Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen

Titel: Der Hexer - NR23 - Im Netz der toten Seelen
Autoren: Verschiedene
Vom Netzwerk:
hätte in furchtsameren Gemütern den unbedingten Wunsch wachgerufen, auf der Stelle ins nächsterreichbare Mauseloch zu kriechen.
    »Dieser Fetzen ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben wurde«, brüllte er unbeherrscht. Seine Stimme erinnerte mich lebhaft an das dumpfe Grollen eines Vulkans. »Das ist sozialistische Schmierpropaganda, aber nichts, worüber sich vernünftige Menschen unterhalten können. Zehn-Stunden-Tag, eine Lohnsteigerung um zehn, zehn Prozent – ha! – eine Küche, die mittags warmes Essen umsonst anbietet und eine Verdreifachung der Sicherheitsvorkehrungen, besonders in der Färberei«, zitierte er die Punkte, die ich verlangt hatte. »Das können Sie sich sonstwohin stecken!«
    Seine ungehemmte Wut ließ mich kalt. Im Gegenteil, je mehr er sich aufregte, desto ruhiger wurde ich. Ich wußte, daß ich am längeren Hebel saß, und ich war gewillt, meine Machtposition auszuspielen, denn ich war in diesen Augenblicken der Fürsprecher für hunderte zerlumpter Arbeitssklaven, die sich unter unmenschlichen Bedingungen für den Gewinn der Gesellschaft zu Tode schufteten.
    »Sie haben vergessen, das Recht zur Gründung einer Gewerkschaft zu erwähnen«, sagte ich freundlich. »Aber das macht ja nichts. Es steht ja schließlich in dem Verhandlungspapier. Ich werde nicht eine Handbreit von meinen Forderungen abweichen.«
    Crombers Gesicht lief rot an. Er wollte erneut lospoltern, und einen Moment lang fürchtete ich schon, er würde auf mich losgehen, aber dann fing er einen warnenden Blick Carringhams auf. Mit einem wütenden Schnauben ließ er sich wieder in seinen Sessel zurückfallen. Das Möbelstück ächzte protestierend auf unter seinem Gewicht.
    »So kommen wir doch nicht weiter«, mischte sich Coleman in das Gespräch ein. Er strich sich über seine straff zurückgekämmten schwarzen Haare. »Ich glaube, es gibt eine Basis, auf der wir uns alle verständigen können. Wir wollen durch unsere Aktien an der ATC Geld verdienen, und zwar so viel wie möglich.«
    »Entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche«, sagte ich. »Das mag Ihr oberstes Ziel sein. Ich gebe zu, daß ich mit Geld auch nicht gerade auf Kriegsfuß stehe, aber im Gegensatz zu Ihnen interessiert es mich sehr wohl, unter welchen Umständen ich es verdiene. Ich nehme an, es ist sinnlos, wenn ich Ihnen schildere, unter welchen Bedingungen die Menschen schuften, und an Ihr Mitgefühl appelliere. Es ist wohl auch sinnlos, wenn ich an das Unrecht erinnere, das Sie ihnen allein in den letzten Jahren zugefügt haben.«
    »Worte, nichts als Worte«, schnaubte Cromber. »Reden Sie nicht lange herum, sondern sagen Sie, was Sie meinen. Vielleicht kommen wir dann zu einer Einigung.«
    »Ich erinnere nur an den Streik von 1884«, sagte ich scharf. Allein bei der Erinnerung daran, was man mir über die Ereignisse vor zwei Jahren berichtet hatte, fühlte ich eine dumpfe Wut in mir aufsteigen. »Es ging um eine Lohnerhöhung von lächerlichen zwei Prozent. Sie waren es doch, der damals Regierungstruppen angefordert hat, die den Streik brechen sollten, Mr. Carringham.« Ich deutete auf den Gesellschafter, der unruhig auf seinem Sessel hin und her rutschte.
    »Die Streikenden drohten, die ganze Produktion lahmzulegen«, versuchte er unsicher zu erklären. Er schien endlich zu merken, daß keineswegs alles so lief, wie er es sich vorgestellt hatte.
    »Ja, so wie ich es heute tue. Wollen Sie nicht auch jetzt Truppen zu Hilfe rufen?« fragte ich böse. »Die Soldaten haben damals ja ganze Arbeit geleistet. Sie haben ein Massaker unter der Bevölkerung angerichtet. Wieviele Tote gab es doch gleich? Zwei oder drei Dutzend? Von dem Güterzug, der die Menschen niedergewalzt hat, die die Bahnlinie blockierten, gar nicht zu sprechen.«
    »Hören Sie auf«, hauchte Cromber. Sein Gesicht zeigte eine unnatürliche Blässe, und selbst das fanatische Funkeln in seinen Augen schien erloschen zu sein. Kraftlos hatte er sich zurückgelehnt, hing mehr in dem Sessel, als daß er saß, und starrte ins Leere. »Hören Sie auf!« wiederholte er noch einmal, aber diesmal schrie er die Worte. Zugleich hämmerte er mit den Fäusten auf die Sessellehnen, bis plötzlich alle Kraft aus ihm zu weichen schien, und er sich wieder zurücklehnte. Nur seine Augen glühten in einem unheiligen Feuer, das ihn von innen heraus zu verzehren schien.
    »Das gehört doch alles der Vergangenheit an«, versuchte Whiteless die Situation zu überspielen.
    Ich hatte das Gefühl, man
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher