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Der Hintermann

Der Hintermann

Titel: Der Hintermann
Autoren: Daniel Silva
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einer von ihnen ist Raschid al-Husseini.«
    »Wissen Sie das bestimmt?«
    »Schießen Sie, Adrian.«
    Carter griff nach dem Telefon, das ihn mit dem Predator-Kontrollzentrum verband, aber Gabriel legte ihm eine Hand auf den Arm.
    »Was ist los?«, fragte Carter.
    »Nichts«, sagte Gabriel. »Sie sollen nur noch einen Augenblick warten.«
    Er starrte die Wanduhr an. Dreißig Sekunden später nickte er und sagte: »Jetzt!« Carter gab den Befehl weiter, und der Daihatsu verschwand in einem weißen Lichtblitz. Einige Angehörige des Raschidistan-Teams begannen zu applaudieren, aber Carter saß mit den Händen vor dem Gesicht da, ohne etwas zu sagen.
    »Das habe ich schon hundertmal gemacht«, sagte er nach längerer Pause, »aber mir wird jedes Mal wieder schlecht dabei.«
    »Er hatte den Tod verdient – allein schon wegen Nadia.«
    »Wieso fühle ich mich dann so schlecht?«
    »Weil das Ende niemals sauber oder clever oder zukunftsorientiert ist, auch wenn man den Schießbefehl in einem Raum auf der anderen Seite der Welt erteilt.«
    »Wieso haben Sie mich warten lassen?«
    »Sehen Sie sich die Zeit im Jemen an.«
    Die Lenkwaffe war um 10.03   Uhr Ortszeit detoniert – in der Minute, in der United Airlines Flight 93 auf einem Feld bei Shanksville, Pennsylvania, aufgeschlagen war, statt wie vermutlich beabsichtigt die Kuppel des Kapitols in Washington, D.C., zu treffen. Carter sagte nichts mehr. Seine rechte Hand zitterte.
    Danach war nur noch eine letzte Frage offen. Letztendlich wurde sie geklärt durch eine simple geschäftliche Transaktion: fünf Millionen Dollar für einen Namen. Geliefert wurde er von Faisal Qahtani, Schamrons altem Informanten in der saudischen GID. Passenderweise wurden die fünf Millionen auf ein Konto bei der Filiale Zürich der TransArabian Bank überwiesen.
    Sie stellten die Zielperson unter Beobachtung und debattierten wochenlang darüber, was mit ihr geschehen solle. Aus dem fernen Tiberias am See Genezareth kam Schamrons Anweisung, nur eine biblische Strafe sei angemessen. Aber Uzi Navot konnte sich gegen ihn durchsetzen, was seinen wachsenden Einfluss bewies. Gabriel hatte fast sein Leben dafür geopfert, das Verhältnis zu den Amerikanern wieder zu verbessern, und Navot dachte nicht daran, dieses Kapital durch ein unkluges Geheimunternehmen im Herzen der US-Hauptstadt zu verschleudern. Außerdem, sagte er, würde der King Saul Boulevard seinen eigenen Wert noch mehr steigern, wenn er den Amerikanern den Namen eines Verräters nannte.
    Navot wartete bis zu seinem nächsten offiziellen Besuch in Washington, bevor er Adrian Carter den Namen zuflüsterte. Als Gegenleistung wollte er nur eine Bitte erfüllt haben, was Carter ihm sofort zugestand. Er sagte, das sei das Mindeste, was sie tun könnten.
    FBI-Agenten übernahmen die Überwachung des Verdächtigen und machten sich daran, aufgezeichnete Telefongespräche, Kreditkartenunterlagen und PC-Festplatten auszuwerten. Schon bald hatten sie mehr als genug Belastungsmaterial zusammengetragen, um den nächsten Schritt zu tun. Sie entsandten ein Flugzeug nach Cornwall. Dann brachten sie am Pfahl eines braunen Holzschilds am MacArthur Boulevard eine Kreidemarkierung an und warteten.
    Die Kreidemarkierung hatte Kreuzform. Das machte Ellis Coyle neugierig, denn dies war das erste Mal, dass sie benutzt worden war. Sie bedeutete, dass sein Führungsoffizier dringend auf einem sofortigen Treff bestand. Der war riskant – jeder direkte Kontakt zwischen Spion und Agentenführer war potenziell gefährlich –, aber zugleich stellte er eine seltene Gelegenheit dar.
    Coyle rieb die Markierung mit der Schuhspitze weg und betrat mit Lucy, die gehorsam bei Fuß blieb, den Battery Kemble Park. Heute blieb der Neufundländer angeleint, weil Coyle sich nicht traute, ihn von der Leine zu lassen. Erst vor Kurzem hatte eine verbitterte Witwe aus Spring Valley ihn zur Rede gestellt, weil er Lucys Hinterlassenschaft nicht aufgesammelt hatte. Sie hatte ihm mit einer Beschwerde bei der Parkverwaltung, vielleicht sogar einer Anzeige bei der Polizei gedroht. Das Letzte, was Coyle brauchen konnte, waren Scherereien mit der Polizei – nicht jetzt, nur wenige Wochen vor seinem Eintritt in den Ruhestand. Er gelobte Besserung und begann heimlich zu planen, wie er den widerlichen kleinen Kläffer der Witwe vergiften würde.
    Es war kurz nach einundzwanzig Uhr, und die Lichtung am Ende des Pfades lag in anbrechender Dunkelheit. Ein Blick zu den Picknicktischen hinüber
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