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Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen

Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen

Titel: Der Hexer - NR01 - Das Erbe der Dämonen
Autoren: Verschiedene
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diesen ungastlichen Ort mit seinen mörderischen Bewohnern so schnell wie möglich verlassen. Mein eigentliches Ziel war nicht mehr sehr weit entfernt, und später würde ich reichlich Gelegenheit haben, zurückzukommen und herauszufinden, welches Geheimnis dieses kleine Fischerdorf barg. Wenn ich auch ahnte, daß mir die Antwort nicht gefallen würde.
    Mit einem resignierenden Seufzer ging ich zu meinen Koffern hinüber, hob sie auf und wandte mich nach Westen. Noch vor wenigen Minuten hatte ich geglaubt, den schlimmsten Teil meiner Reise hinter mir zu haben; es waren kaum noch fünf Meilen bis zu meinem eigentlichen Ziel. Aber fünf Meilen Fußmarsch über ausgefahrene Feldwege und unbekanntes Gelände, noch dazu beladen mit einem Zentner Gepäck, waren selbst für einen Hexer ein schönes Stück Weg...

    * * *

    Das Zimmer mit seinen alten Möbeln und den düsteren Bildern hatte sich nicht verändert, seit er es zum ersten Mal gesehen hatte. Die Zeit schien innerhalb dieser vier Wände ihre Macht verloren zu haben, während sich die Welt draußen weiter entwickelte, ganze Reiche aufstiegen und wieder im Dunst der Geschichte verschwanden. Es war wie eine Welt in der Welt, ein winziges, abgeschlossenes Universum, das anderen Gesetzmäßigkeiten und Regeln unterworfen war.
    Es waren die Regeln des Bösen und die Macht der Dunkelheit, die das Leben in diesem Raum bestimmten. Der Atem der Großen Alten, die gewesen waren, ehe der Mensch kam, hing wie eine unsichtbare Aura in der Luft...
    Shannon vertrieb die Vorstellung und zwang sich, an etwas anderes zu denken, erschrocken über seine eigenen Gedanken. Es war nicht richtig, an solche Dinge zu denken; nicht hier, und erst recht nicht in einem solchen Augenblick.
    Er schob die Tür hinter sich ins Schloß, sah sich rasch und schuldbewußt um, beinahe, als hätte er Angst, von unsichtbaren Augen beobachtet und belauert zu werden. Er ging weiter und begann mit raschen, geübten Bewegungen den Tisch vorzubereiten.
    Sorgsam stellte er Becher und Krüge an den vorbestimmten Platz. Dann ordnete er die fünf schwarzen, halb heruntergebrannten Kerzen so an, daß jeweils eine auf einer Spitze des fünfstrahligen Sternes stand, der in das zolldicke Holz der Tischplatte gebrannt war. Zuletzt legte er das Buch vor den Stuhl Necrons.
    Wie immer berührte er den mächtigen, in steinhartes braunes Schweinsleder gebundenen Band nur mit den Fingerspitzen. Und wie immer hatte er trotzdem hinterher das Gefühl, etwas Verbotenes getan zu haben; ja, mehr noch, sich beschmutzt, auf schwer in Worte zu fassender Weise besudelt zu haben. Das Buch erfüllte ihn mit Furcht, und das war gut so. Es war gut, daß es Angst verbreitete und Grauen atmete, denn auf diese Weise sorgte es selbst dafür, daß kein Unbefugter es berührte und ihm seine Geheimnisse entriß.
    Draußen vor der Tür wurden Schritte laut. Shannon fuhr erschrocken auf, blickte einen Moment mit klopfendem Herzen zur Tür und beeilte sich, fertig zu werden. Er war sich der Ehre bewußt, trotz seines noch relativ geringen Alters von zweiundzwanzig Jahren bereits dem Meister persönlich dienen zu dürfen. Necron hatte ihm oft genug versichert, daß sein Talent gewaltig war und er eine große Zukunft vor sich hatte, sowohl in als auch außerhalb des Zirkels. Trotzdem wußte er, wie streng und gnadenlos der Meister sein konnte. Er ließ niemals einen Fehler durchgehen, und sei er noch so gering.
    Shannon hatte kaum den letzten Handgriff beendet und war vom Tisch zurückgetreten, als der Riegel zurückgeschoben wurde und die Tür knarrend aufschwang.
    Aber es war nicht der Meister, der unter der niedrigen Öffnung erschienen war.
    Es war ein Fremder.
    Der Mann trug ein sonderbares, lang wallendes Gewand von strahlend weißer Farbe, auf dessen Brust ein flammendrotes, gleichschenkeliges Kreuz mit gespalteten Enden prangte, darunter ein Kettenhemd. An seinem Gürtel hing ein wuchtiges Schwert, dessen Griff der Form des Kreuzes auf seiner Brust nachempfunden war. Er sieht aus wie ein mittelalterlicher Ritter, dachte Shannon verblüfft.
    Dann überwand er seine Überraschung und trat mit einem entschlossenen Schritt auf den Fremden zu.
    »Was tun Sie hier?« herrschte er den Mann an. »Wer hat Sie hereingelassen, und wer sind Sie?«
    Statt einer direkten Antwort trat der Fremde einen weiteren Schritt in den Raum hinein und schob die Tür hinter sich ins Schloß. In einer Geste, die zufällig wirken sollte, es aber ganz gewiß nicht war,
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