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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann
Autoren: Lee Child
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sie sie in die Innentaschen ihrer Jacketts steckten, taten sie es so, dass ich ihre Waffen sah. Sie trugen sie in adretten Schulterhalftern. Unter Eliots Achsel erkannte ich den geriffelten Griff einer Glock 17. Duffy hatte eine 19, die weitgehend identisch, aber etwas kleiner war. Die Glock lag eng an ihrer rechten Brust. Sie musste Linkshänderin sein.
    »Wir haben nicht vor, Ihr Zimmer zu durchsuchen«, sagte sie.
    »Wir wollen über ein Autokennzeichen reden«, sagte Eliot.
    »Ich habe kein Auto«, sagte ich.
    Wir standen alle noch unmittelbar hinter der Tür. Eliot hielt seinen Aktenkoffer in der Hand. Ich versuchte herauszufinden, wer von den beiden der Boss war. Vielleicht hatten sie aber auch den gleichen Dienstgrad. Wahrscheinlich einen ziemlich hohen. Sie waren gut gekleidet, wirkten aber etwas müde.
    »Können wir uns setzen?«, fragte Duffy.
    »Klar«, antwortete ich. Aber in einem billigen Hotelzimmer war das nicht so einfach. Es gab nur einen Stuhl. Er war unter einen kleinen Schreibtisch zwischen Wand und Fernsehschrank geschoben. Duffy zog ihn heraus und drehte ihn mit der Sitzfläche zum Bett um. Ich setzte mich aufs Bett, oben bei den Kissen. Eliot hockte sich ans Fußende und legte dort auch seinen Aktenkoffer ab. Er lächelte mich weiter freundlich an. Duffy machte sich gut auf dem Stuhl. Der Rock ihres Kostüms war ziemlich kurz, und sie trug dunkle Nylonstrümpfe, die heller wirkten, wo sie sich über ihren Knien spannten.
    »Sie sind Reacher, stimmt’s?«, erkundigte sich Eliot.
    Ich wandte den Blick von Duffys Beinen ab und nickte.
    »Dieses Zimmer ist an einen gewissen Calhoun vermietet«, sagte er. »Bar bezahlt, nur für eine Nacht.«
    »Gewohnheit«, erwiderte ich.
    »Sie reisen heute ab?«
    »Ich nehme’s jeweils für eine Nacht.«
    »Wer ist Calhoun?«
    »John Quincy Adams’ Vizepräsident«, sagte ich. »Ist mir zu dieser Stadt passend erschienen. Die Präsidenten habe ich längst aufgebraucht. Jetzt nehme ich Vizepräsidenten. Calhoun war ungewöhnlich. Er ist zurückgetreten, um für den Senat zu kandidieren.«
    »Ist er reingekommen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Wozu der falsche Name?«
    »Gewohnheit«, sagte ich wieder.
    Susan Duffy sah mir direkt ins Gesicht. Nicht so, als ob ich verrückt wäre, sondern als ob sie sich für mich interessierte. Wahrscheinlich hatte sie die Erfahrung gemacht, dass das eine brauchbare Vernehmungstaktik war.
    »Wir haben mit einem Militärpolizisten namens Powell gesprochen«, sagte sie. »Sie haben ihn gebeten, einen Fahrzeughalter für Sie ausfindig zu machen.«
    Ihre Stimme klang tief und warm und ein wenig heiser. Ich sagte nichts.
    »Dieses Kennzeichen löst in unseren Computern Alarmsignale aus«, fuhr sie fort. »Gleich nachdem er seine Anfrage eingegeben hat, erfuhren wir davon. Wir haben ihn angerufen und nach dem Grund seines Interesses gefragt. Er hat uns erzählt, Sie hätten sich danach erkundigt.«
    »Widerstrebend, hoffe ich«, warf ich ein.
    Sie lächelte, als hätte sie Mühe, ein Kichern zu unterdrücken. »Er hat sich rasch genug gefangen, um uns eine falsche Telefonnummer zu geben. Der Zusammenhalt in Ihrer ehemaligen Einheit funktioniert also noch.«
    »Aber dann hat er Ihnen doch die richtige Nummer gegeben.«
    »Wir haben ihm gedroht«, sagte sie.
    »Dann haben die Militärpolizisten sich seit meiner Zeit verändert«, entgegnete ich.
    »Die Sache war für uns wichtig«, erklärte Eliot. »Das hat er eingesehen.«
    »Und jetzt sind Sie für uns wichtig«, meinte Duffy.
    Ich hatte in meinem Leben schon viel gehört, aber der Tonfall, in dem sie das sagte, ließ mir einen kleinen Schauder über den Rücken laufen. Wahrscheinlich war sie der Boss, und eine verdammt gute Befragerin.
    »Ein Bürger ruft an und möchte den Besitzer eines Autokennzeichens feststellen lassen«, sagte Eliot. »Wozu würde er das tun? Vielleicht hat der betreffende Wagen ihm einen Kotflügel eingebeult. Vielleicht liegt ein Fall von Fahrerflucht vor. Aber würde er damit nicht zu den Cops gehen? Und Sie haben uns gerade erzählt, dass Sie sowieso kein Auto besitzen.«
    »Also haben Sie vielleicht jemanden im Wagen gesehen«, bemerkte Duffy.
    Den Rest ließ sie unausgesprochen. Daraus ergab sich ein hübsches Dilemma. War die Person in dem Wagen mein Freund, dann war ich vermutlich ihr Feind. War die Person in dem Wagen jedoch mein Feind, dann war sie bereit, meine Freundin zu sein.
    »Habt ihr schon gefrühstückt, Leute?«, fragte ich.
    »Ja«, antwortete
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