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Der Janusmann

Der Janusmann

Titel: Der Janusmann
Autoren: Lee Child
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Lincoln Town Car warten, neben dem zwei Männer standen. Sie sahen auch aus hundert Metern Entfernung nicht gerade wie Chauffeure aus. Chauffeure treten nicht paarweise auf, sind meist auch nicht jung und muskulös und wirken nicht angespannt und wachsam. Diese Kerle waren wohl eher Leibwächter.
    Das Gebäude, vor dem der Lincoln parkte, schien irgendein kleines Studentenwohnheim zu sein. Über seiner massiven Holztür standen griechische Buchstaben. Während ich die Szene beobachtete, ging die schwere Tür auf, und ein hagerer Junge trat ins Freie. Er hatte langes, fettiges Haar, war mager und wie ein Obdachloser gekleidet, führte aber eine Reisetasche bei sich, deren teures Leder glänzte. Einer der Leibwächter passte auf, während der andere die Autotür aufhielt. Der Junge warf seine Reisetasche auf den Rücksitz und rutschte ebenfalls ins Wageninnere. Er schloss die Tür selbst. Der Knall, mit dem sie zufiel, kam schwach und gedämpft bei mir an. Die Leibwächter blickten sich kurz um und stiegen dann beide vorn ein. Im nächsten Augenblick fuhr der Wagen an. Dreißig Meter dahinter rollte ein Fahrzeug des College-Sicherheitsdienstes langsam hinter ihm her – nicht etwa, um eine Kolonne zu bilden, sondern nur zufällig in dieselbe Richtung unterwegs. Es war mit zwei Security-Leuten besetzt. Die beiden hockten tief in ihren Sitzen und wirkten gelangweilt.
    Ich zog die Handschuhe aus, warf sie hinten in meinen Lieferwagen und trat auf die Straße hinaus, um alles besser beobachten zu können. Ich sah den Lincoln mit mäßiger Geschwindigkeit die Zufahrt entlangkommen. Er war schwarz, makellos gepflegt und verfügte über reichlich Chrom. Die Collegecops befanden sich weit dahinter. Der Wagen hielt kurz an dem mit Ornamenten geschmückten Tor, dann bog er links ab und fuhr nach Süden auf den schwarzen Caprice des Kriminalbeamten zu. Auf mich zu.
    Was dann geschah, dauerte acht Sekunden, die mir jedoch nur wie ein Wimpernschlag erschienen.
    Der blassrote Pick-up fuhr zwanzig Meter hinter dem Caprice an. Er beschleunigte stark, schloss zu dem Lincoln auf, zog nach links und holte ihn genau auf Höhe des schwarzen Dienstwagens ein. Dann beschleunigte er noch etwas, und sein Fahrer riss das Lenkrad so nach rechts, dass die Ecke des Rammbügels den Kotflügel des Lincoln genau in der Mitte traf. Der Fahrer des Pick-ups ließ das Lenkrad eingeschlagen und den Fuß auf dem Gaspedal und drängte den Lincoln von der Fahrbahn aufs Bankett ab. Der Lincoln wurde abrupt langsamer und knallte dann frontal an einen Baum. Metall verbog sich kreischend, Scheinwerferglas zersplitterte, und aus dem Kühler stieg eine riesige Dampfwolke auf.
    Die beiden Männer stürmten aus ihrem Pick-up. Sie hatten schwarze Maschinenpistolen, mit denen sie den Lincoln unter Feuer nahmen. Ihr Hämmern war ohrenbetäubend laut, und ich sah die Messinghülsen verschossener Patronen in weitem Bogen auf den Asphalt regnen. Dann erreichten die Kerle die Türen des Lincoln. Rissen sie auf. Einer von ihnen begann den Jungen herauszuzerren. Der andere gab noch einen Feuerstoß auf die Vordersitze ab, griff anschließend mit der linken Hand in seine Tasche und holte so etwas wie eine Handgranate heraus. Warf sie in den Lincoln, knallte die Türen zu, packte seinen Kumpel und den Jungen an den Schultern, drehte sie weg und zwang sie mit sich in die Hocke. Im Wageninneren blitzte eine gleißend helle Detonation auf. Alle Fenster zersplitterten. Obwohl ich über zwanzig Meter entfernt war, nahm ich den Explosionsdruck ganz deutlich wahr. Glassplitter spritzten nach allen Seiten. Dann rappelte sich der Kerl, der die Handgranate geworfen hatte, auf und spurtete zur Beifahrertür des Pick-ups. Der andere stieß den Jungen vor sich her ins Fahrerhaus und zwängte sich hinter ihm hinein. Die Türen wurden zugeknallt, und ich sah den Jungen zwischen den Kerlen eingezwängt auf dem Mittelsitz hocken. Auf seinem Gesicht zeichnete sich Entsetzen ab. Er war vor Schock leichenblass, und trotz der schmutzigen Windschutzscheibe konnte ich erkennen, wie er den Mund zu einem stummen Schrei aufriss. Ich hörte den Motor aufheulen und die Reifen quietschen, und dann kam der Pick-up direkt auf mich zu.
    Der Wagen war ein Toyota. Ich konnte das Wort TOYOTA hinter dem Rammbügel auf der Motorhaube lesen. Er war hochbeinig, und ich sah das große schwarze Differenzial in der Vorderachse. Es hatte die Größe eines Fußballs. Allradantrieb. Riesige Breitreifen. Beulen und
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