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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Autoren: Lars Kepler
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gewesen, dass er immer noch einen glücklichen Nachgeschmack hinterlässt. Er passiert einen Operationssaal, geht an den Türen der riesigen Druckkammer vorbei, grüßt eine Krankenschwester und lässt in Gedanken nochmals Revue passieren, was ihm der Kriminalkommissar am Telefon erzählt hat: Ein Junge blutet, hat Schnittwunden am ganzen Körper, schwitzt, will nicht liegen bleiben, ist rastlos und sehr durstig. Man versucht ihn anzusprechen, aber sein Zustand verschlechtert sich rapide. Sein Bewusstsein schwindet, während das Herz gleichzeitig rast, und die behandelnde Ärztin Daniella Richards trifft die völlig richtige Entscheidung, der Kriminalpolizei jeden Zugang zu ihrem Patienten zu verwehren.
    Vor der Tür zu Station N  18 stehen zwei uniformierte Polizisten. Erik meint einen Anflug von Besorgnis auf ihren Gesichtern entdecken zu können, als er sich ihnen nähert. Vielleicht sind sie auch nur müde, denkt er, als er vor ihnen stehen bleibt und sich ausweist. Sie werfen einen kurzen Blick auf seine Papiere und drücken anschließend den Knopf, sodass die Tür surrend aufschwingt.
    Erik geht hinein, gibt Daniella Richards die Hand und bemerkt den angespannten Zug um ihren Mund, den gezügelten Stress in ihren Bewegungen.
    »Nimm dir einen Kaffee«, sagt sie.
    »Reicht die Zeit dafür?«, fragt Erik.
    »Ich habe die Blutung in der Leber unter Kontrolle«, antwortet sie.
    Ein Mann von etwa fünfundvierzig Jahren in einer Jeans und einem schwarzen Jackett steht vor dem Kaffeeautomaten und klopft gegen das Gehäuse. Er hat wild zerzauste blonde Haare, und seine Lippen sind ernst, zusammengepresst. Erik überlegt, dass er Daniellas Mann Magnus sein könnte. Er ist ihm noch nie begegnet, hat nur das Foto in ihrem Büro gesehen.
    »Ist das dein Mann?«, fragt Erik und deutet in seine Richtung.
    »Bitte?«
    Sie wirkt gleichzeitig amüsiert und erstaunt.
    »Ich dachte, Magnus wäre vielleicht mitgekommen.«
    »Nein«, lacht sie.
    »Bist du sicher? Ich kann ihn ja mal fragen«, scherzt Erik und geht auf den Mann zu.
    Daniellas Handy klingelt, und sie klappt es lachend auf.
    »Erik, lass das«, sagt sie, ehe sie sich das Telefon ans Ohr hält und sich meldet. »Daniella.«
    Sie lauscht, hört aber nichts.
    »Hallo?«
    Sie wartet ein paar Sekunden und beendet den Anruf dann ironisch mit dem hawaiianischen Gruß »Aloha«, ehe sie das Tele­fon wieder zuklappt und Erik folgt, der zu dem blonden Mann geht. Der Kaffeeautomat brummt und zischt.
    »Trinken Sie einen Kaffee«, sagt der Mann und versucht, Erik den Kaffeebecher in die Hand zu drücken.
    »Nein, danke.«
    Der Mann nippt an dem Kaffee und lächelt mit Grübchen in den Wangen.
    »Schmeckt gut«, sagt er und versucht erneut, Erik den Becher aufzudrängen.
    »Ich möchte keinen.«
    Der Mann trinkt noch einen Schluck und sieht Erik dabei an.
    »Könnte ich mir Ihr Handy ausborgen?«, fragt er plötzlich. »Wenn das okay ist. Ich habe meins im Auto liegen gelassen.«
    »Und jetzt wollen Sie sich meins leihen?«, fragt Erik reserviert.
    Der blonde Mann nickt und sieht ihn mit hellen Augen an, die grau sind wie polierter Granit.
    »Sie können meins haben«, wirft Daniella ein.
    »Danke.«
    »Nichts zu danken.«
    Der blonde Mann nimmt das Telefon entgegen, sieht es an und begegnet ihrem Blick.
    »Ich verspreche Ihnen, dass Sie es zurückbekommen«, sagt er.
    »Sie sind ohnehin der Einzige hier, der es benutzt«, scherzt sie.
    Er lacht und zieht sich ein wenig von den beiden zurück.
    »Das muss dein Mann sein«, sagt Erik.
    Sie schüttelt lächelnd den Kopf und sieht auf einmal sehr müde aus. Sie hat sich die Augen gerieben und silbergraues Kajal auf ihrer Wange verschmiert.
    »Soll ich mir jetzt den Patienten ansehen?«, fragt Erik.
    »Von mir aus gern«, nickt sie.
    »Wenn ich schon einmal hier bin«, beeilt er sich zu sagen.
    »Erik, ich möchte wirklich deine Meinung hören, ich bin unsicher.«
    Sie öffnet die schwere, leise Tür, und er folgt ihr in den warmen Raum neben dem Operationssaal. In einem Bett liegt ein schlaksiger Junge. Zwei Krankenschwestern verbinden seine Wunden neu. Es handelt sich um Dutzende Schnitt- und Stichwunden am ganzen Körper. Unter den Füßen, an Brust und Bauch, im Nacken, mitten auf dem Kopf, im Gesicht, an den Händen.
    Sein Puls ist schwach, aber sehr schnell. Die Lippen sind aluminiumgrau, er schwitzt, und seine Augen sind fest geschlossen. Die Nase scheint gebrochen zu sein. Unter der Haut breitet sich ein Bluterguss wie eine
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