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Der Hexer - NR05 - Die Chrono-Vampire

Der Hexer - NR05 - Die Chrono-Vampire

Titel: Der Hexer - NR05 - Die Chrono-Vampire
Autoren: Verschiedene
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raschen Schritten zur Tür und verließ das Zimmer.
    Ich hatte das sichere Gefühl, daß er nicht nur hinausgegangen war, um neue Zigarren zu holen; wahrscheinlich wollte er ein paar Minuten in Ruhe darüber nachdenken, wie er mir am besten den Wind aus den Segeln nehmen konnte. Wäre es nach mir gegangen, dann wären wir jetzt schon an Bord eines Schnellseglers, der uns zurück nach Amerika bringen würde.
    Aber es ging nicht nach meinem Willen, und Howard trug nicht einmal Schuld daran, auch wenn ihm die Entwicklung sicherlich ganz gelegen kam. Während der letzten anderthalb Wochen hatte er es mit beinahe übernatürlichem Geschick verstanden, mir auszuweichen, mich zu vertrösten oder irgendwelche furchtbar wichtigen Dinge vorzuschützen, nur um diesem Gespräch aus dem Wege zu gehen.
    In den ersten Tagen war ihm dies sehr leicht gemacht worden – das Haus hatte sich in einen Bienenkorb verwandelt, in dem ein ununterbrochenes Kommen und Gehen geherrscht hatte. Eine halbe Hundertschaft von Scotland-Yard-Beamten war über uns hergefallen, und während der ersten fünf Tage war ich kaum zum Schlafen gekommen, geschweige denn, daß ich eine freie Minute gefunden hätte, mit Howard zu reden.
    Jetzt war es vorbei. Irgendwie hatten es Howard und Dr. Gray – der echte Dr. Gray, den Howard mit einem Blitztelegramm herbeizitiert hatte – fertiggebracht, meinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen; wenigstens vorerst.
    Nicht, daß die Angelegenheit vollkommen erledigt gewesen wäre – wir hatten eine kleine Verschnaufpause bekommen, mit den üblichen Auflagen: die Stadt nicht zu verlassen, jederzeit zur Verfügung zu stehen und so weiter. Die polizeiliche Untersuchung würde weitergehen, so lange, bis ein Verantwortlicher gefunden oder die Akten als unerledigt abgelegt wurden. Der erste Fall würde nie eintreten, und auf den zweiten konnten wir Jahre warten, mit etwas Pech.
    Wieder suchte mein Blick wie von selbst die mächtige Standuhr in der gegenüberliegenden Ecke. Sie wirkte bedrohlich und finster, ein grauer, hölzerner Obelisk, der nur darauf wartete, erneut mit aller Macht zuzuschlagen.
    Ich stand auf, näherte mich der Uhr mit vorsichtigen, kleinen Schritten und streckte die Hand nach dem rissigen Holz ihrer Seitenwand aus. Mein Herz schlug ein wenig schneller, obwohl ich wußte, daß – zumindest im Augenblick – keine Gefahr mehr von diesem... Ding ausging.
    Trotzdem bildete ich mir ein, ein unangenehmes, helles Kribbeln in den Fingerspitzen zu spüren, als ich das Holz berührte. Vor meinem inneren Auge sah ich die Tür sich öffnen, und dahinter war plötzlich nicht mehr das komplizierte Laufwerk der vier unterschiedlichen Zifferblätter, sondern die monotonen schwarzen Wogen eines mitten in der Bewegung erstarrten Ozeans, ein krankes, böses Land, beschienen von einem bleichen Schädelmond...
    Mit einem Ruck zog ich die Hand zurück und preßte die Lider zusammen, so fest, daß blitzende Punkte vor meinen Augen auftauchten. Trotzdem dauerte es endlose Sekunden, bis die Vision verblaßte und mein Herz aufhörte, wie rasend zu schlagen.
    Ich wandte mich um, atmete ein paarmal erzwungen tief und langsam durch und versuchte jeden Gedanken an die GROSSEN ALTEN, an Necron und seine Drachenkrieger aus meinem Gehirn zu vertreiben.

    * * *

    Als ich zu meinem Platz am Tisch zurückgehen wollte, fiel mein Blick auf einen kleinen Gegenstand unter Howards Stuhl. Neugierig bückte ich mich danach, hob ihn auf und erkannte einen abgegriffenen amerikanischen Paß. Howards Paß.
    Er mußte ihm aus der Tasche gefallen sein, als er die Jacke ausgezogen und über den Stuhl gehängt hatte. Ich schüttelte den Kopf, öffnete sein Jackett und schob den Ausweis wieder in die Innentasche des schwarzen Rockes.
    Der Paß fiel durch die Tasche, die innen ausgerissen sein mußte, glitt mit einem seidigen Schleifen bis an den unteren Saum der Jacke und fiel durch einen Riß im Futter erneut auf den Teppich.
    Jedenfalls sah es so aus. Das einzige, was diesen Eindruck störte, war die Tatsache, daß ich den Paß noch gar nicht losgelassen hatte, sondern noch immer zwischen Daumen und Zeigefinger hielt...
    Verwirrt zog ich die Hand wieder hervor, starrte einen Moment unschlüssig auf das zerknickte blaue Passepartout in meinen Fingern, dann auf das auf dem Teppich, hob es schließlich auf und drehte die beiden Pässe in den Händen.
    Es dauerte einen Moment, bis mir bewußt klar wurde, was meinem Unterbewußtsein schon im ersten Moment
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