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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Sie eines hatten, völlig erreicht ist angesichts der traurigen Familiennachricht, die Sie erhielten. Es wäre kaum zu rechtfertigen, wenn ich duldete, daß Sie noch weiter vorrückten, und ich würde mich Vorwürfen aussetzen, wenn etwas Bedauerliches sich ereignete.«
    Der Lord wandte sich an Mountain. »Woran gab er vor zu sterben?« fragte er.
    »Ich glaube nicht, daß ich Euer Hochwohlgeboren verstehe«, sagte der Händler und unterbrach das Verbinden einiger furchtbarer Frostwunden wie ein Mensch, der sehr überrascht ist.
    Einen Augenblick schien der Lord schweigen zu wollen, aber dann sagte er etwas ärgerlich: »Ich frage Sie, woran er starb. Das ist sicher eine bestimmte Frage.«
    »Ach, ich weiß es nicht«, sagte Mountain, »selbst Hastie wußte es nicht, er schien auf natürliche Weise zu erkranken und dann dahinzusterben.«
    »Das ist es, sehen Sie!« antwortete der Lord und wandte sich an Sir William.
    »Sie sprechen zu tief für mich, mein Lord«, entgegnete Sir William.
    »Nun«, sagte der Lord, »es handelt sich um die Titelnachfolge. Der Titel meines Sohnes kann in Frage gestellt sein, und da der Mann angeblich an einer Krankheitgestorben ist, von der niemand etwas Sicheres aussagen kann, wird viel Argwohn entstehen.«
    »Aber, Gott verdamm' mich, der Mann ist doch beerdigt!« rief Sir William aus.
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete der Lord, qualvoll zitternd, »das glaube ich nicht!« schrie er noch einmal und sprang hoch. »Sah er tot aus?« fragte er Mountain.
    »Ob er tot aussah?« wiederholte der Händler. »Er sah bleich aus. Was soll mit ihm sein? Ich sage Ihnen doch, daß ich die Erdschollen auf ihn geworfen habe.«
    Der Lord ergriff Sir William mit gekrümmter Hand am Rock. »Dieser Mann trägt den Namen meines Bruders«, sagte er, »aber Sie müssen wissen, daß er nie normal war.«
    »Normal?« fragte Sir William, »was soll das heißen?«
    »Er ist nicht von dieser Welt«, flüsterte der Lord, »er nicht und der schwarze Teufel nicht, der ihm dient. Ich habe mein Schwert durch seine Eingeweide gestoßen«, schrie er, »ich habe gespürt, wie der Griff gegen sein Brustbein rieb, das heiße Blut spritzte mir ins Gesicht, immer wieder, immer wieder!« wiederholte er mit einer unbeschreibbaren Geste. »Aber deshalb war er doch nicht tot!« Er seufzte laut, als er das sagte. »Warum soll ich annehmen, daß er jetzt tot ist? Nein, nicht bevor ich ihn verwesen sehe!« schloß er.
    Sir William blickte mich mit langgezogenem Gesicht an, Mountain vergaß seine Wunden und starrte mit offenem Munde auf den Lord.
    »Mein Lord«, sagte ich, »ich wollte, Sie kämen zur Vernunft!« Aber meine Kehle war so trocken und mein eigener Verstand so verwirrt, daß ich nichts weiter hervorbrachte.
    »Nein«, sagte der Lord, »es ist nicht anzunehmen, daß er mich begreift. Mackellar versteht mich, er weiß alles und war dabei, als er früher einmal begraben wurde. Es ist mein treuer Diener, Sir William, dieser Mensch Mackellar, er begrub ihn mit seinen eigenen Händen – er und mein Vater – beim Licht zweier silberner Leuchter. Der andere Mensch ist ein ihm verwandter Geist, er brachte ihn mit sich aus Koromandel. Ich hätte Ihnen das schon längst erzählt, Sir William, aber es sind Familienangelegenheiten.« Diese letzten Bemerkungen machte er in einer Art tieftrauriger Selbstbeherrschung, und die Zeit der Verwirrung schien vorüber zu sein. »Sie können sich selbst die Frage vorlegen, was alles das bedeutet«, fuhr er fort, »mein Bruder wird krank, stirbt und wird begraben, wie man erzählt, und alles scheint sehr klar zu sein. Aber warum lief der Diener zurück? Ich denke, Sie müssen selbst zugeben, daß dieser Punkt aufgeklärt werden muß.«
    »Ich stehe Ihnen in einer halben Minute zu Diensten, mein Lord«, sagte Sir William und erhob sich. »Mr. Mackellar, gestatten Sie mir ein Wort«, und er führte mich aus dem Lager, der Boden krachte unter unsern Schritten, die Bäume standen bereift vom Frost da und streiften uns wie in jener Nacht im Gehölz. »Das ist tatsächlich eine Hundstagsverrücktheit!« sagte Sir William, als wir außer Hörweite gelangt waren.
    »Gewiß«, erwiderte ich, »der Mann ist verrückt, das ist nach meiner Ansicht klar.«
    »Soll ich ihn festnehmen und fesseln?« fragte Sir William. »Ich werde es tun auf Ihre Verantwortung hin. Wenn das alles Phantasien sind, sollte es sicher geschehen.«
    Ich sah zu Boden und blickte zurück zum Lager mit den hellen Feuern und den
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