Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York

Titel: Der Hexer - NR32 - Der Koloss von New York
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
Tiefe verschwand, dann glättete sich das Wasser, und von der kupfernen Lady war keine Spur mehr zu sehen.
    Trotzdem blieb ich noch einen Moment wassertretend auf der Stelle stehen, ehe ich mich herumdrehte und mit mühsamen Zügen auf das Boot zusteuerte, das bereits ein gutes Stück weit fort war.
    Mit einem Male schienen meine Arme und Beine mit Blei gefüllt, und die wenigen Yards, die ich normalerweise mit zwei, drei kräftigen Schwimmstößen überwunden hätte, schienen kein Ende zu nehmen. Als ich das Boot schließlich erreichte, fehlte mir selbst die Kraft, mich an Bord zu ziehen. Mel ließ seine Ruder fahren, packte mich unter den Achseln und fiel um ein Haar selbst aus dem Boot bei dem Versuch, mich zu sich hereinzuziehen.
    Irgendwie gelang es mir schließlich doch, zu ihm und Howard ins Boot zu kommen. Einen Moment blieb ich liegen, rang mühsam nach Atem und wartete, daß der Hafen und der nächtliche Himmel aufhörten, sich wie wild um mich zu drehen. Dann richtete ich mich auf, beugte mich über den Rand des Bootes und spuckte einen Teil des Hektoliters Hafenwasser, den ich geschluckt hatte, dorthin zurück, wo er hergekommen war. Erst dann fühlte ich mich kräftig genug, mich zusammen mit Howard und Mel um Rowlf zu kümmern.
    Selbst zu dritt schafften wir es kaum, ihn in die winzige Nußschale zu ziehen. Unser Boot kippte um ein Haar um, und Howard fiel nicht um ein Haar, sondern ganz konkret ins Wasser und kämpfte sich fluchenderweise wieder heraus, ehe wir Rowlf endlich in Sicherheit bringen konnten.
    Er lebte, hatte das Bewußtsein jetzt vollends verloren und atmete sehr unregelmäßig, aber tief. Howard untersuchte ihn, so gut er konnte, antwortete auf meinen fragenden Blick aber nur mit einem besorgten Schulterzucken. »Ich kann nicht feststellen, was ihm fehlt«, sagte er leise: »Möglicherweise ist er nur erschöpft.«
    »Oder er hat schwere innere Verletzungen«, antwortete ich. »Dieser lebende Schraubstock kann ihm sämtliche Rippen gebrochen haben.« Ich deutete mit einer heftigen Kopfbewegung auf das Ufer. »Rudere uns zurück, Mel. Wir müssen Rowlf zu einem Arzt bringen.«
    Mel griff auch gehorsam nach den Riemen, führte die Bewegung aber nicht zu Ende, denn Howard legte ihm mit einer überhastet wirkenden Geste die Hand auf den Unterarm und drückte kurz zu. »Nein«, sagte er.
    »Nein?« Mel wirkte mehr als irritiert.
    »Was soll das heißen?« fragte ich.
    »Das soll heißen, daß wir keine Zeit dafür haben«, sagte Howard hart. »Wir müssen hinüber nach Liberty Island. Und zwar sofort. Wir brauchen Stunden, wenn wir jetzt zurückrudern, ganz davon abgesehen, daß man uns auf der Stelle verhaften wird. Bis dahin kann es zu spät sein.«
    »Zu spät wofür?« fragte ich scharf. »Zu spät, Rowlfs Leben zu retten?«
    Meine Worte taten mir im gleichen Moment bereits wieder leid, denn ich sah, wie sehr sie Howard trafen. »Irgendetwas Schreckliches wird geschehen«, sagte er. »Ich weiß nicht, was, aber ich fühle es. Du nicht auch?«
    Natürlich spürte ich es. Es gehörte wohl kein besonderes magisches Talent dazu, den Atem des Bösen zu spüren, der wie eine Pestwolke über der Stadt lag. Vermutlich hatten in dieser Nacht sehr viele New Yorker schlechte Träume.
    Und wenn wir es nicht verhinderten, flüsterte eine kleine, böse Stimme in meinen Gedanken, dann würden eine Menge von ihnen nicht mehr daraus aufwachen...
    Eine Zeitlang – nur ein paar Sekunden, die mir aber wie Ewigkeiten vorkamen – blickte ich auf Rowlfs blasses Gesicht herab. Dann sah ich auf, blickte Mel an und deutete in den Nebel, dorthin, wo Liberty Island und die Statue liegen mochten.
    »Kannst du uns hinrudern, Mel?« fragte ich. »Trotz des Nebels?«
    Mel antwortete nicht.
    Aber einen Moment später griff er mit beiden Händen nach den Rudern und begann zu pullen.

    * * *

    Es war sehr kalt hier oben. Der Wind, der unten auf dem Wasser nur unangenehm gewesen wäre, war hier schneidend, und der Nebel, der bis auf den Strand hinaufgekrochen war, umspielte unheimlich den Rocksaum der gigantischen Statue aus Kupfer und Stahl. Es sah aus, als wären der Hafen und die Stadt verschwunden, als stünde die Statue auf einer Wolke, dicht unter dem Himmelsgewölbe, zu dem sie den rechten Arm emporreckte. Dann und wann bewegte sich etwas in diesem Nebel; etwas, das ganz und gar nicht dort hineingehörte und das fester und materieller wurde, mit jedem Moment, der verging.
    Das Mädchen wußte, was es war, denn es
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher