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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
Autoren: Jonas Jonasson
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Der Wartesaal des Reisezentrums war ebenfalls fast leer, als Allan in seinen Pantoffeln hereingeschlurft kam. Aber nur fast. Mitten im Saal standen zwei Bankreihen mit den Rücken zueinander. Alle Plätze frei. Rechts befanden sich zwei Schalter, von denen der eine geschlossen war, während hinter dem anderen ein mageres Männchen mit einer kleinen runden Brille saß, mit seitlich gescheiteltem, schütterem Haar und einer Uniformweste. Er blickte gequält von seinem Computerbildschirm auf, als Allan die Halle betrat. Vielleicht fand er ja, dass heute Nachmittag einfach viel zu viel los war – wie Allan gerade bemerkt hatte, war er nämlich doch nicht der einzige Reisende im Saal. Tatsächlich stand in einer Ecke ein schmächtiger junger Mann mit langen, fettigen blonden Haaren, struppigem Bart und einer Jeansjacke mit der Aufschrift Never Again auf dem Rücken.
    Offensichtlich war der junge Mann des Lesens unkundig, denn er stand vor der Behindertentoilette und zerrte an der Klinke, als würde ihm das knallgelbe Schild mit der schwarzen Aufschrift »Gesperrt« nichts sagen.
    Wenig später wechselte er jedenfalls zur Toilettentür nebenan, aber dort stand er vor dem nächsten Problem. Anscheinend wollte sich der junge Mann nicht von seinem großen grauen Koffer auf Rollen trennen, doch für beide auf einmal war die Toilette zu klein. Allan erkannte sofort, dass der Mann den Koffer entweder draußen lassen musste, während er seine Notdurft verrichtete, oder hineinbugsieren, während er selbst draußen blieb.
    Doch Allan konnte keine größere Anteilnahme an den Sorgen des jungen Mannes aufbringen. Stattdessen bemühte er sich, die Füße zu heben, so gut es ging, während er an den geöffneten Schalter trippelte und sich bei dem kleinen Beamten erkundigte, ob es wohl irgendein Verkehrsmittel gäbe, das in den nächsten Minuten in irgendeine beliebige Richtung abfuhr, und was es in dem Fall wohl kosten mochte.
    Der Schalterbeamte sah müde aus. Und er musste irgendwann mitten in Allans Ausführungen den Faden verloren haben, denn nach kurzer Bedenkzeit erkundigte er sich:
    »Und welches Reiseziel hatten Sie dabei im Sinn?«
    Allan setzte neu an und erinnerte das Männchen daran, dass er das Reiseziel und somit auch die Streckenführung als untergeordnet betrachtete und größeren Wert auf a) Abfahrtszeit und b) Kostenpunkt legte.
    Der kleine Mann schwieg wieder ein paar Sekunden, während er in seine Tabellen glotzte und Allans Worte verdaute.
    »Bus 202 fährt in drei Minuten nach Strängnäs. Passt Ihnen das?«
    Ja, befand Allan, das sei durchaus passend, woraufhin man ihn informierte, dass besagter Bus von der Haltestelle gleich vor der Eingangstür abfuhr und dass es wohl am geschicktesten wäre, die Fahrkarte direkt beim Busfahrer zu lösen.
    Allan fragte sich im Stillen, was der kleine Mann wohl hinter diesem Schalter zu suchen hatte, wenn er keine Fahrkarten verkaufte, sprach die Frage aber nicht aus. Vielleicht fragte sich der kleine Mann hinter seinem Schalter ja genau dasselbe. Also bedankte Allan sich einfach für die Hilfe und versuchte, zum Gruß noch den Hut zu lüften, den er in der Eile des Aufbruchs nicht mitgenommen hatte.
    Der Hundertjährige setzte sich auf eine der zwei leeren Bankreihen, mit seinen Gedanken allein. Die verdammte Jubiläumsfeier im Heim sollte um drei Uhr beginnen, bis dahin waren es noch zwölf Minuten. Demnächst würden sie also an Allans Zimmertür klopfen, und dann war die Hölle los, so viel stand fest.
    Der Jubilar lächelte in sich hinein, während er aus dem Augenwinkel jemanden näher kommen sah. Es war der schmächtige junge Mann mit den langen, fettigen blonden Haaren, dem struppigen Bart und der Jeansjacke mit der Aufschrift Never Again auf dem Rücken. Er steuerte direkt auf Allan zu, seinen großen Koffer auf den vier kleinen Rollen im Schlepptau. Allan war sofort klar, dass er Gefahr lief, sich mit dem Langhaarigen unterhalten zu müssen. Doch das war ihm im Grunde gar nicht mal unrecht, denn auf diese Art konnte er doch mal einen Einblick bekommen, wie die Jugend von heute so über allerlei Themen dachte.
    In der Tat entspann sich ein Dialog, wenn auch kein ganz so anspruchsvoller. Der junge Mann blieb ein paar Meter vor ihm stehen, schien den alten Mann kurz prüfend zu mustern und sagte dann:
    »Heyhörnsemal.«
    Allan antwortete freundlich, dass er ihm ebenfalls einen guten Tag wünsche, und erkundigte sich, ob er ihm mit irgendetwas dienen könne. Und so war
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