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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
Autoren: Jonas Jonasson
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Schalterbeamten im Reisezentrum Malmköping. Während er den armen Julius unbarmherzig durchschüttelte, wiederholte er seine Frage, wo Allan sich versteckt halte. Dieser fand, dass der junge Mann sich doch damit zufriedengeben könnte, seinen Koffer wiedergefunden zu haben, welcher deutlich sichtbar mitten im Zimmer stand. Julius verzog zwar das Gesicht, sagte aber keine Silbe. Dieser alte Holzhändler war ja aus einem wirklich harten Holz geschnitzt, dachte Allan. Dann sah er sich auf dem Flur nach einem passenden stumpfen Gegenstand um. In dem ganzen Gerümpel fanden sich einige durchaus zweckmäßige Waffen: ein Kuhfuß, ein Brett, eine Dose Insektenspray und eine Packung Rattengift. Im ersten Moment blieb sein Blick am Rattengift hängen, aber ihm fiel keine Möglichkeit ein, wie er dem jungen Mann ein bis zwei Esslöffel davon verabreichen sollte. Der Kuhfuß hingegen war für den Hundertjährigen zu schwer, und das Insektenspray … nein, ihm blieb nur das Brett.
    Also packte Allan die Waffe seiner Wahl und war mit vier für sein Alter sensationell schnellen Schritten direkt hinter seinem Opfer.
    Dieses musste geahnt haben, dass Allan hinter ihm stand, denn gerade als der Alte zum Schlag ausholte, ließ der junge Mann Julius Jonsson los und fuhr herum.
    Das Brett traf ihn mit voller Wucht an der Stirn. Einen Moment blieb er noch aufrecht stehen und stierte in die Luft, ehe er rücklings zu Boden fiel und sich den Hinterkopf noch am Küchentisch anschlug.
    Kein Blut, kein Stöhnen, nichts. Er lag einfach nur da, die Augen mittlerweile geschlossen.
    »Volltreffer«, gratulierte Julius.
    »Danke«, sagte Allan. »Sag mal, hattest du mir nicht einen Nachtisch versprochen?«
    Allan und Julius setzten sich an den Küchentisch, während der langhaarige junge Mann zu ihren Füßen schlummerte. Julius goss ihnen zwei Schnäpse ein, reichte Allan das eine Glas und prostete ihm mit dem anderen zu. Allan prostete zurück.
    »So!«, sagte Julius, als er den Fusel gekippt hatte. »Ich schätze mal, es handelt sich hier um den Besitzer des Koffers?«
    Die Frage war eher eine Feststellung. Allan sah ein, dass es Zeit für die eine oder andere detailliertere Erklärung war.
    Nicht, dass es so viel zu erklären gegeben hätte. Das meiste, was im Laufe des Tages passiert war, kapierte Allan ja selbst kaum. Aber er schilderte auf jeden Fall, wie er aus dem Heim ausgerissen war, fuhr mit der zufälligen Entwendung des Koffers im Reisezentrum Malmköping fort und schilderte zum Schluss seine schleichende Sorge, dass der junge Mann, der jetzt ohnmächtig auf dem Boden lag, ihn bald aufspüren würde. Um sich schließlich aufrichtig dafür zu entschuldigen, dass Julius jetzt mit knallroten, schmerzenden Ohren dasaß. Doch da regte sich sein Gastgeber geradezu auf und meinte, Allan bräuchte sich wahrhaftig nicht dafür zu entschuldigen, dass in Julius Jonssons Leben endlich mal so richtig was los war.
    Julius war auch schon wieder in Form. Und er fand, jetzt sei es an der Zeit, dass sie beide mal einen Blick in diesen Koffer warfen. Als Allan ihn darauf hinwies, dass er abgeschlossen war, bat ihn Julius, kein dummes Zeug daherzureden.
    »Seit wann hätte ein Schloss einen Julius Jonsson aufhalten können?«, fragte Julius Jonsson.
    Doch alles zu seiner Zeit, fand er. Zunächst sollten sie sich lieber um das Problem auf dem Boden kümmern. Es wäre ja wenig vorteilhaft, wenn der junge Mann aufwachte und da weitermachte, wo er aufgehört hatte, als ihm die Lichter ausgingen.
    Allan schlug vor, ihn an einen Baum vor dem Bahnhofsgebäude zu fesseln, doch Julius wandte ein, dass man den jungen Mann bis in den Ort hören würde, wenn er wieder zu Bewusstsein kam und nur laut genug schrie. Dort wohnten zwar nur noch ein paar Familien, aber die hatten Julius – zum Teil aus durchaus berechtigten Gründen – allesamt auf dem Kieker und würden sich sicher bei erstbester Gelegenheit auf die Seite des jungen Mannes schlagen.
    Julius hatte eine bessere Idee. An seine Küche schloss sich ein isolierter Kühlraum an, in dem er seine Wildererbeute lagerte, also die zerlegten Elche. Momentan war dieser Raum elchfrei und abgeschlossen. Julius wollte die Kühlung nicht unnötig laufen lassen, da sie Unmengen von Strom verbrauchte. Er hatte zwar heimlich eine Leitung angezapft – Gösta vom Skogstorp-Hof bezahlte seine Rechnung –, aber wenn er sich dieses vorteilhafte Arrangement langfristig sichern wollte, musste er beim Stromstehlen schon
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