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Der Hund des Todes

Der Hund des Todes

Titel: Der Hund des Todes
Autoren: Agatha Christie
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Er war so sicher gewesen – so völlig sicher. Es geschah nicht oft, dass seine Intuition ihn täuschte.
    »Sie waren es bestimmt nicht?«, fragte er hartnäckig.
    »Nein, bestimmt nicht.«
    Sie machten kehrt und gingen langsam auf das Haus zu. Charlotte schien irgendetwas zu beschäftigen. Auf seine wenigen Bemerkungen antwortete sie nur zerstreut.
    Plötzlich sagte sie leise und hastig: »Es – es ist wirklich merkwürdig, dass Sie nach diesen Buchstaben fragten. Ich habe sie natürlich nicht geschrieben, aber – ich hätte es sehr leicht tun können.«
    Er blieb stehen und sah sie an, und sie fuhr rasch fort: »Es klingt albern, ich weiß, aber ich hatte Angst, so schreckliche Angst, und als Sie gestern Abend kamen, schien mir das wie – wie eine Antwort zu sein.«
    »Wovor haben Sie Angst?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie wissen es nicht?«
    »Ich glaube, es ist das Haus. Seit wir eingezogen sind, ist diese Angst in mir gewachsen und gewachsen. Alle scheinen irgendwie verändert. Vater, Mutter und Magdalen, alle sind anders.«
    Cleveland antwortete nicht sofort, und dann sprach Charlotte auch schon weiter: »Wissen Sie, dass es in diesem Haus angeblich spukt?«
    »Was?« Sein Interesse wurde immer größer.
    »Ja, ein Mann hat hier seine Frau ermordet, vor – oh, es ist schon einige Jahre her. Wir haben es erst erfahren, als wir schon hier wohnten. Vater sagt, Gespenster seien nichts als Unsinn, aber ich – ich weiß nicht…«
    Cleveland überlegte schnell. »Sagen Sie«, fragte er sachlich, »wurde der Mord in dem Zimmer verübt, in dem ich heute Nacht schlief?«
    »Darüber weiß ich nichts«, antwortete Charlotte.
    »Wäre es möglich – «, sagte Cleveland halb zu sich selbst. »Ja, so könnte es gewesen sein.«
    Sie sah ihn verständnislos an.
    »Miss Dinsmead«, sagte Cleveland freundlich, »hatten Sie je Anlass zu glauben, dass Sie über mediale Fähigkeiten verfügen?«
    Sie starrte ihn nur wortlos an.
    »Ich denke, Sie wissen, dass Sie gestern Abend dieses SOS geschrieben haben. Ganz unbewusst, natürlich. Ein Verbrechen verunreinigt gewissermaßen die Atmosphäre. Das kann sich auf einen empfindsamen Menschen wie Sie so auswirken. Sie haben die Gefühle und die Eindrücke des Opfers nachvollzogen. Vor vielen Jahren schrieb vielleicht jene Frau SOS auf die Tischplatte, und Sie haben gestern Abend nur wiederholt, was sie damals tat.«
    Charlottes Gesicht hellte sich auf. »Ich verstehe«, sagte sie. »Glauben Sie wirklich, das ist die Erklärung?«
    Jemand rief aus dem Haus nach ihr, und sie ging hinein, während Cleveland seinen Spaziergang durch den Garten fortsetzte. War er mit dieser Lösung zufrieden? Schloss sie alle Tatsachen ein, die er kannte? Erklärte sie auch die Spannung, die er gestern Abend beim Betreten des Hauses gespürt hatte?
    Vielleicht, und doch hatte er noch immer das sonderbare Gefühl, dass sein plötzliches Erscheinen fast so etwas wie Bestürzung ausgelöst hatte. »Ich darf mich von solchen übersinnlichen Erklärungen nicht irreführen lassen«, dachte er. »Sie mag für Charlotte zutreffen, aber nicht für die anderen. Mein Auftauchen hat sie schrecklich aufgeregt, alle außer Johnnie. Was es auch ist, Johnnie ist nicht daran beteiligt.«
    Davon war er fest überzeugt. Merkwürdig, dass er es so sicher wusste, doch so war es nun einmal.
    In diesem Augenblick tauchte der Junge aus dem Haus auf und kam dem Gast entgegen. »Das Frühstück ist fertig«, sagte er verlegen. »Kommen Sie bitte mit rein.«
    Cleveland fiel auf, dass Johnnie fleckige und verfärbte Finger hatte. Der Junge bemerkte seinen Blick und lachte leise.
    »Ich spiele dauernd mit Chemikalien herum, wissen Sie«, sagte er. »Es macht meinen Vater manchmal ziemlich wütend. Ich soll Maurer lernen, aber ich möchte Chemie studieren und in die Forschung gehen.«
    Mr Dinsmead erschien an dem Fenster vor ihnen, breit, wohlwollend lächelnd, und bei seinem Anblick erwachten in Cleveland wieder Misstrauen und Feindseligkeit. Mrs Dinsmead hatte schon am Tisch Platz genommen. Sie wünschte ihm mit ihrer farblosen Stimme »guten Morgen«, und wieder hatte er den Eindruck, dass sie sich aus irgendeinem Grund vor ihm fürchtete.
    Magdalen kam als letzte herein. Sie nickte ihm kurz zu und setzte sich ihm dann gegenüber. »Haben Sie gut geschlafen?«, fragte sie plötzlich. »War das Bett bequem?«
    Sie sah ihn sehr ernst an, und als er ihre Fragen höflich bejahte, merkte er, dass so etwas wie der
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