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Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Titel: Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
Autoren: Ian Rankin
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schließlich hier und wissen genau, was damals passiert ist.«
    Cafferty schüttelte den Kopf. »Nein, so geht das nicht.«
    Rebus schaute ihn an. »Und wie dann?«
    Cafferty überhörte die Frage. »Ziemlich kalt hier, was?«,
    sagte er stattdessen. »Ich möchte mal irgendwo begraben werden, wo es warm ist.« »Da, wo Sie mal landen werden, ist es bestimmt ziemlich warm«, sagte Rebus. »Vielleicht sogar ein bisschen zu heiß.« »Und Sie werden natürlich mit den Englein singen, was?« Sie gingen jetzt zum Auto zurück. Plötzlich blieb Rebus stehen.
    Sein Saab stand auf der anderen Seite der Kapelle. Cafferty drehte sich nicht einmal um. Er winkte lässig mit der Hand und ging weiter. »Die nächste Beerdigung, an der ich teilnehme, könnte gut die Ihre sein, Strohmann. Einen bestimmten Wunsch für den Grabstein?«
    »Wie wär's mit ›Ist im Alter von neunzig Jahren friedlich entschlafen‹?«
    Cafferty lachte mit der Zuversicht des Unsterblichen.
    Rebus drehte sich um und ging zurück. Er hatte das Gelände bereits verlassen, als er plötzlich einen dumpfen Schlag hörte, doch das Wiesel hatte nur die Autotür zugeknallt. Rebus ging zur Vorderseite der Kapelle hinüber, öffnete die Tür und ging hinein. In dem Vorraum lag auf einem Marmortisch ein großes aufgeschlagenes Erinnerungsbuch. Oben auf der Seite stand das Datum von genau vor einem Jahr: acht Namen, also acht Verbrennungen an jenem Tag, acht trauernde Familien, die vielleicht heute erschienen waren, um ihres verstorbenen Angehörigen zu gedenken – oder auch nicht. Nein… falsch. In dem Buch war nicht das Datum der Verbrennung angegeben, sondern der Todestag. Er markierte die Seiten mit dem Leseband. Dann fing er an, das Buch von hinten durchzublättern, ließ die noch unbeschrifteten Seiten durch die Finger flattern. Alle diese Seiten würden irgendwann einmal voll geschrieben sein. Sollte Cafferty Recht behalten, würde sein Name nicht darunter sein: Er würde sich einfach in nichts auflösen. Ihm war nicht ganz klar, was er von der Aussicht halten sollte. Ja, im Grunde genommen empfand er gar nichts. Noch keine Einträge für den heutigen Tag. Aber als er angekommen war, waren gerade ein paar Autos weggefahren, ein halbwüchsiger Junge mit einer schlecht gebundenen schwarzen Krawatte hatte ihn vom Rücksitz einer Limousine aus angesehen.
    Auch für den Vortag noch keine Einträge: noch zu früh. Und der Tag davor? Auch nichts. Das Wochenende entfiel ohnehin. Aber für den vergangenen Freitag: neun Einträge – die Verbrennungen hatten vermutlich gestern stattgefunden. Rebus betrachtete die in schwarzer Tinte gehaltene Auflistung. Der Schreiber verstand was von seinem Handwerk. Füllfederhalter: dicke Abstriche, schöne Bögen. Geburtsdaten, bei verheirateten Frauen sogar der Mädchenname…
    Volltreffer.
    Robert Wallace Hill – alias Rab.
    Er war am vergangenen Freitag gestorben. Die Bestattung hatte vermutlich erst gestern stattgefunden. Die Asche des Mannes lag jetzt im Garten der Erinnerung verstreut. Deswegen also war Cafferty hergekommen, um dem Mann die letzte Ehre zu erweisen, dem er seine Entlassung aus dem Gefängnis verdankte. Rab, dessen Körper von Krebs zerfressen war. Rebus sah plötzlich alles ganz genau vor sich. Rabs Entlassung stand ohnehin bereits an, dann die schreckliche Krebsdiagnose. Im Gefängnis hatte er Cafferty davon erzählt, der eine Krankheit vortäuschte, daraufhin selbst im Krankenhaus untersucht worden war, Rabs Befunde und Röntgenbilder irgendwie mit seinem Namen versehen, wahrscheinlich einen Arzt bestochen oder bedroht hatte. Bis obenhin mit Schmerzmitteln vollgepumpt, hatte Rab dann den Tag seiner Entlassung erwartet und war mehr oder weniger gleichzeitig mit Cafferty wieder in Freiheit gelangt. Sicher hatte Cafferty sich das Ganze eine Stange Geld kosten lassen: Geld, damit Rab sich seinen Abgang so angenehm wie möglich gestalten konnte, ein dickes Kuvert voll Banknoten für etwaige Hinterbliebene.
    Rebus zweifelte daran, dass Cafferty sich in einem Jahr wieder in der Kapelle blicken lassen würde. Sicher hatte er Wichtigeres zu tun. Schließlich gab es jede Menge Geschäfte zu machen. Und Rab? Na ja, hatte Cafferty nicht selbst gesagt, dass man nach vorne blicken sollte und nicht ständig nur zurück? Weihnachten stand vor der Tür. Bald würde es in Edinburgh wieder ein Schottisches Parlament geben. Aber trotzdem…
    »Trotzdem – was?«
    »Und dann bist du fällig«, murmelte er vor sich hin und trat
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