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Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören

Titel: Der Hypnotiseur - Kepler, L: Hypnotiseur - Hypnotisören
Autoren: Lars Kepler
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Anja Larsson zu grüßen. Sie sitzt mit halb geöffnetem Mund vor dem Computer, und ihr kugelrundes Gesicht ist so konzentriert, dass er beschließt, sie lieber nicht zu stören. Stattdessen geht er in sein Büro, hängt den nassen Mantel an die Tür, schaltet den Adventsstern im Fenster ein und sieht flüchtig den Inhalt seines Fachs durch: ein Rundschreiben zum Thema Arbeitsatmosphäre, ein Vorschlag zur Verwendung von Energiesparlampen, eine Anfrage der Staatsanwaltschaft und eine Einladung des Betriebsrats zum Weihnachtsbüfett im Restaurant des Freilichtmuseums Skansen.
    Joona verlässt sein Büro, geht ins Besprechungszimmer, setzt sich an seinen Stammplatz, packt sein Brot aus und isst.
    Auf dem großen Whiteboard an der Längswand steht: Kleidung, Körperschutzausrüstung, Waffen, Tränengas, Kommunikationsmittel, Fahrzeuge, sonstige technische Hilfsmittel, Kanäle, Stationssignale, Funkkontaktzeiten, Funkstille, Codes, Verbindungskontrolle.
    Petter Näslund bleibt im Flur stehen, lacht selbstzufrieden und lehnt sich mit dem Rücken zum Besprechungszimmer in den Türrahmen. Petter ist ein muskulöser und glatzköpfiger Mann von etwa fünfunddreißig Jahren. Er ist Erster Hauptkommissar, was ihn zu Joonas direktem Vorgesetzten macht. Seit Jahren flirtet er mit Magdalena Ronander, ohne ihre peinlich berührten Blicke und ihre ständigen Versuche zu bemerken, einen nüchtern kollegialen Ton anzuschlagen. Magdalena ist seit vier Jahren Kriminalinspektorin in der Fahndungsabteilung und hat sich das Ziel gesteckt, ihr Jurastudium noch vor ihrem dreißigsten Geburtstag abzuschließen.
    Jetzt senkt Petter die Stimme, löchert Magdalena mit Fragen zur Wahl ihrer Dienstwaffe und will wissen, wie oft sie den Lauf wechselt, weil das Profil abgenutzt ist. Ohne seinen plumpen Zweideutigkeiten Beachtung zu schenken, erklärt sie, über abgefeuerte Schüsse genauestens Buch zu führen.
    »Aber du stehst doch bestimmt auf diese dicken Dinger – oder?«, sagt Petter.
    »Nein, eigentlich nicht, ich benutze eine Glock 17 «, antwortet sie. »Die schluckt jede Menge von der 9 -Millimeter-Armeemunition.«
    »Benutzt du keine tschechischen …«
    »Doch, schon … aber lieber m 39 B«, sagt sie.
    Die beiden betreten das Besprechungszimmer, setzen sich auf ihre Plätze und begrüßen Joona.
    »Außerdem hat die Glock neben Kimme und Korn noch einen Kompensator«, fährt sie fort. »Der Rückstoß wird auf ein Minimum reduziert, und man kommt schneller zum nächsten Schuss.«
    »Und was meint unser Mumintroll dazu?«, erkundigt sich Petter.
    Joona lächelt sanft, und seine hellgrauen Augen werden eisig klar, als er Petter mit seinem singenden finnischen Akzent antwortet:
    »Dass das alles keine Rolle spielt, entscheidend sind ganz andere Dinge.«
    »Du hast es also nicht nötig, schießen zu können«, grinst Petter.
    »Joona ist ein guter Schütze«, wirft Magdalena Ronander ein.
    »Gut in allem«, seufzt Petter.
    Magdalena ignoriert Petter und wendet sich stattdessen Joona zu.
    »Der größte Vorteil der kompensierten Glock besteht darin, dass man im Dunkeln keine Pulvergase vor der Mündung sieht.«
    »Stimmt genau«, sagt Joona leise.
    Sie wirkt gut gelaunt, als sie ihre schwarze Ledermappe öffnet und in ihren Papieren blättert. Benny kommt herein, setzt sich, sieht alle an, haut mit der flachen Hand fest auf die Tischplatte und lächelt anschließend breit, als Magdalena Ronander ihm ­einen gereizten Blick zuwirft.
    »Ich habe den Fall in Tumba übernommen«, erklärt Joona.
    »Welcher Fall ist das?«, fragt Petter.
    »Eine komplette Familie ist durch Messerstiche ermordet worden«, antwortet Joona.
    »Das geht uns nichts an«, sagt Petter.
    »Ich denke, es könnte sich um einen Serienmörder handeln oder zumindest …«
    »Jetzt hör aber auf«, unterbricht Benny Joona, sieht ihm in die Augen und schlägt nochmals mit der flachen Hand auf den Tisch.
    »Das war doch bloß eine Abrechnung«, fährt Petter fort. »Darlehen, Schulden, Wetten … Auf der Trabrennbahn kannte ihn jeder.«
    »Spielsucht«, bestätigt Benny.
    »Er hat sich vor Ort Geld im kriminellen Milieu geliehen und dafür die Quittung bekommen«, erklärt Petter abschließend.
    Es wird still. Joona trinkt einen Schluck Wasser, pickt ein paar Krümel vom Tisch auf und steckt sie sich in den Mund.
    »Ich habe die richtige Nase für diesen Fall«, beharrt er gedämpft.
    »Dann wirst du dich wohl versetzen lassen müssen«, sagt Petter grinsend.
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