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Der Hexer - NR02 - Der Seelenfresser

Der Hexer - NR02 - Der Seelenfresser

Titel: Der Hexer - NR02 - Der Seelenfresser
Autoren: Verschiedene
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Meine überreizten Nerven gaukelten mir Schritte und helle, mühsame Atemzüge vor, Schatten, die am oberen Ende der Treppe auftauchten und sich hastig wieder zurückzogen...
    Plötzlich blieb Howard abermals stehen, hob die Hand und runzelte die Stirn. »Du hattest recht, Robert«, sagte er leise. »Hier stimmt etwas nicht.«
    Ich sah ihn fragend an. Wieder glaubte ich schlurfende Schritte zu hören, und wieder tauchte ein Schatten über uns auf und verschwand wieder.
    Dann begriff ich, daß es nicht nur eingebildete Schritte waren; so wenig, wie ich mir den Schatten einbildete. Wir waren nicht allein.
    Howard hob warnend die Hand an die Lippen, griff unter seinen Gehrock und förderte einen kurzläufigen Revolver zutage. Obwohl er den Hahn mit der Linken abdeckte, als er ihn spannte, klang das Knacken wie ein Kanonenschuß in meinen Ohren. Wie zur Antwort schlurften wieder Schritte über uns. Diesmal schienen sie sich zu entfernen.
    Auf Zehenspitzen schlichen wir weiter, erreichten die nächste Etage und blieben am Fuße der Treppe stehen. Die Schritte waren jetzt ganz deutlich zu hören – schnell, schleifend und ungleichmäßig, als liefe dort oben jemand unruhig auf und ab, aber jemand, der einen Fuß nachzog.
    Das war die eine Möglichkeit, dachte ich bedrückt.
    Die andere war, daß dieser – wer immer dort oben auf uns wartete – keine Füße hatte, die er nachschleifen konnte, sondern mörderische Tentakeln, und daß...
    Ich weigerte mich, den Gedanken weiterzudenken und nahm, dicht gefolgt von Howard, der mir mit entsicherter Waffe den Rücken deckte, die letzten Stufen in Angriff. Ich hatte das ungute Gefühl, daß uns der Revolver nicht allzuviel nutzen würde gegen die Wesen, die dort oben auf uns lauerten. Trotzdem war es ein beruhigender Gedanke, nicht vollkommen schutzlos zu sein.
    Wir erreichten die dritte Etage, blieben stehen und sahen uns aufmerksam um. Es war dunkel hier oben; durch die schmutzverkrusteten Fenster an den beiden entgegengesetzten Enden des Ganges drang nur wenig Licht. Die Luft war voller Staub, der in der Kehle brannte und alles hinter einem wirbelnden grauen Schleier verbarg.
    Trotzdem sah ich die Spuren sofort.
    Es waren zwei Reihen ungleichmäßiger, nebeneinander liegender Eindrücke, die Spuren menschlicher Füße, die die zolldicke Staubschicht auf dem Boden durchbrachen und in ungleichmäßigen Schlangenlinien im hinteren Teil des Ganges verschwanden. Aber wenigstens, dachte ich erleichtert, waren es menschliche Spuren...
    Trotz der Kälte, die wie ein unsichtbarer Bruder der Nacht in den morschen Mauern des Hotels zurückgeblieben war, war ich in Schweiß gebadet, als wir das Zimmer im dritten Stock erreichten. Meine Finger schlossen sich um den Griff des Stockdegens, den ich wie ein Schwert unter den Gürtel geschoben hatte. Den Verschluß hatte ich bereits entriegelt, ehe wir aus der Kutsche stiegen. Es hatte nicht viel Sinn, es abstreiten zu wollen – ich war nervös wie selten zuvor.
    Howard bedeutete mir, zurückzubleiben. Langsam hob er die Rechte, legte die Hand auf die Tür und schob sie unendlich langsam auf.
    Irgend etwas bewegte sich hinter der Tür.
    Es war eigentlich nur ein Gefühl, die Ahnung von Leben und Bewegung, verbunden mit einer intensiven Empfindung von Gefahr.
    Howard schien es ebenso deutlich zu spüren wie ich, denn auch er hielt mitten in der Bewegung inne, sah sich alarmiert um – und warf sich ansatzlos durch die Tür.
    Eine halbe Sekunde später folgte ich ihm auf die gleiche Weise. Ein Schatten tauchte im Halbdunkel des Zimmers auf; ich sah, wie Howard erschrocken die Arme hochriß und irgend etwas seine Hand traf. Er brüllte, taumelte zurück und versuchte die Pistole hochzubekommen, aber der Schatten schlug ein zweites Mal zu und schmetterte seine Hand beiseite.
    Ein Schuß löste sich. Ich sah, wie die orangerote Mündungsflamme wie eine glühende Lanze nach dem schattenhaften Angreifer stach und ihn verfehlte. Der peitschende Knall schien meine Trommelfelle zum Zerplatzen und das gesamte Gebäude zum Erbeben zu bringen.
    Aber wenn die Kugel auch ihr Ziel nicht traf, so zeigte der Schuß doch Wirkung. Der unheimliche Angreifer ließ von Howard ab, sprang mit einer behenden Bewegung zurück und packte einen Stuhl, um ihn nach Howard zu schleudern. Gleichzeitig gewahrte ich eine Bewegung aus den Augenwinkeln, warf mich instinktiv zur Seite und riß schützend die Arme über den Kopf.
    Die Bewegung rettete mir vermutlich das Leben.
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