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Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert

Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert

Titel: Der Hexer - NR15 - Wo die Nacht regiert
Autoren: Verschiedene
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sagte Lawrence. »Wird sie das? Und wie äußert sich diese... Unruhe?«
    Stayley antwortete nicht direkt auf seine Frage, sondern blickte einen Moment aus dem Fenster, wo sich das Mondlicht auf den schwarzen Felsen der Steilküste wie auf poliertem Stahl spiegelte. »Wir sollten nur einen Tag in dieser Bucht bleiben, Sir«, murmelte er. »Jetzt ist es fast eine Woche.«
    »Unser genauer Befehl lautet, so lange hierzubleiben, bis wir Nachricht von Kapitänleutnant Spears bekommen«, sagte Lawrence, strenger, als vielleicht nötig gewesen wäre. Er konnte Stayley nur zu gut verstehen, und erst recht die Mannschaft. Die kleine, halb hinter einer vorspringenden Felsnase verborgen liegende Bucht, nur wenige Meilen nördlich von Aberdeen, war ein vorzügliches Versteck, selbst für einen Kreuzer von der Größe der KING GEORGE. Von See aus war sie praktisch unsichtbar, und die mächtigen Felsbarrieren schützten das Schiff selbst vor dem schlimmsten Sturm. Aber es war etwas... Lawrence suchte vergeblich in Gedanken nach einer passenden Bezeichnung... etwas Unheimliches an dieser Bucht Die lotrechten, vollkommen schwarzen Felsen strahlten selbst bei Tage etwas Düsteres aus, und Lawrence hatte sie ein paarmal schon mit steingewordener Nacht verglichen.
    Trotzdem sagte er: »Wir sind nicht hier, um uns zu amüsieren, Mister Stayley, sondern weil wir einen Befehl ausführen. Und wenn irgendein Mitglied der Mannschaft anderer Auffassung sein sollte, dann schicken Sie es zu mir. Ich werde dem Betreffenden gerne den Unterschied zwischen einem Seemann und einem Mitglied der Marine Ihrer Majestät erklären.«
    Stayley erbleichte, nickte beinahe übertrieben hastig und drehte sich auf dem Absatz herum, um die Brücke zu verlassen. Aber er machte nur einen einzigen Schritt, und auch nur, um sofort wieder stehenzubleiben und aus zusammengekniffenen Augen auf den schmalen Ausschnitt offenen Meeres zu blicken, der zwischen den zyklopischen Felsen sichtbar war.
    »Was haben Sie?« fragte Lawrence.
    »Ich... weiß nicht, Sir«, antwortete Stayley. »Für einen Moment dachte ich, ich hätte etwas gesehen.«
    »Dort draußen?« Lawrence trat neben ihn, runzelte die Stirn und blickte ebenfalls in die dunstiggraue Dämmerung hinaus. Es dauerte einen Moment, aber dann sah er es auch.
    Es war nicht mehr als ein Schatten, ein gewaltiges, körperloses Etwas, das in unbestimmbarer Entfernung hinter der grauen Nebelwand aufgetaucht war, aber es war zu deutlich, um eine bloße Täuschung sein zu können.
    »Was ist das, Sir?« fragte Stayley verstört.
    Statt einer Antwort wandte sich Lawrence um, holte seinen Feldstecher und trat erneut an die Scheibe. Aber seltsamerweise wurde der Schatten nicht deutlicher, als er durch das Glas sah.
    »Ich weiß es nicht«, gestand er schließlich. Er senkte das Glas, biß sich nachdenklich auf die Lippen und starrte dann wieder in die graue Unendlichkeit hinaus. Irgend etwas am Anblick dieses monströsen... Dinges berührte ihn, berührte ihn auf sehr unangenehme Art und Weise, ohne daß er das Gefühl irgendwie begründen konnte.
    »Es ist viel zu groß für ein Schiff«, murmelte Stayley. In seiner Stimme war ein Beben, das Lawrence aufhorchen ließ. Alarmiert senkte er sein Glas ein zweites Mal und sah seinen Adjutanten an. Stayley starrte aus weit aufgerissenen Augen in den Nebel hinaus. Sein Gesicht war bleich, und Lawrence sah, daß sich seine Hände zu Fäusten geballt hatten und zitterten. Er spürt es auch! dachte er erschrocken.
    »Unsinn, Leutnant«, sagte er streng. »Was soll es anderes sein als ein Schiff? Vielleicht ein Seeungeheuer oder der fliegende Holländer?« Er lachte, aber es klang gepreßt und nicht sehr überzeugend. »Rufen Sie die Offiziere auf die Brücke, Mister Stayley. Und dann beordern Sie die Freiwachen zurück. Wir nehmen Fahrt auf. Ich möchte mir dieses sonderbare Schiff aus der Nähe betrachten.«
    Stayley nickte nervös und eilte zur Tür, aber Lawrence rief ihn noch einmal zurück. »Noch etwas, Mister Stayley«, sagte er, zögernd und beinahe gegen seinen Willen. »Geben Sie Befehl, daß der Maat volle Gefechtsbereitschaft anordnen soll. Sicher ist sicher«, fügte er mit einem nervösen Lächeln hinzu.

    * * *

    Das Wasser war so kalt, daß ich für ein paar Sekunden ernsthaft befürchtete, erfrieren zu müssen. Meine Muskeln waren wie gelähmt, und die Luft, die aus dem Tank auf meinem Rücken strömte, schien wie flüssiges Feuer in meiner Kehle zu brennen. Ich sank,
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