Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Titel: Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
schüttelte Bowland den Kopf. »Der Junge ist doch noch gar nicht solange weg. Dich bedrückt was ganz anderes. Spuck es schon aus, gemeinsam finden wir bestimmt eine Lösung. Was ist los? Irgendwas mit Annie?«
    Gedankenverloren nahm Hank Jackson die Karten auf und ordnete sie mechanisch, ohne sie wirklich zu sehen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schüttelte dann aber nur den Kopf und preßte die Lippen wieder zusammen. Was hätte er schon sagen sollen? Er wußte ja nicht einmal, woher seine Unruhe stammte.
    Bowland musterte ihn einige Sekunden lang ernst, dann senkte er den Blick wieder. »Wie du willst«, murmelte er und spielte seine erste Karte aus.
    Ohne jede Anteilnahme spielte Hank Jackson mit. Es war nur die Gewohnheit, die ihn die Karten legen ließ; seine Gedanken huschten mit der Emsigkeit von Ameisen durch seinen Geist, ohne daß er zu einem Ergebnis kam. Das Gefühl der Bedrohung war noch immer da, stärker sogar als zuvor, aber er bekam es nicht in den Griff, konnte seine Ursache nicht ergründen. Es war eben nicht mehr als nur ein Gefühl, eine vage Angst, deren Schatten ihn einhüllte, ohne seine wahre Natur zu erkennen zu geben. Immer wieder irrte sein Blick zur Uhr.
    »Zum Teufel, das ist nicht normal«, sagte er, nachdem einige Minuten zähflüssig verronnen waren. Er warf die Karten auf den Tisch. »Es ist etwas passiert. In der Zeit kann er die Fabrik ja dreimal von vorne bis hinten durchlaufen.«
    Er sprang so heftig auf, daß der wackelige Holzstuhl nach hinten fiel. Das Krachen, mit dem er auf den steinernen Boden polterte, hallte wie ein Kanonenschuß von den Wänden des engen Raumes wider.
    »Du hast recht«, pflichtete Bowland ihm zu seiner Überraschung bei. »Bill ist schon zu lange weg. Das gefällt mir nicht. Es ist wohl besser, wenn einer von uns nachsieht, wo er steckt.«
    Die Furcht sprang Hank Jackson mit der Wucht eines Raubtieres an. Der Gedanke, allein durch die menschenleeren, dunklen Fabrikhallen zu gehen, erfüllte ihn mit einen namenlosen Grauen, das wie ein schleichendes Gift durch seine Adern kroch und ihn lähmte. Mit einem Mal war all sein Mut verschwunden, und zurück blieb nur eine Angst, wie er sie seit seiner Kindheit nicht mehr gespürt hatte. Etwas Namenloses, unsäglich Grauenvolles erwartete ihn hinter der dünnen Holztür, etwas, das nur darauf wartete, daß er sie öffnete und...
    Er taumelte und mußte sich am Tisch abstützen. Bowland ergriff seinen Arm und riß ihn wieder in die Realität zurück. Was waren das für Gedanken? Zum Teufel – er war ein erwachsener Mann und kein zitterndes Kleinkind mehr, das Angst vor der Dunkelheit hatte. Die einzige Gefahr, die ihn bedrohte, hatte Namen und Gesicht, und der Name lautete Carringham. Der aber würde kaum hinter der Tür kauern.
    »Was ist mit dir?« fragte Bowland und ließ seinen Arm wieder los. Jackson straffte sich in übertriebener Weise, als könne er die finsteren Visionen auf diese Art abschütteln.
    »Es geht schon wieder«, sagte er. Er bemühte sich, seiner Stimme einen energischen Klang zu verleihen, sah seinen älteren Freund kurz an, konnte aber dem prüfenden Blick nicht standhalten. Er griff, zornig auf sich selbst, nach seiner Laterne, entzündete sie und wandte sich übertrieben hastig zur Tür um. Aber noch während er die Hand nach der Klinke ausstreckte, zögerte er wieder. Die Angst war nicht fort. Im Gegenteil. Sie hatte sich zurückgezogen, ein winziges Stückchen, aber sie war da, finster, lauernd und eisig. Sie wartete auf ihn. Sie wartete in der Dunkelheit jenseits der Tür. Sein Herz raste.
    »Warum kommst du nicht mit?« fragte er. Mühsam unterdrückte er das Zittern in seiner Stimme. Seine Hände wurden feucht.
    »Unsinn«, antwortete Bowland grob. »Was soll Bill denken, wenn er zurückkommt und wir verschwunden sind? Einen kleinen Kontrollgang wirst du wohl noch allein machen können.«
    Bowlands Ruhe wurde nur noch durch seine phlegmatische Faulheit übertroffen. Im Laufe der Jahre hatte Hank Jackson sich daran gewöhnt, aber jetzt erfüllte sie ihn mit Groll und einer unterschwelligen Wut. Schweigend preßte er die Lippen zusammen und riß die Tür auf. Entschlossen trat er über die Schwelle.
    Etwas Glitschiges streifte ihn, berührte ihn am ganzen Körper gleichzeitig mit einer unglaublichen Kälte, die nicht von dieser Welt stammte.
    Hank Jackson schrie auf und prallte zurück.
    Genauer gesagt, er wollte es. Es gelang ihm nicht. Eine unglaubliche Kraft hielt ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher