusammen!
    RUSSEK:
    Lauf zu Bach! Punkt fünf Uhr ist verabredet. Seiden-schnur erwartet den telephonischen Anruf, daß die Quittung über seine Schuld an mich in Bachs Händen ist. Im andern Fall kann er noch in diesen zwei Stun-den alles in Frage stellen. Fünfzig Prozent der Wähler kommen erst nach Feierabend an die Urne.
    FRAU RUSSEK:
    Ich wäre nicht so weit gegangen. Einer Erpressung hätte ich widerstanden. Fünfundzwanzigtausend Mark sind keine Kleinigkeit.
    RUSSEK:
    Sie waren längst in den Schornstein geschrieben. Sei-denschnur hätte sie mir nie zurückgezahlt. So befreien sie mich von dem gefährüchsten Nebenbuhler. Fünf Minuten nach der Bestätigung vom Erhalt der Quittung läßt er selbst verbreiten, durch ein festgestelltes inneres Leiden sei er an der Ausübung eines ihm eventuell zu-fallenden Mandates verhindert, wirkt auch sonst auf jede Weise für mich.
    FRAU RUSSEK:
    Und wenn er dich täuscht?
    RUSSEK:
    Er wagts nicht. Hier ist das gegen ihn gesammelte Material.

    Er gibt ihr Papiere, Morgen früh würde es in der Volksstimme veröffent-licht, ihn zermalmen. Eil dich! Und vor allem: laß dich beim Eintritt in Bachs Wohnung möglichst von niemand sehen, und gib keinem die Papiere als ihm selbst!
    FRAU RUSSEK, da Russek fortgesetzt zwischen dem Fenster und ihr hin- und herläuft:
    Nimm dich doch zusammen!
    RUSSEK mit unnatürlichem Blick und Bewegung:
    Du weißt nicht, was heute für mich auf dem Spiel steht.
    Exit,
    ZWEITER AUFTRITT
    FRAU RUSSEK. am Telephon^ das auf einem Tisch steht:
    Einhundertneunundsechzig! Hören Sie, in zehn Minuten bin ich tasi Ihnen. Nicht freiwilUg. Ich werde ge-schickt. Was sagen Sie? Fatum? Ich muß es endlich anerkennen. Meinen heldenmütigen Widerstand achtet es für nichts, zwingt mich schÜeßHch nach seinem Willen. Schreien Sic nicht - ja, ja, ich bins. Glauben Sie an keine Intrige Seidenschnurs? Keinesfalls? Gut. Er hat schon angefangen, gegen sich selbst zu wirken? Um so besser. Die Konservativen möglicherweise eine Gefahr? Hoffen wir es nicht. In zwei Stunden ist ja alles entschieden. Eher? Sind Sie dessen so sicher? O Gott -!
    Sie läßt den Hörer sinken und steht unschlüssig im
    Zimmer,

    DRITTER AUFTRITT
    RUSSEK stürzt herein :
    Willst du mich, willst du alles verderben? Stürze hinl Glück und meines Lebens Ruhe hast du in Händen.
    Er stößt sie fast aus der Tür,
    Ein fabelhafter Kerl, dieser Bach! Als welch deutlich sichtbare, entschlossene Persönlichkeit hat er mich in diesen Zeitungsblättern aufgerichtet. Wie kenne ich mich plötzlich selbst und wie meine politischen, parla-mentarischen Fähigkeiten und Erleuchtungen. Behauptet er, ich habe Jura studiert, so irrt er zwar in Äußerlich-keiten, hat aber/mit der Aufdeckung meiner Talente für dieses Fach tausendmal recht. Und wenn all das vergeblich wäre? Aufgewendetes Genie, hingeworfenes Geld und meine schlaflosen Nächte voll unaussprechlicher Nervenqual vergebHch? Welche Höhen und Tiefen menschlichen Leids habe ich in dieser Spanne durchmessen, welche schauder-haften Forderungen meiner Freunde und Gegner über die Wirklichkeit hinaus erfüllt, und sollte an fünfund-zwanzigtaiisend Mark scheitern, deren einzubringende Valuta nicht feststand?
    Er läuft zum Fenster,
    Ein Trupp Bauern, der zur Wahl geht. Könnte ich als Hauch des Schicksals in eure Eingeweide fahren, der euch z^97änge! Wen muß ich rufen, daß er mir in dieser Stunde beisteht? Grübel! Telephon!
    Er läuft zum Apparat,
    VIERTER AUFTRITT
    GRÜBEL tritt auf

    RUSSEK: Endlich! Wo stecken Sie all die Zeit?
    GRÜBEL:
    Hinter den Kulissen habe ich für Sie gewirkt. Wsls Sie heute Bach zuschreiben, ist teilweise mein Werk. Doch das beiseite. Herr Russek, in dieser Schicksalsstunde, da ein böser Hauch, der auf der Wage Zunge drückt, alles vernichten kann, frage ich Sie . . .
    RUSSEK:]
    Fragen Sie nicht. Längst ist alles zu Ihren Gunsten ent-schieden. Ein so teurer Freund, ein so selbstloser Helfer! Eilen Sie zum "Wahllokal; verdoppeln, verhimdertfachen Sie sich für mich! Seien Sie wie ein Sturm, ein Aufiiihr unter den Schwankenden!
    DER DIENER tritt auf:
    Gnädiger Herr, einen Augenblick. Ein Herr wegen der Wahl will . . .
    RUSSEK:
    Ich komme. Auf seinen Posten, wer mich lieb hat!
    Exit.
    GRÜBEL:
    Fuchs! Zweimal bist du mir entschlüpft. Diesmal fasse ich dich entscheidend.
    FÜNFTER AUFTRITT
    LUISE tritt auf:
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