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Der indiskrete Roboter

Der indiskrete Roboter

Titel: Der indiskrete Roboter
Autoren: Gerhard Branstner
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betrat. Fredy bemühte sich, einen Schraubenzieher in der rechten Hand und Oskars Kopf unter den linken Arm geklemmt, eine festgefressene Schraube zu lösen, wobei er gottserbärmlich fluchte, während Gustav auf Oskars Brust kniete, aus der er ein dudelsackähnliches und schrecklich jaulendes Gebilde herauszuziehen versuchte.
    Boris starrte auf Kopf, Körper und die umherliegenden Innereien des Roboters, auf die von oben bis unten wie von Wagenschmiere beschmutzten Lotsen und blieb mit offenem Munde stehen.
    Fredy warf Boris Oskars Kopf zu und rief: »Halt mal!«
    Der Cheflotse fing den Kopf auf, konnte aber nicht verhindern, daß er ihm gegen die Brust prallte und einen schwarzen Fleck hinterließ. Boris balancierte den Kopf auf der einen Hand und wischte mit der anderen über den Fleck, der nun noch größer wurde, da auch die Hand bereits schmutzig war. Fredy hatte indessen einen anderen Schraubenzieher aus der Werkzeugkiste gekramt und nahm Boris den Kopf wieder ab, wogegen Gustav ihm das dudelsackähnliche Gebilde in die Hand drückte.
    »Und jetzt beschreib uns mal genau und der Reihe nach«, forderte der Altlotse Boris auf, »was du mit Oskar gemacht hast, vielleicht kommen wir dann auf den wunden Punkt!«
    »Also zuerst«, begann Boris, »habe ich es gütlich versucht, ich meine mit Worten.«
    »Davon kann es nicht sein, also weiter!«
    »Dann habe ich ihn geschüttelt.«
    »Geschüttelt? Wie?«
    »Na, so!« Boris faßte den Altlotsen an den Schultern und demonstrierte es. Als er Gustav losließ, entschuldigte er sich.
    »Wegen dem bißchen doch nicht«, meinte Gustav.
    »Ich meine die Schmiere«, erklärte Boris. »Bevor ich deine Schultern angefaßt habe, waren sie das einzige noch Saubere an dir.«
    »Seid mal still!« rief Fredy den beiden zu, »ich habe Oskars Kopf auf Eigenenergie umgestellt, damit er selbständig funktionieren kann. Wenn er jetzt auch noch stottert, wissen wir, daß der Defekt nicht im Körper zu suchen ist. Oskar, sag mal Boris!«
    »Boboboris!«
    »Noch mal!«
    »Hör auf!« Boris preßte die Hände gegen die Ohren.
    Nachdem der Roboterkopf abermals »Boboboris« gestottert hatte und Boris die Hände herunternahm, kamen zwei schwarze Ohren zum Vorschein. Fredy und Gustav brachen in lautes Gelächter aus.
    »Was soll das nun wieder?« fragte Boris ärgerlich.
    Da er vor Lachen nicht antworten konnte, faßte Gustav Boris bei den Schultern und drehte ihn zum Spiegel. Als er ihn losließ, hatte Boris nun auch noch schwarze Schultern.
    »Entschuldige«, sagte Gustav.
    Boris winkte schweigend ab.
    »Jedenfalls wissen wir jetzt«, sagte Fredy, »daß der Defekt im Kopfe sitzt.«
    Der Altlotse sammelte die verstreuten Innereien auf, um sie Oskar wieder einzuverleiben. »Die separate Kopfprobe hätten wir gleich machen sollen, das hätte uns viel Arbeit erspart.«

    Fredy hörte nicht auf Gustav, er dachte angestrengt nach. »Wenn der Defekt aber im Kopf sitzt, handelt es sich entweder . . .« Er schlug sich gegen die Stirn. »Na klar! Daß ich darauf nicht gleich gekommen bin!«
    »Worauf?«
    »Auf das Kiefergelenk! Durch den Schlag auf den Kopf wurde das Gelenk gestaucht und klemmt folglich. Da muß der arme Kerl ja stottern!«
    »Gar so schlimm kann es ihn da aber nicht getroffen haben«, meinte Gustav, »sonst würde er nicht mal mehr stottern.«
    Boris dankte dem Altlotsen mit einem Blick und half ihm bei der Innenausstattung von Oskars Körper. Fredy hatte Oskars Kopf wieder unter den Arm geklemmt und fuhrwerkte mit dem Schraubenzieher im aufgerissenen Rachen. Dann bewegte er den Unterkiefer probeweise auf und ab, betätigte kräftig den Ölgeber, bewegte nochmals den Kiefer und rief:
    »Das hätten wir!«
    Gustav und Boris hatten indessen das Ihre getan und richteten jetzt Oskars Körper auf. Fredy schraubte den Kopf auf und schaltete den Roboter an.
    »Und jetzt sag: Boris!«
    »Boris!«
    »Na bitte«, rief Fredy triumphierend, »er ist wieder heil! Und nun sing uns was!«
    Der Roboter stimmte die Müllerslust an, die Lotsen fielen ein und marschierten, einer hinter dem anderen, im Kreise herum.
    Als Sara die Station betrat, um die Lotsen zum Fest zu bitten, blieb ihr die Sprache weg. Die Lotsen hörten zu singen auf und blickten Sara mit ihren schmutzverschmierten Gesichtern betreten an. Sara konnte das im Ernst nicht ertragen und brach in ein ungeheures Gelächter aus. Die Lotsen schlossen sich ungesäumt an und rissen die Mäuler in ihren schwarzen Gesichtern auf, was ihnen ein
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