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Der indiskrete Roboter

Der indiskrete Roboter

Titel: Der indiskrete Roboter
Autoren: Gerhard Branstner
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dem Altlotsen ihre Berechnungen in die Hand. »Der ursprüngliche Zeitplan ist nicht mehr einzuhalten. Aber wenn er nicht mehr als um zwei Stunden überzogen wird, ist die Inbetriebnahme des Leuchtturms noch möglich, ohne daß alles ein zweites Mal vorbereitet werden muß.«
    »Das hast du dir hübsch ausgedacht«, sagte Gustav, nachdem er Saras Plan geprüft hatte, »fragt sich nur, ob wir das Steuersystem rechtzeitig flottkriegen. Wir wissen ja nicht einmal, wodurch es ausgefallen ist.«
    »Wir müssen den Versuch wagen. Was macht es schon, wenn er mißlingt?«
    »Nichts, außer daß wir die Blamierten sind. Oskar, was hast du uns da eingebrockt!«
    »Der Automat als Sündenbock, auch eine Form der Vermenschlichung«, meinte Sara lachend. »Dabei wissen wir noch gar nicht, ob der Ausfall des Steuersystems ursächlich mit der Havarie im Energieposten zusammenhängt.«
    »Irgendwas hängt immer zusammen«, sagte Gustav.
    »Das ist wahrer, als du selber weißt.«
    »Was weiß ich nicht?«
    »Daß Oskars Einbruch im Energieposten mit deinem Geburtstag zusammenhängt. In Wahrheit wollte der Roboter die Mappe nicht holen, um Fredy den Weg zu ersparen, sondern um sie zu verstecken.«
    «Wie kommst du darauf?«
    »Er hat es Fredy gestanden.«
    »Und was hat das mit meinem Geburtstag zu tun?«
    »Oskar wollte verhindern, daß dir die Installation des Leuchtturms den Geburtstag verdirbt. Er dachte, das Unternehmen wird, wenn die Unterlagen verschwunden sind, für heute abgeblasen. Da er kein Geschenk zu deinem Geburtstag hatte, wollte er dir den Tag selbst schenken.«
    »Das ist ja wirklich rührend«, sagte Gustav und machte sich auf, die Lotsenrakete, kurz Lorak genannt, für den Start vorzubereiten.
     
    Daß der Jeep nach seiner Auseinandersetzung mit der Tür des Energiepostens noch fuhr, war das reine Wunder. Zwar gab der Wagen, als Fredy ihn auf Touren brachte, ziemlich seltsame Geräusche von sich, kam aber auf die volle Geschwindigkeit.
    »Es muß einen Zusammenhang geben!« rief Boris, der sich mit Oskar auf den Rücksitz geklemmt hatte, und zog einen Schemaplan aus der roten Mappe. Er fuhr mit dem Finger auf dem Längsschnitt des Leuchtturms hin und her, verhielt an einem bestimmten Punkte und rief plötzlich: »Stop!«
    Fredy erschrak und hielt den Wagen ruckartig an, so daß Boris mit dem Finger durch den Plan stieß.
    »Das ist der Punkt!« rief Boris. »Vielleicht kann uns Oskar mit seiner neuen Potenz helfen.« Er hielt dem Roboter den Plan vor die Nase und zeigte auf die durchstoßene Stelle. »Was sagst du dazu?«
    »Da ist ein Loch«, stellte der Roboter sachlich fest.
    »Ich habe ihm den Würfelzucker rausgenommen«, erklärte Fredy und fischte mit zwei Fingern in der Hosentasche. »Da, wenn du ihn wieder einsetzen willst.«

    Boris machte Oskar neuerlich zum Illegalen und erklärte ihm die Aufgabe. Der Roboter besah sich jetzt den Längsschnitt systematisch, wies dann wie Boris auf die durchstoßene Stelle und sagte: »Da ist der einzige Punkt, wo der Stromkreis der Eigenversorgung des Leuchtturms und der vom Energieposten gespeiste Stromkreis in Kontakt kommen können.«
    Boris klopfte Oskar auf die Schulter. »Ich wußte doch, du kriegst es raus!«
    »Das hätte ich auch ohne Würfelzucker herausbekommen«, sagte Oskar.
     
    Da der Raketenhangar im See errichtet worden war — nur das obere Drittel der Anlage ragte aus dem Wasser —, kam Gustav, als er die Lorak startklar machen wollte, in der Nähe des von Fredy gebauten Anglersitzes vorbei. Und obwohl der Altlotse nur den geringsten Teil davon sehen konnte, begriff er sofort, daß da ein Geburtstagsgeschenk für ihn stand. Er überzeugte sich davon, daß niemand ihn beobachten konnte, und lief zu der Anlage hin, sprang auf den Steg und setzte sich in den Sessel.
    »Sehr hübsch und sehr bequem!« rief Gustav begeistert aus. Und um sich vollends zu versichern, daß der Sitz allen Anforderungen entsprach, zündete sich der Altlotse ein Pfeifchen an und nahm die Haltung ein, in der er gewöhnlich zu rauchen beliebte. Der Sessel bewährte sich auch jetzt. Gustav überkam ein ungemein behagliches Gefühl. Eben da hörte er aus der Westentasche seinen Namen rufen. Gustav schrak auf und zog das Minifunkgerät hervor.
    »Bist du es, Sara?«
    »Ich habe mit der Obersten Raumbehörde gesprochen«, erklärte Sara ohne Umschweife, »alle Vorkehrungen für die Inbetriebnahme des Leuchtturms laufen weiter. Allerdings nur bis Punkt 18 Uhr. Wenn wir es bis dahin
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