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Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel

Titel: Der Hexer - NR45 - Der abtrünnige Engel
Autoren: Verschiedene
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Die Fremden hatten sie nur bewußtlos geschlagen. Ihre Lippe war aufgeplatzt und begann anzuschwellen. Ich schüttelte Sill ein paarmal sanft und rief ihren Namen.
    Mit einem leisen Schrei fuhr sie hoch. Einen Herzschlag lang blickte sie mich verwirrt an, dann verzerrte sich ihr Gesicht zu einer Grimasse aus Furcht und Schrecken. Sie riß sich aus meinem Griff los, sprang auf und hob drohend ihr Schwert.
    »Verschwinden Sie!« schrie sie. »Verschwinden Sie, oder ich töte Sie!«

    * * *

    Das Zimmer war abgedunkelt, aber selbst durch die dicken Vorhänge drang noch gedämpftes Licht herein. Schatten tanzten an den Wänden, die ein wenig zu stofflich waren, um allein durch die Abwesenheit von Licht hervorgerufen zu werden. Die Schatten näherten sich langsam, aber beständig der jungen, wach in einem Bett liegenden Frau, ohne Furcht in ihr zu erwecken.
    Sie wußte nicht, wo sie sich befand. Sie wußte nicht einmal, wer sie war. Man hatte irgend etwas mit ihr getan, ihr etwas eingeflößt, aber sie begriff nicht, was um sie herum vorging. Seit Stunden lag sie reglos da, mit geöffneten Augen, den Blick in weite Ferne gerichtet. Man hätte sie für tot halten können, wenn sich nicht die Bettdecke im Rhythmus schwacher, aber regelmäßiger Atemzüge heben und senken würde.
    Dann, von einer Sekunde zur anderen, rissen die Nebel auf, die sich um ihren Verstand gelegt hatten, ohne daß es einen erkennbaren Anlaß dafür gab.
    »Robert«, flüsterte sie, und ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Grimasse. Sie wußte nicht, warum sie ausgerechnet diesen Namen nannte. Es gab nichts, was sich in ihrer Erinnerung damit verband.
    Und doch rief schon der alleinige Klang des Wortes Haß in ihr hervor. Einen grenzenlosen, unmenschlichen Haß, für den es keine Begründung gab, der sie jedoch quälte, als wäre der Name eigens zu dem Zweck, erfunden worden, ihr Pein zuzufügen.
    Ihr Name lautete Priscylla, und sie befand sich in einem privaten Sanatorium außerhalb von London, darin erschöpfte sich ihr Wissen. Viele Männer in weißen Kitteln – Ärzte, wie ihr nun bewußt wurde – hatten sich lange mir ihr beschäftigt, allen voran Dr. Jackson, ein noch junger Arzt mit einem sympathischen, offenen Gesicht. Er hatte ihr einen Trunk eingeflößt, woraufhin sie in diese Dämmerwelt zwischen Schlafen und Wachen geglitten war.
    Etwas war mit ihr geschehen, hatte sich in ihre Gedanken eingeschlichen, und nun endlich hatte es die Schatten in ihrer Seele vertrieben. Priscylla begriff, daß sie krank gewesen war, sich im Griff von etwas Fremdem, Bösartigem befunden hatte, das nun überwunden war.
    Der Widerschein eines grellen Blitzes drang durch die Vorhänge und tauchte das Zimmer für einen Sekundenbruchteil in fast taghelles Licht.
    Als wäre der Blitz ein Signal gewesen, spürte Priscylla, wie erneut etwas Fremdartiges nach ihren Gedanken griff. Sie kämpfte mit aller Kraft dagegen an, aber die fremde Kraft war stärker. In rasendem Tempo begann sich die Umgebung zu verändern. Es war fast, als ob eine unbekannte Macht in die Realität hineingreifen und diese verändern würde; eine neue Art der Wahrnehmung, die nur die Ausgeburt eines schrecklichen Fiebertraumes sein konnte.
    Priscylla sah eine junge Frau, die kaum älter als sie selbst war. Das Gesicht der Frau blieb seltsam unscharf und konturlos, aber sie war sich sicher, es noch niemals zuvor gesehen zu haben. Die Fremde befand sich auf der Flucht. Immer wieder wandte sie den Kopf nach einem ebenso undeutlich erkennbaren Verfolger um, während sie von panischer Angst getrieben durch die nächtlichen Straßen hetzte. Irgendwann erreichte der Mann sie und schleuderte sie zu Boden. Ein Blitz flammte auf und beleuchtete die gespenstische Szene.
    Im gleichen Moment zerrissen die Schatten, die das Gesicht des Verfolgers verhüllt hatten.
    Priscylla fuhr in ihrem Bett hoch und stieß einen gellenden Schrei aus. Wenige Sekunden später griffen starke Hände nach ihr und preßten sie auf das Bett zurück.
    Aber sie schrie noch immer. Und sie hörte auch nicht auf. Erst als die gleichen Hände, die sie hielten, eine dünne Nadel in ihre Vene stießen und ihr ein beruhigendes Medikament injizierten, beruhigte sie sich.
    Sehr langsam.

    * * *

    Jennifer glaubte, wahnsinnig zu werden.
    Die Gestalt des Mannes war stämmig und groß, seine ganze Haltung drückte eine geradezu animalische Wildheit aus. Die Züge seines Gesichts waren grob und ungeschlacht, auf entsetzliche Art in sich
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